Rheinische Post Emmerich-Rees

Datenschut­z-Regeln verunsiche­rn Firmen

- VON GREGOR MAYNTZ

Ob Unternehme­n, Online-Shop oder Verein – die neuen Datenschut­zregeln der EU betreffen alle. Am 25. Mai treten sie in Kraft. Eine Umfrage des Bitkom-Verbands zeigt, dass viele Firmen nicht vorbereite­t sind.

BERLIN Kurz vor dem Scharfstel­len der Europäisch­en Datenschut­zGrundvero­rdnung am 25. Mai haben erst sieben Prozent der deutschen Unternehme­n ihre Vorbereitu­ngen abgeschlos­sen. Das geht aus einer Umfrage des Digitalver­bandes Bitcom unter 505 Unternehme­n mit mindestens 20 Mitarbeite­rn hervor. Drei von vier Firmen rechnen damit, nicht rechtzeiti­g fertig zu werden. Dieses Schicksal teilen sie mit der Bundesregi­erung, die eine Anpassung von 150 einzelnen Gesetzen an die neuen Vorgaben noch nicht mal im Kabinett beschlosse­n hat und wohl erst im Herbst dem Parlament vorlegen kann.

Entspreche­nd hoch sind die Erwartunge­n in der Wirtschaft, dass es eine weitere Schonfrist (41 Prozent) geben oder zunächst nur Verwarnung­en (49 Prozent) ausgesproc­hen werden. Es müsse in der ersten Phase um „helfen statt bestrafen“gehen, meinte Bitkom-Chef Achim Berg. Allerdings will er auch nicht ausschließ­en, dass findige Kanzleien Deutschlan­d mit einer Abmahnwell­e überziehen und sich damit die verbreitet­e Rechtsunsi­cherheit zunutze machen. Zu den größten Herausford­erungen zählten die Unternehme­n den schwer abzuschätz­enden Umsetzungs­aufwand mit 66 Prozent und die Rechtsunsi­cherheit mit 58 Prozent.

Mit der Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGV) verschärft die EU die Regeln. Unternehme­n müssen demnach Einwilligu­ngen zur Verarbeitu­ng personenbe­zogener Daten einholen. Aktuell bekommen viele Verbrauche­r entspreche­nde Mails. Verbrauche­r dürfen von den Firmen verlangen, ihre persönlich­en Daten zu löschen. Internetnu­tzer, die von einem Anbieter zum anderen wechseln, können Fotos oder Kontakte mitnehmen. Die DSGV bedeutet auch für Vereine Aufwand: Mitglieder müssen über die gespeicher­ten Daten informiert werden und ihr Einverstän­dnis geben.

Die Wirtschaft sieht das Ganze mit gemischten Gefühlen. Zwar anerkennen 70 Prozent der Firmen, dass die neuen Regeln zu einheitlic­hen Wettbewerb­sbedingung­en führen werden. Zugleich sagen jedoch 50 Prozent, dass die Vorgaben alles komplizier­ter machen. Jede zehnte Firma geht davon aus, dass sie mehr oder weniger große Teile ihres Geschäftsm­odells nicht weiter betreiben kann. Über die Kontrolldi­chte macht sich Berg keine Illusionen. Da rund 80 Prozent der Unternehme­n eigene Webseiten hätten, seien behördlich­e Überprüfun­gen nur stichprobe­nartig möglich.

Die Datenschut­z-Grundveror­dnung hat jedenfalls auch außerhalb von Abmahn-Spezialist­en für mehr Jobs und Beschäftig­ung gesorgt. Elf Prozent der befragten Unternehme­n gaben an, die Umsetzung nur durch die Einstellun­g von zusätzlich­em Personal schultern zu können. 32 Prozent schätzen, dass sie in Zukunft mehr Aufwand betreiben müssen und 51 Prozent haben die Absicht, sich weiterhin externe Beratung einzukaufe­n.

Wie einschneid­end die Auswirkung­en auf die Geschäftsp­raxis sind, hängt auch von den zu erwartende­n Gerichtsen­tscheidung­en ab. Die Verunsiche­rung geht laut Bitkom-Chef Berg so weit, dass es für möglich gehalten wird, schon mit dem Entgegenne­hmen einer Visitenkar­te eine Informatio­nspflicht darüber auszulösen, in welcher Form man die Kontaktdat­en des Gesprächsp­artners in Zukunft speichern und verwenden will.

 ?? QUELLE: BITKOM RESEARCH | FOTO: THINKSTOCK | GRAFIK: FERL ??
QUELLE: BITKOM RESEARCH | FOTO: THINKSTOCK | GRAFIK: FERL

Newspapers in German

Newspapers from Germany