Dach marode: Klever Kirche gesperrt
Die Pfarrverwaltung hat ein Gutachten für die Herz-Jesu-Kirche erstellen lassen. Dabei kam heraus, dass es ein Problem mit der Statik der Dachkonstruktion gibt. Bis auf weiteres darf die Kirche nicht mehr betreten werden.
KLEVE-REICHSWALDE Die Pfarrverwaltung hat die Herz-Jesu-Kirche in Reichswalde vorläufig gesperrt. Ein Gutachten eines unabhängigen Büros hatte ergeben, dass die Statik der Holzdachkonstruktion nicht mehr sicher ist. Dies teilte der Pfarrverwalter, Propst Johannes Mecking, gestern mit. Nun darf bis auf Weiteres niemand mehr die Kirche betreten. Die Gottesdienste finden ab sofort im Pfarrheim statt.
„Wir müssen die Menschen schützen. Das hat oberste
Priorität“
Johannes Mecking
Propst und Pfarrverwalter
Schon seit Jahren weiß man in der Kirchengemeinde Zur Heiligen Familie in Materborn/Reichwalde, dass das Gotteshaus nicht mehr im besten Zustand ist. Besonders die Dachkonstruktion bereitet dem Kirchenvorstand schon lange Sorgen. Wenn es stürmt oder ein Gewitter im Gange ist, gingen stets bange Blicke in Richtung Kirchendach. „Wir wollten jetzt einfach Gewissheit erlangen und haben ein unabhängiges Büro beauftragt, ein Statikgutachten zu erstellen. Uns war wichtig, dass sich ein neutraler Experte von außen mit dem Thema beschäftigt“, sagt Propst Mecking. Laut Gutachten habe sich die Verleimung an mehreren Stellen der Holzkonstruktion gelöst, so das Feuchtigkeit eindringen konnte.
Weil zu befürchten ist, dass Holzbalken morsch sind, habe der Kirchenvorstand Verantwortung übernehmen müssen, so der Propst. Auch eine in der vergangenen Woche eingegangene Empfehlung des Generalvikariates, die der Kirchenvorstand erbeten hatte, habe die Mitglieder in der, so Mecking, „schmerzhaften Entscheidung“bestärkt, die Kirche vorläufig zu sperren. Mecking betont: „Wir müssen die Menschen schützen. Das hat oberste Priorität.“
Die Gottesdienste während der Woche finden ab sofort zunächst im Pfarrheim Reichswalde statt. Der Pfarreirat werde sich kurzfristig verständigen, ob die Gottesdienste am Sonntag und Sondergottesdienste ebenfalls im Pfarrheim stattfinden können oder eine andere Lösung sinnvoller ist, so der Propst. Die Gemeinde werde in den nächsten Tagen darüber informiert.
Wie geht es nun weiter? „Die Behebung des Problems wird laut Gutachten nur mit einem größeren Aufwand möglich sein“, sagt Mecking. Der Kirchenvorstand werde mit dem Generalvikariat „zeitnah“die weiteren Schritte besprechen. „Wir müssen jetzt mal schauen, wie sich das entwickelt und wie hoch die Kosten sind“, antwortet der Propst auf die Frage, ob die Herz-Jesu-Kirche saniert wird oder ob sie abgerissen oder umgenutzt werden soll. „Das jetzt ist eine Sperrung, keine Schließung“, betont der Propst.
Die Herz-Jesu-Kirche wurde 1955 gebaut. Probleme mit der Bausubstanz hätten die Verantwortlichen- schon vor Jahren festgestellt. „Schon vor meiner Zeit war das ein Thema“, sagt Mecking, der im Jahr 2012 seinen Dienst als Propst in Kleve antrat. Bei vielen in den Nachkriegsjahren erbauten Kirchen sei es so, dass sie langsam marode würden. Man dürfe „nicht aus dem hohlen Bauch entscheiden“, was unternommen werden muss. „Falls sich herausstellt, dass die Schäden überschaubar sind, und dass eine Sanierung machbar ist, wird man darüber nachdenken“, sagt er.
Dem Propst ist wichtig, dass die Gemeindemitglieder erkennen, dass die Sperrung der Kirche alternativlos gewesen sein. Mecking: „Die Verantwortlichen bitten aufgrund der nun von den zuständigen Stellen bestätigten offensichtlichen Gefahr und des Risikos um Verständnis für diese Entscheidung.“
Das Ergebnis des Gutachtens kommt für die Propstei zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Erst vor wenigen Monaten hatte Propst Johannes Mecking verkündet, dass der Kirchenvorstand das Bistum bitten wird, über die Entweihung der Christus-KönigKirche in Kleve nachzudenken. Daraufhin hatte sich eine Protestbewegung formiert; bei einer Pfarrversammlung Anfang Mai kochte der Streit hoch. Jetzt muss der Propst bekannt geben, dass die Herz-JesuKirche in Reichswalde gesperrt ist und bis auf weiteres für Gottesdienste nicht mehr zur Verfügung steht.
Auch wenn Mecking betont, dass es sich um eine vorläufige Sperrung und nicht um eine Schließung handelt – Zweifel, ob das Bistum tatsächlich viel Geld für eine Sanierung des Reichswalder Gotteshauses locker macht, sind angebracht. Probleme am Gebäude sind seit Jahren bekannt, unternommen wurde nichts. Es ist nicht so, dass die HerzJesu-Kirche bei Messen regelmäßig aus allen Nähten platzt. In der Fusionsgemeinde steht mit der St.Anna-Kirche in Materborn ein zweites Gotteshaus in einer Entfernung von zwei Kilometern parat. Ist das der Anfang vom Ende? Ihre Meinung zum Thema? Schreiben Sie unserem Autor unter: Marc.Cattelaens@Rheinische-Post.de