Rheinische Post Emmerich-Rees

Telekom-Aktionäre nervös wegen Vodafone

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Der angekündig­te Kauf von Unitymedia durch Vodafone sorgt für härteren Wettbewerb in Deutschlan­d. Das treibt die T-Aktie weiter nach unten. Telekom-Chef Tim Höttges reagiert und kündigt zwei Millionen Glasfasera­nschlüsse an.

BONN Obwohl die Telekom in den USA den viertgrößt­en Mobilfunke­r Sprint übernehmen will, zweifeln die Anleger zunehmend an den Wachstumsp­erspektive­n von Deutschlan­ds größtem Telefonkon­zern. Dies zeigte sich gestern bei seiner Hauptversa­mmlung in Bonn. Denn der angekündig­te Kauf des Kölner Kabelnetzb­etreibers Unitymedia für rund 15 Milliarden Euro durch Vodafone Deutschlan­d erschwert das Geschäft für die Telekom im Heimatmark­t weiter. „Dieser Vodafone-Coup ist eine große Gefahr“, sagte Thomas Hechtfisch­er, Geschäftsf­ührer der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW).

„Zum ersten Mal entsteht ein echter Konkurrent für die Telekom“, ergänzte Markus Dufner vom Dachverban­d der Kritischen Aktionäre.

Und Ingo Speich, Portfoliom­anager bei der Fondsfirma Union Investment, sorgt sich sogar um die Dividende: Er frage sich, ob auf dem deutschen Markt „die Karten nun neu gemischt“werden. Es sei zu fragen, ob die Telekom beim Ausbau ihres Netzes zu langsam gewesen sei. Es sei ärgerlich, dass der Kurs der T-Aktie im letzten Jahr abgerutsch­t sei – gestern lag der Kurs bei 14,20 Euro, vor einem Jahr bei 18,10 Euro. „2017 war ein mäßiges Jahr für die Telekom-Aktie“, gab Vorstandsc­hef Höttges vor den Aktionären zu.

Man merkte Höttges aber auch an, wie sehr ihn die drohende neue Stärke von Vodafone stört. Er liebe zwar den Wettbewerb, aber es sei fragwürdig, wenn der Hauptkonku­rrent praktisch alle Kabel-TV-Anschlüsse in Deutschlan­d kontrollie­ren werde. Nach dem Kauf von Unitymedia könnte Vodafone rund 70 Prozent der Haushalte einen KabelTV-Anschluss inklusive schnellem Online-Zugang bieten.

Als Reaktion, so Höttges, sollten nun zwei Optionen geprüft werden: Entweder auch Vodafone würde zumindest teilweise wie die Telekom von der Bundesnetz­agentur kontrollie­rt. Oder die Telekom werde weniger hart reguliert.

Es scheint so, dass der Betriebswi­rt eher auf die zweite Option setzt: Denn Höttges kündigte an, ab 2020 jedes Jahr zwei Millionen Glasfasera­nschlüsse direkt bis in die Wohnungen von Kunden zu legen – bisher investiere­n die Bonner fast nur in die Aufrüstung des bisherigen DSL-Netzes. Allerdings sagte Höttges, die Investitio­n in das reine Glasfasern­etz werde nur realisiert, wenn die „Politik den richtigen Rahmen setzt“. Gemeint ist: Die Telekom will diese neuen Anschlüsse dann auch zu frei vereinbart­en Preisen an Wettbewerb­er untervermi­eten. Bei den bisherigen Kupferleit­ungen legt dagegen die Bundesnetz­agentur die Großhandel­spreise weitgehend fest.

Ansonsten warb Höttges dafür, den Kauf des US-Mobilfunke­rs Sprint als Chance zu sehen: Der Ableger T-Mobile US habe es geschafft, 20 Quartale hintereina­nder jeweils mehr als eine Million Kunden zu ge- winnen. So wurde er zur Nummer Drei der US-Mobilfunke­r.

Dieser Erfolg habe den Aktienkurs von T-Mobile US so deutlich hochgetrie­ben, dass nun die Übernahme des kleineren Wettbewerb­ers Sprint mit einem Aktientaus­ch möglich sei. Als Ergebnis schaffe man nun mit der geplanten Übernahme einen Mobilfunkr­iesen mit 127 Millionen Kunden in den USA und einem jährlichen Umsatz von 73 Milliarden Dollar – mehr als die Telekom in Europa erreicht.

Höttges versprach, das Wachstum in den USA werde nicht dazu führen, dass in Deutschlan­d und Europa weniger investiert werde. Zwölf Milliarden Euro habe der Konzern in 2017 investiert – davon 5,4 Milliarden Euro in der Heimat, deutlich mehr als jeder Wettbewerb­er inklusive Vodafone. Und laut Aussage des Chefs gibt es sogar Fortschrit­te beim früher so miesen TelekomSer­vice: Aktuell, so Höttges, würden nur zwei Prozent der vereinbart­en Termine von Technikern platzen.

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