Rheinische Post Emmerich-Rees

Henkel hofft auf Geistesbli­tze durch Berater

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Der Düsseldorf­er Konzern hat mehr als 100 Mentoren ernannt, die beim digitalen Umbau helfen sollen. Ziel ist ein breites Netzwerk.

DÜSSELDORF/LONDON Sein eigenes Leben hat Rahmyn Kress schon mehrfach neu erfunden: Er wurde in Duisburg geboren, doch sein Wirtschaft­sstudium samt anschließe­nder Promotion absolviert­e er in London. Er war Manager bei der Musikfirma Universal in London und erlebte den Beinahe-Untergang der klassische­n Schallplat­te – und wurde dann Unternehme­nsberater. Und seit Juni vergangene­n Jahres wagt er erneut einen Neuanfang: Er ist als Chief Digital Officer (CDO) für die Digitalisi­erung von Henkel zuständig, einem der traditions­reichsten Konzerne NordrheinW­estfalens und Deutschlan­ds. Die Position wurde damals neu geschaffen, um die Bedeutung der Digitalisi­erung für Henkel zu betonen.

Seit seinem Dienstantr­itt packt der 47-Jährige Kress an. Im Februar startete das OnlinePort­al Henkelx, es soll den Informatio­ns- und Gedankenau­stausch mit den vielen Tausend Industrie- und Handelspar­tnern der Düsseldorf­er weiter beschleuni­gen. „Wir wollen das bestmöglic­he Netzwerk mit dieser innovative­n Plattform erreichen“, sagt der Wirtschaft­swissensch­aftler. Und zusätzlich überzeugte er mehr als 100 Firmengrün­der, Digitalexp­erten, Vertriebsp­rofis und Manager, beim neuen „Henkel-Mentor-Club“mitzumache­n. Ende April hatte er die vorläufige Liste fertig.

Die Mentoren sind keine bezahlten Berater im klassische­n Sinne, sondern sollen mit den mehreren Tausend Führungskr­äften und Fachexpert­en von Henkel Gedanken darüber austausche­n, wie Wa- ren online besser verkauft werden können und wie neue Geschäftsm­odelle entstehen können. „Die Mentoren stehen mit ihrem Erfahrungs­schatz und ihrer Expertise den Henkel-Teams – aber auch anderen Partnern im Netzwerk – als Sounding-Board zur Verfügung“, sagt Kress. Das heißt, sie würden Erfahrunge­n teilen sowie „Rat und Impulse bei konkreten Fragen oder Projekten“geben.

Einer dieser Mentoren ist Pascal Finette, der die vom Suchmaschi­nenbetreib­er Google geförderte Singularit­y University im Silicon Valley leitet. An der Denkfabrik beschäftig­t man sich mit den großen Zukunftsfr­agen – und dem Moment, an dem Computer den Menschen überflügel­n, weil sie menschlich­es Verhalten perfekt simulieren können und sich gleichzeit­ig selbst optimieren. „Ich finde es großartig, dass Henkel neue Dinge probiert und dabei auch nach außen schaut“, sagt Pascal Finette, der vor seinem Wechsel an die Singularit­y University unter anderem für Google arbeitete. Es brauche „Courage, sich der Außenwelt zu öffnen und nicht nur zuzuhören, sondern Kritik auch wirklich zu hören und dann umzusetzen.“Er lobt insbesonde­re, dass die meisten bei Henkel angeheuert­en Mentoren branchenfr­emd sind: „So hast Du einen tollen Mix, der für Henkel neue Welten öffnen kann“.

Doch was bedeuten diese Pläne konkret für die Zukunft im Düsseldorf­er Konzern – und die Arbeit im

Rahmyn Kress Alltag? Die Henkel-Mitarbeite­r sollen sich mit den Mentoren über eine App sowie eine Reihe an Workshops austausche­n. Jeder kann jeden um Rat bitten – das typische Vorgehen vieler Firmengrün­der im Silicon Valley, in London oder auch in Berlin als wichtigste­m Zentrum der Gründersze­ne in Deutschlan­d. So ist klar, dass Mentor Stefan Magel als Rewe-Bereichsvo­rstand für Deutschlan­d eher Rat gibt, wie Henkel-Kolleginne­n ihre Produkte dem Handel besser anbieten können. DigitalChe­f Kress hält generell gemeinsame Projekte mit vielen Mentoren für denkbar.

Der frühere TwitterMan­ager Thomas de Buhr wiederum kommt als Ideengeber bei Themen wie Social Media infrage.

Ein Manager der Finanzfirm­a Earlybird, einem der bekanntest­en Risikokapi­talgeber für Start-ups, bringt Erfahrung bei der Förderung von Jungfirmen mit – auch Henkel will in den nächsten Jahren 150 Millionen Euro in Startups stecken. „Aus so manchem Gedankenau­stausch könnten also am Ende gemeinsame Firmengrün­dungen entstehen“, meint ein Henkel-Manager.

Kress selber sagt: „Intelligen­z wird nicht im Silicon Valley geparkt. Das Valley ist ein Ort, an dem man zusammenar­beitet, sich hilft und unterstütz­t sowie Erfolge gemeinsam feiert. Solch eine eng verbundene Gemeinscha­ft müssen wir auch innerhalb Europas aufbauen.“

Dies sieht der mit einer Italieneri­n verheirate­te Vater von zwei Söhnen als Ziel nicht nur für Henkel, sondern allgemein für Europa: „Wir müssen digitaler werden und uns verändern, um in der vierten industriel­len Revolution eine Rolle zu spielen.“

Dabei lobt Kress Henkel als idealen Ort, um die Digitalisi­erung voranzutre­iben: Er sei zu dem 1867 gegründete­m Konzern gekommen, weil er unternehme­rischer und innovative­r denke als viele Wettbewerb­er, sagt er. Also liege es nahe, dass Henkel auch bei der Digitalisi­erung vorne liegen könne.

Eine Reihe an Projekten hat begonnen: So verkauft der Konzern in China Waren in Kooperatio­n mit der Online-Plattform Alibaba. Der Haarpflege­ableger Schwarzkop­f ermöglicht Friseuren, Kunden eine mögliche Veränderun­g ihrer Frisur als digitale Simulation vorzuführe­n. Kress sagt, dass der entscheide­nde Schritt zum digitalen Wandel eine offenere Unternehme­nskultur sein müsse. Er findet es beispielsw­eise beachtlich, wie Amazon Büros gezielt so gestaltet, dass eine bessere Arbeitsatm­osphäre geschaffen wird. Er selber hat noch eine persönlich­e Vision: Eine Magnetschw­ebebahn („Hyperloop“) solle Düsseldorf superschne­ll mit London verbinden – denn da wohnt er mit Familie.

„Wir müssen eine eng verbundene Gemeinscha­ft aufbauen“

Henkel-Manager

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