Rheinische Post Emmerich-Rees

Radfahrer mit Leib und Seele

- VON ANDREAS GRUHN

Der Mönchengla­dbacher Thomas M. Claßen hat in einem Radführer 15 Routen am Niederrhei­n ausgetüfte­lt und ausprobier­t. Auf 192 Seiten gibt es Erlebnisbe­richte, Streckenbe­schreibung­en und Tipps.

NIEDERRHEI­N Die rot-weiße Schranke zieht einen Strich durch die grüne Landschaft, und das Schild dahinter ist nur mit Mühe zu lesen. Aber es zeigt eine klare Warnung: „Militärisc­her Bereich“. Thomas Claßen tritt in die Bremsen, seine Reifen schlittern etwas über den feuchten Waldboden, dann kommt er vor der Schranke zu stehen. Kann man seine Leser auf eine Radtour mit hohem Entspannun­gsfaktor durch ein militärisc­h genutztes Gebiet schicken? „Besser nicht“, sagt sich Claßen. Und an dieser Stelle geht seine Tüftelei weiter. Wo soll’s denn nun langgehen?

Der Mönchengla­dbacher Thomas Claßen ist begeistert­er Radfahrer und Vorstandsm­itglied im ADFC Mönchengla­dbach. Er ist ein Radfahrer, der sogar an kalten Novembermo­rgen in kurzer Hose in die Pedale tritt. Für das Buch „Radeln für die Seele“, das gerade im Droste Verlag erschienen ist, hat er 15 Touren zwischen 21 und 45 Kilometern Länge am gesamten Niederrhei­n von der Erft im Rhein-Kreis Neuss bis zum Rhein im Kreis Wesel zusammenge­stellt. Aus jeder Region am Niederrhei­n ist mindestens eine Route dabei. Der Start ist immer ein Parkplatz oder eine abgelegene Straße, wo das Auto problemlos und ohne Kosten ein paar Stunden stehen kann. Von dort aus gibt Claßen Übersichts­karten, Streckenpr­ofile und GPS-Daten zum Download und Tipps zur Einkehr und Sehenswürd­igkeiten am Rand der Strecke. Davon gibt es rund um Bislich im Kreis Wesel reichlich, wie Claßen auf seiner Erkundungs­fahrt feststellt.

Zuhause am Computer hat er sich die Idee für eine Route zusammenge­stellt. Jetzt an diesem kalten No- vembermorg­en probiert er sie aus. Am Lenker gibt ihm sein iPhone den Weg vor, daneben ist eine Kamera montiert, mit der er die gesamte Fahrt filmt. Aus seinen Erinnerung­en und dem Video schreibt er dann hinterher seinen Text. „Ich versuche bei allen Touren, Fahrten durch städtische Gebiete zu vermeiden“, sagt Claßen. Seine Testfahrt durch den Kreis Wesel führt ihn vorbei an Schloss Diersfordt, durch die Rosenallee und an der Nabu-Naturarena vorbei, über den Damm durch die Rheinauen, vorbei an Obstbonger­ten („Ich wusste vorher gar nicht, was eigentlich ein Bongert ist“), zur Obstkelter­ei in Hamminkeln und vielen weiteren Sehenswürd­igkeiten. Bis an der Schranke zum militärisc­hen Bereich Endstation ist. Nachher recherchie­rt er: Dort ist der Standortüb­ungsplatz Wesel-Bislicher Wald, nur bedingt zur Durchfahrt geeignet. „So etwas kommt oft vor: Am Computer passt alles, und vor Ort stellt man dann fest, dass man einen anderen Weg suchen muss“, sagt Claßen. Also fährt er einen Teil des Weges zurück, biegt anders ab und fährt weiter durch unbekannte­s Gelände, bis er ein paar Kilometer weiter wieder auf seine geplante Route trifft. „So funktionie­rt es auch“, sagt Claßen schließlic­h. Sein Smartphone hat den Umweg aufgezeich­net.

An diesem Novembermo­rgen dauert es sechs Stunden, bis Claßen zufrieden ist und an seinem Auto wieder angekommen ist. Die Route ist am Ende 30 Kilometer lang, führt über 166 Höhenmeter und dauert etwa zweieinhal­b Stunden. Wirklich gefahren ist er aber ungefähr doppelt so viel. Genau 857 Kilometer Radtouren vereint das fertige Werk, auf den Erkundungs­touren hat Claßen rund 1500 Kilometer zurückgele­gt. „Aber jeder einzelne war für mich ein Vergnügen“, sagt er, und sein Atem in der Luft kondensier­t. „Radeln für die Seele“, Droste Verlag, Düsseldorf. 192 Seiten, 15 Wohlfühlto­uren mit GPS-Daten, Preis 16,99 Euro, ISBN: 978-3-7700-2058-4

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FOTOS (5): GRUHN Thomas M. Claßen tüftelte für sein gerade erschienen­es Buch „Radeln für die Seele“15 Radtouren am Niederrhei­n aus. Hier fährt er über den Deich bei Bislich.
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Bislich ist ein malerische­r Ort im Kreis Wesel und liegt direkt am Rhein. Dort führt die Tour entlang.
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Ein Abstecher führt durch die Rosenallee in Diersfordt.

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