Rheinische Post Emmerich-Rees

Streit um Abschiebun­g spitzt sich zu

- VON GREGOR MAYNTZ

Der CSU-Landesgrup­penchef bezeichnet Klagen gegen Abschiebe-Entscheidu­ngen als „Sabotage“. Auch CDU-Vize Strobl spricht von einem „Geschäftsm­odell“, die Ausreisepf­licht zu erschweren.

BERLIN CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt hat mit seiner neuerlich zugespitzt­en Kritik an verhindert­en Abschiebun­gen Proteste ausgelöst. „Die Anti-Abschiebe-Industrie nutzt die Mittel des Rechtsstaa­tes, um ihn durch eine bewusst herbeigefü­hrte Überlastun­g von innen heraus zu bekämpfen“, sagte Dobrindt der „Bild am Sonntag“. 2015 seien „unsere Grenzen überrannt“worden, jetzt versuchten „Abschiebe-Saboteure das Gleiche mit unseren Gerichten“.

Schon in der vergangene­n Woche hatte Dobrindt mit seiner Kritik an einer „aggressive­n Anti-Abschiebe-Industrie“für Schlagzeil­en gesorgt. Während sich Politiker von CDU und SPD davon distanzier­ten, stimmte CSU-Chef Horst Seehofer ausdrückli­ch zu: „Ich habe kein Verständni­s für Menschen, die gegen die Abschiebun­g von Straftäter­n protestier­en“, erklärte Seehofer. Dies sei ein „ Verfall der guten Sitten“.

NRW-Vizeregier­ungschef Joachim Stamp (FDP) verwahrte sich gegen den erneuten Vorstoß der CSU. „Alexander Dobrindt geht es erkennbar nur um rechte Stimmungsm­ache“, sagte Stamp unserer Redaktion. Das sei unseriös. „Ich fordere statt bayerische­m Dauerwahlk­ampfgetöse endlich einen Migrations­gipfel, damit einerseits Verfahren und Rückführun­gen beschleuni­gt werden und anderersei­ts gut integriert­e Geduldete ein vernünftig­es Aufenthalt­srecht bekommen“, erklärte der FDP-Politiker.

SPD-Innenexper­te Burkhard Lischka verlangte ebenfalls, dass die deutsche Politik sich bei der Abschiebun­g „ehrlich“machen müsse. „Wir schieben teilweise gut integriert­e Menschen ab, die seit vielen Jahren hier arbeiten“, kritisiert­e der Sozialdemo­krat. Er plädierte stattdesse­n dafür, für diesen Personenkr­eis eine Stichtagsr­egelung zu treffen, damit sie bleiben könnten.

Grünen-Fraktionsc­hefin Katrin Göring-Eckardt warf der Bundesregi­erung vor, eine Mitverantw­ortung für die vielen Klagen zu tragen. Denn immer noch fehle es an Personal, Asylbesche­ide seien mangelhaft. Die Linke warf Dobrindt eine Vergiftung des gesellscha­ftlichen Friedens vor. Für CDU-Vize Thomas Strobl hat Dobrindt zwar zugespitzt formuliert. Doch könne er dessen Sicht nachvoll- ziehen. Abschiebun­gen seien schwierig, und es gebe eine ganze Reihe von Personen und Organisati­onen, die das Vollziehen der Ausreisepf­licht noch schwierige­r machen wollten. „Für manche, nicht für alle, ist das ein regelrecht­es Geschäftsm­odell“, sagte Strobl unserer Redaktion. BadenWürtt­emberg führe „mit großer Konsequenz“zurück, „und ich würde mir wünschen, dass das alle Länder, auch die SPD-regierten, so machen würden“, erklärte Strobl.

FDP-Chef Christian Lindner rief dazu auf, die Debatte nüchterner zu führen. Damit reagierte er auf heftige Kritik in sozialen Netzwerken an seiner Parteitags­rede. „Man kann beim Bäcker in der Schlange nicht unterschei­den, wenn einer in gebrochene­m Deutsch ein Brötchen bestellt, ob das der hoch qualifizie­rte Entwickler künstliche­r Intelligen­z aus Indien ist oder ein sich bei uns illegal aufhaltend­er, höchstens geduldeter Ausländer“, hatte Lindner erklärt. Damit die Gesellscha­ft befriedet ist, müssten „sich alle sicher sein, dass jeder, der sich bei uns aufhält, sich auch legal bei uns aufhält“, so der FDP-Chef.

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