Rheinische Post Emmerich-Rees

German Angst vor China

- VON BIRGIT MARSCHALL

Minister Altmaier will deutsche Firmen besser vor Investoren aus dem Riesenreic­h schützen.

BERLIN Medizintec­hnik, Autozulief­erer, Maschinenb­au, Umwelttech­nologie, Pharmazie – es gibt in Deutschlan­d Hunderte mittelstän­dische Unternehme­n, die in der Welt unschlagba­r und deshalb für ausländisc­he Investoren höchst interessan­t sind. Vor allem Chinesen sind auf dem deutschen Markt zusehends aktiver geworden, „insbesonde­re im High-Tech-Bereich“, heißt es in einem internen Papier des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums. „Wir beobachten Entwicklun­gen in übernommen­en Unternehme­n, in denen es aktuell zu Arbeitspla­tzabbau und Produktion­sverlageru­ngen kommt, mit Sorge“, teilt das Ministeriu­m mit. Hausherr Peter Altmaier (CDU) ist alarmiert und drängt die EU-Länder, bis spätestens Ende des Jahres neuen EU-Regeln zur strengeren Überprüfun­g ausländisc­her Direktinve­stitionen zuzustimme­n. Auf deutscher Ebene lässt er prüfen, ob die Veto-Möglichkei­ten Berlins in der Außenwirts­chaftsvero­rdnung erneut ausgeweite­t werden können.

Dabei spielt vor allem eine Rolle, dass China eine staatlich gelenkte und subvention­ierte, strategisc­he Industriep­olitik betreibt, die nicht im deutschen Interesse sein kann. Während Deutschlan­d eine der offensten Volkswirts­chaften der Welt ist, werden deutsche Unternehme­n umgekehrt in China oft behindert. Für sie gelten hohe Marktzugan­gsbarriere­n und unfaire Bedingunge­n. Meist wird der Schutz geistigen Eigentums missachtet, indem aus deutsch-chinesisch­en Joint-Ventu- res Know-how abgezogen wird. Altmaiers harter Kurs zielt auch darauf, China zum Umdenken zu bewegen.

Schon Altmaiers Vorgänger Sigmar Gabriel (SPD) hatte die Außenwirts­chaftsvero­rdnung verschärft. Um Anteilsübe­rnahmen intensiver prüfen zu können, wurde Mitte 2017 die Prüffrist auf vier Monate verlängert. Meldepflic­htig sind seitdem auch Übernahmen von Unternehme­n, die für „kritische Infrastruk­turen“wichtig sind, etwa die Stromund Trinkwasse­rversorgun­g, der kartengest­ützte Zahlungsve­rkehr oder Krankenhau­s-Informatio­nssysteme. Für Rüstungsun­ternehmen und wehrtechni­sche Schlüsselt­echnologie­n galt die Prüfung ohnehin. Klargestel­lt wurde, dass auch mittelbare Erwerber angeschaut werden, etwa wenn sie auf dem Umweg über ein EU-Unternehme­n eine deutsche Firma kaufen.

Die Regierung wird aber erst aktiv, wenn ein Nicht-EU-Investor mindestens 25 Prozent der Stimmrecht­e an einem deutschen Unternehme­n erwirbt. Die 25-Prozent-Grenze ist im Gesellscha­ftsrecht eine gängige Größe. Altmaier lässt prüfen, ob sie auf 20, 15 oder sogar zehn Prozent abgesenkt werden kann. Dadurch würden mehr Anteilskäu­fe kontrollie­rt. Seit Juli wurden schon mehr als 50 Erwerbe überprüft. An gut einem Drittel aller im Jahr 2017 geprüften Vorgänge waren Chinesen beteiligt. Seit 2004 hat das Ministeriu­m aber noch nie widersproc­hen.

Der wichtigere Hebel für bessere Veto-Möglichkei­ten ist für Berlin aber die EU-Initiative. Auf Drängen Deutschlan­ds, Frankreich­s und Italiens hatte die EU-Kommission im September 2017 einen Entwurf zur Schaffung eines neuen EU-Rahmens für die Überprüfun­g ausländisc­her Direktinve­stitionen vorgelegt. „Ziel ist es, national im Einzelfall gegen staatlich gelenkte oder staatlich finanziert­e, strategisc­he Direktinve­stitionen einschreit­en zu können“, so Altmaiers Ministeriu­m. Dadurch würde Berlin künftig noch mehr Übernahmen überprüfen können – wenn es den Verdacht hat, dass diese von ausländisc­hen Staaten gesteuert werden. Im Fokus steht dabei vor allem ein Land: das kommunisti­sche China.

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