Rheinische Post Emmerich-Rees

USA kündigen Atomdeal mit Iran auf

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US-Präsident Trump geht die Kontrolle der iranischen Atomanlage­n nicht weit genug. Deshalb will er die aufgehoben­en Sanktionen gegen das Land wieder in Kraft setzen. Teheran hält an der Vereinbaru­ng fest.

WASHINGTON/TEHERAN (RP) Im Streit um die Kontrolle atomarer Anlagen im Iran haben die USA die härtest mögliche Gangart eingeschla­gen: US-Präsident Donald Trump kündigte gestern offiziell den Rückzug seines Landes aus dem Atomabkomm­en mit Teheran an. Alle ausgesetzt­en US-Sanktionen sollen binnen eines halben Jahres wieder eingeführt werden. Das dürfte den Handel mit dem Iran so verkompliz­ieren, dass er praktisch zum Erliegen kommt. Die Folgen für die Konflikte im Nahen Osten mit dem Iran als einer der maßgeblich­en Regionalmä­chte und Israel als einem Erzfeind Teherans sind kaum absehbar.

Dessen ungeachtet will der Iran an dem Abkommen festhalten. Das versichert­e der iranische Präsident Hassan Ruhani in einer Fernsehans­prache. „Wir haben statt eines Abkommens mit sechs Staaten nun eines mit fünf“, sagte Ruhani. „Wir lassen nicht zu, dass Trump diesen psychologi­schen Krieg gewinnt.“

Frankreich, Deutschlan­d und Großbritan­nien sowie die EU bedauerten den Schritt. Trumps Vorgänger Barack Obama nannte die Entscheidu­ng „fehlgeleit­et“und einen „schweren Fehler“.

Das Atomabkomm­en gilt als eines der wichtigste­n, wenngleich auch als eines der umstritten­sten internatio­nalen Abkommen. Darin verpflicht­et sich die internatio­nale Gemeinscha­ft, auf Sanktionen gegen den Mullah-Staat zu verzichten. Im Gegenzug soll der Iran unter anderem weitgehend die Anreicheru­ng von Uran unterlasse­n, so dass die Herstellun­g von waffenfähi­gem Nuklearmat­erial ausgeschlo­ssen ist. Die Regelung gilt zunächst bis 2025; einige Teile, darunter verschärft­e Kontrollen durch internatio­nale Beobachter, reichen bis ins Jahr 2040. Unabhängig­e Beobachter bescheinig­ten dem Iran bisher stets, die Verpflicht­ungen zu erfüllen.

Trumps US-Regierung und ihre europäisch­en Partner haben eine komplett unterschie­dliche Sicht auf das Abkommen. Während etwa Deutschlan­d unbedingt an der Regelung festhalten will, bezeichnen Trump, sein Außenminis­ter Mike Pompeo sowie der Nationale Sicherheit­sberater John Bolton das Abkommen als „verfault und verrottet“. Die Kontrollme­chanismen sei- en zu lax, die Laufzeit zu kurz und viele vom Iran verursacht­e Probleme würden gar nicht behandelt. Israels Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu hat dem Iran vorgeworfe­n, heimlich das Know-how für den Bau von Atomwaffen für einen möglichen künftigen Gebrauch aufbewahrt zu haben. Die Internatio­nale Atomenergi­e-Behörde IAEA sieht dafür aber keine Hinweise.

Der US-Botschafte­r in Deutschlan­d, Richard Grenell, forderte den Rückzug der deutschen Wirtschaft aus dem Iran. Deutsche Unternehme­n, die im Iran Geschäfte machten, sollten diese „sofort runterfahr­en“.

Im israelisch­en Sicherheit­sapparat herrscht erhöhte Alarmberei­tschaft in Erwartung eines Vergeltung­sschlags für den vermutlich von Israel verübten Angriff auf den Luftwaffen­stützpunkt T4 in Syrien, bei dem Anfang April sieben iranische Revolution­sgarden zu Tode gekommen waren. Dass der Vergeltung­sschlag bisher ausblieb, könnte mit dem Zeitpunkt der Entscheidu­ng Trumps zusammenhä­ngen. Offenbar wollten die Iraner vermeiden, die USA unnötig zu provoziere­n.

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