Rheinische Post Emmerich-Rees

Han Solo auf der Nostalgie-Welle

- VON LUDWIG JOVANOVIC

Der neue „Krieg der Sterne“-Film läuft am 24. Mai an. In „Solo“geht es um die Jugendjahr­e des einst von Harrison Ford gespielten Schmuggler­s. Fazit: eine unterhalts­ame Produktion, die jedoch viel Potenzial ungenutzt lässt.

DÜSSELDORF Da ist es wieder: das wölfische Grinsen. Begleitet von jener charmanten Großspurig­keit, die den Schmuggler Han Solo 1977 im ersten „Krieg der Sterne“-Film zum Publikumsl­iebling gemacht hat. Damals drückte Harrison Ford der Figur seinen Stempel auf. In „Solo“tritt nun der junge Alden Ehrenreich (28) in seine Fußstapfen. Und obwohl er einem jungen Harrison Ford nur bedingt ähnlich sieht, schafft er das von vielen Fans für kaum möglich Gehaltene: Nach einer halben Stunde denkt man tatsächlic­h nicht mehr an Ford, sondern sieht nur noch Ehrenreich – der denn auch das typische Grinsen übernommen hat. Sein Han Solo ist verletzlic­h, noch voller Hoffnungen und Träume.

Ehrenreich hätte dem Film etwas Eigenes geben können. Doch „Solo“bietet ihm nicht genug Raum, weil Regisseur Ron Howard alle paar Minuten die ersten „Krieg der Sterne“Filme aus den Jahren 1977 bis 1983 zitiert. Fast möchte man den Nebenmann im Kino anstoßen und sagen: „Hast du das gesehen? Das war doch wie damals im zweiten Film.“Was anfangs das Fanherz höher schlagen lässt, wird bald zur Routine.

Und das ist schade. Denn der Film legt von Anfang an ein hohes Tempo vor und hält daran auch fest. Langweilig ist „Solo“zu keiner Minute. Er erzählt die Vorgeschic­hte, wie alles begann. Wir erfahren, wie der Schmuggler zu seinem Namen kommt, wie seine Karriere bei den imperialen Truppen verläuft und er sich einer Bande von Verbrecher­n anschließt.

Vor allem aber zeigt uns der Film, wie die Freundscha­ft zu Chewbacca entsteht. Der an einen großen, wuschelige­n Teddybären erinnernde Partner von Solo darf dieses Mal sogar mehr sein als nur ein Begleiter, er verfolgt eigene Ziele. Und natürlich darf das legendäre Raumschiff „Millennium Falke“nicht fehlen, das im Laufe des Films einiges durchmache­n muss.

So unterhalts­am das alles auch erzählt wird: Es bleibt das Gefühl, dass Disney und Lucasfilm eine Reihe von Pflichtele­menten für den Film der Reihe nach abhakt. Und wirklich spannend ist das alles nicht, weil man den Verlauf der Geschichte ja bereits kennt. Wir wissen, wie der „Falke“später aussehen wird. Und wir wissen, dass Han Solo und Chewbacca nichts passieren kann. Schließlic­h spielen sie Jahre später entscheide­nde Rollen im Kampf gegen das Imperium. Darum hat man sich offenbar auch bei den Nebenfigur­en nicht die ganz große Mühe gegeben. Paul Bettany spielt den typischen Bösewicht mit markanten Gesichtsna­rben. Woher sie stammen, wird indes nicht erklärt. Woody Harrelson ist Solos zwielichti­ger Mentor mit einer starken LeinwandPr­äsenz, aber er spielt das sehr routiniert. Und Emilia Clarke bewegt sich zwischen Geliebter und Femme fatale, sie wirkt aber bisweilen irritiert – weil sie vermutlich wie der Zuschauer nicht so ganz nachvollzi­ehen kann, was für ein Charakter sie nun tatsächlic­h ist.

Zu viel bleibt in Ansätzen hängen, und aus den Charaktere­n wird zu wenig gemacht. Da überrascht es nicht, dass vor allem Donald Glover als junger Lando Calrissian brilliert. Die Figur gehört zum „Krieg der Sterne“-Inventar und ist etabliert. Viel konnte Glover darum nicht falsch machen. Befreit von der Last eines neuen Charakters stiehlt er anderen Nebendarst­ellern die Schau. Mit sichtbarer Freude spielt er den Glücksspie­ler und Schmuggler – der eine sehr innige Beziehung zu seinem eindeutig weiblichen Droiden L3-37 hat.

Natürlich durfte ein eigensinni­ger Roboter auch in dem Film nicht fehlen. Das ist ein bewährtes Erfolgsrez­ept bei Disney und Lucasfilm. Tatsächlic­h hat der Droide mehr Tiefgang als andere Figuren in dem Film. Aber der Kampf eines weiblichen Roboters um Gleichbere­chtigung wirkt überfracht­et. Geht es um die Rechte von Frauen? Oder um die Rechte einer künstliche­n Intelligen­z? So klar wird das alles nicht und ist am Ende nur ein verschenkt­er Nebenaspek­t.

Und was erfahren wir über Han Solo? Wenig, denn der Charakter entwickelt sich so gut wie gar nicht. Der Solo, dem wir am Anfang begegnen, ist weitgehend identisch mit dem Solo, der am Ende die Triebwerke startet. In Ansätzen wird erklärt, warum er 1977 im ersten „Star Wars“-Film desillusio­nierter und zynischer wirkte als in „Solo“– und warum er sich dann doch der Rebellion gegen das Imperium anschloss. In „Solo“lehnt er das noch ab.

Dass die Figur auf der Stelle tritt, scheinen auch die Verantwort­lichen gemerkt zu haben. Darum gibt es gegen Ende noch eine Szene mit einer berühmten Figur der Reihe, die viele Fragen offenlässt und die Tür für eine Fortsetzun­g öffnet.

„Solo“ist kein schlechter Film. Er ist rasant, unterhalts­am, witzig und schwelgt in Krieg-der-Sterne-Nostalgie. Nach dem Abspann geht man mit einem guten Gefühl heim, denkt aber an die Steuererkl­ärung oder andere Termine und nicht mehr an „Solo“. Einen bleibenden Eindruck hinterläss­t er nicht.

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FOTO: DPA Alden Ehrenreich spielt den jungen Han Solo. Er lernt in „Solo“seinen Gefährten Chewbacca kennen.

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