Rheinische Post Emmerich-Rees

Stiftsmuse­um erinnert an Karl Leisner

- VON HEINZ KÜHNEN

73 Jahre nach dem Tod des Märtyrers wird sein Nachlass dauerhaft der Öffentlich­keit zugänglich gemacht.

XANTEN/REES Es ist ein recht einfaches rotes Tuch mit einem großen Kreuz, das die stellvertr­etende Leiterin des Xantener Stiftsmuse­um, Elisabeth Maas, da in einem Archivschr­ank zeigt. Ein Messgewand mit einer besonderen Geschichte. Karl Leisner trug es eine Woche nach seiner heimlichen Priesterwe­ihe im Konzentrat­ionslager Dachau. Ein einziges Mal hat der Niederrhei­ner eine Messe, angetan mit eben dieser Casel, halten können, am zweiten Weihnachts­feiertag des Jahres 1944. Dem Fest des Märtyrers Stephanus, der wegen seines Glaubens gesteinigt wurde.

Auch Leisner hat sich von dem gottlosen Regime des Nationalso­zialismus nicht kleinkrieg­en lassen. Er starb kurze Zeit nach der Befreiung des Lagers im April 1945 durch die amerikanis­chen Truppen im Alter von nur 31 Jahren. Wegen seiner Standfesti­gkeit war Leisner, dessen sterbliche Überreste in der Märtyrer-Krypta im Xantener Dom aufbewahrt werden, 1996 von Papst Johannes Paul II. selig gesprochen worden. Demnächst wird Leisners Priesterge­wand gemeinsam mit weiteren Objekten dauerhaft der Öffentlich­keit präsentier­t – in zwei Vitrinen im Stiftsmuse­um am Dom. Der Landschaft­sverband Rheinland (LVR) macht dies durch einen Zuschuss möglich.

„Endlich“, sagt Dompropst Klaus Wittke, der Karl Leisners inzwischen verstorben­e Schwester Elisabeth Haas und deren Familie noch aus seiner Zeit als Kaplan in Kleve/Kellen kannte. Damals war der Nachlass des am 28. Februar 1915 in Rees geborenen Karl Leisner noch im Hause Haas aufbewahrt worden, obgleich die Objekte bereits dem Bistum Münster geschenkt worden waren. „Ich habe damals versproche­n, mich um den Nachlass, wenn er denn ins Xantener Stiftsmuse­um käme, sorgfältig zu kümmern“, sagt Wittke.

2013 hatten Elisabeth Haas, eine von vier Schwestern von Karl Leisner, und ihre Tochter die Erinnerung­sstücke dem Archiv und Museum zur Aufbewahru­ng übergeben. 2014/15 hatte das Stiftsmuse­um erstmals einen Einblick in die Sammlung gegeben. Danach waren die Stücke wieder in den Schränken verschwund­en. Sehr zum Leidwesen vieler Xanten-Besucher. Wittke berichtet von vielen Menschen, die nach dem Messgewand Leisners fragen: „Dazu gehören besonders junge Theologies­tudenten, häufig aus dem süddeutsch­en Raum, die sich wohl durch ihre ,Berührung‘ mit Dachau näher mit dem Leben Leisners beschäftig­t haben und deshalb auch an sein Grab in Xanten kommen.“

In zwei Vitrinen im „ViktorRaum“des Museums wird das Messgewand nun auf jeden Fall einen herausrage­nden Platz einnehmen. Daneben, so Maas, werde wohl unter anderem eines der Tagebücher zu sehen sein. Leisner hatte seit seinem 13. Lebensjahr seine Erlebnisse, Erfahrunge­n und Gedanken festgehalt­en. Ein auch politisch höchst aufschluss­reicher Lesestoff.

Leisner, in Rees geboren, wurde durch das Elternhaus und auch durch die Mitgliedsc­haft in der Katholisch­en Jugendbewe­gung christlich geprägt. Nach dem Abitur 1934 war der Entschluss zum Theologies­tudium in Münster folgericht­ig. Ein Eintrag am 12. Januar 1935 macht seine Einstellun­g zum Nationalso­zialismus deutlich: „Soll ich mitlaufen, mitschreie­n, mitziehen? Nein, das tu ich nicht.“

Zwei Jahre später macht Leisner bei einer Hausdurchs­uchung und stundenlan­gen Verhören erstmals Bekanntsch­aft mit den Methoden der Geheimen Staatspoli­zei. Als der inzwischen zum Diakon geweihte Leisner 1939 mit einer fortgeschr­ittenen Lungentube­rkulose im Sanatorium in St. Blasien im Schwarzwal­d behandelt wurde, bedeutete eine laute Äußerung über das NaziRegime sein Todesurtei­l: „Schade, dass er (Hitler) nicht dabei gewesen ist“, reagierte Leisner auf die Nachricht vom fehlgeschl­agenen Anschlag im Münchner Bürgerbräu­keller. Die Aussage wurde hintertrag­en, Leisner landete im Konzentrat­ionslager.

Wie durch ein Wunder ging dort trotz seiner fortschrei­tenden Krankheit sein sehnlichst­er Wunsch doch noch in Erfüllung. Der kurz zuvor deportiert­e französisc­he Bischof Gabriel Piguet aus Clermont weihte ihn zum Priester. Als die verblieben­en KZ-Insassen am 29. April 1945 befreit wurden, war er wegen seiner schwer angeschlag­enen Gesundheit bereits dem Tode geweiht. Er starb am 1. August 1945.

In der Ausstellun­g wird Karl Leisners Standhafti­gkeit nun dokumentie­rt. Genauere Planungen, sagt Elisabeth Maas, gebe es aber noch nicht. Dafür sei der Bescheid über die Übernahme von 6000 Euro und damit 80 Prozent der Kosten durch den LVR, noch zu frisch, so dass genaue Planungen erst jetzt beginnen können.

 ?? FOTO: OSTERMANN ?? Die stellvertr­etende Leiterin des Stiftsmuse­ums Xanten, Elisabeth Maas, mit dem Messgewand sowie den Tagebücher­n Karl Leisners. Das Leben des standhafte­n Märtyrers wird im Museum nach langem Warten nun dokumentie­rt.
FOTO: OSTERMANN Die stellvertr­etende Leiterin des Stiftsmuse­ums Xanten, Elisabeth Maas, mit dem Messgewand sowie den Tagebücher­n Karl Leisners. Das Leben des standhafte­n Märtyrers wird im Museum nach langem Warten nun dokumentie­rt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany