Burgen, Mühlen und Welterbe
Abseits der Hauptstadt bietet das einzige Großherzogtum der Welt romantische Burgen, Schlösser und wild plätschernde Bäche. Dazu kommt französisches Savoirvivre vor allem in der traditionellen Küche – und ein Weltdokumentenerbe.
Eine Attraktion von Weltrang lockt Besucher ins Städtchen Clervaux im Norden Luxemburgs. Gut 5000 Einwohner – und ein Welterbe im romantisch auf einem Hügel über dem Ort thronenden Schloss: die Steichen-Collection. Der gebürtige Luxemburger Edward Steichen leitete rund 15 Jahre lang bis 1962 die fotografische Abteilung des Museum of Modern Art (MoMA) in New York. Der Fotograf, der auch als „Patriarch der Fotografie“bezeichnet wird, kämpfte in zwei Weltkriegen – und gewann dadurch die Einsicht, dass die Menschheit doch überall im Grunde gleich ist. Dass wir alle eine „Family of Men“sind. Um die Kraft der Liebe und Mitmenschlichkeit zu zeigen, die Hass, Gewalt und Zerstörung überwinden soll, stellte er Anfang der 50er-Jahre eine Sammlung von 503 Fotografien für das MoMA zusammen. Schwarz-weiß, thematisch entlang der Lebensreise eines Menschen von Geburt über Arbeitswelt bis Sterben, mal humorvoll, immer eindrücklich. Vielleicht mögen Steichens Bemühungen um eine bessere Welt naiv gewesen sein, die Bildersammlung jedenfalls ging auf weltweite AusstellungsReise, wurde von der Unesco zum Weltdokumentenerbe ernannt – und fand 1994 ihre endgültige Heimat in Clervaux.
Nur wenige Kilometer entfernt – das zwischen Frankreich, Deutschland und Belgien eingezwängte kleine Land hat insgesamt weniger Einwohner als Düsseldorf – sitzt die nächste Burg mit einstmals strategischer Bedeutung auf einem Hügel. Imposant umrundet das Flüsschen Sauer in Burscheid die einst flächenmäßig größte Burg Luxemburgs. Im Laufe ihrer tausendjährigen Geschichte erhielt sie vier Ringmauern und Wehrhöfe. Die teils zerfallenen, teils wieder aufgebauten Mauern laden dazu ein, sich ihren vormaligen Glanz vorzustellen.
Was heutige Besucher sehen, hätte auch Victor Hugo sicher gefallen. Der französische Schriftsteller stattete den mittelalterlichen Mauerresten im Jahr 1865 einen Besuch ab. Insgesamt fünf Mal besuchte der Autor, der neben Voltaire, Molière und Balzac zu den Granden der französischen Literatur zählt, das Großherzogtum Luxemburg. Einige Zeit lebte er als politischer Flüchtling in Vianden. Das Haus, in dem er dort unterkam, ist seit 1935 ein Museum. Direkt an der Brücke über die Our, ein Nebenfluss der Sauer, weist eine Bronzebüste auf den berühmten Exilanten hin. Von ihr aus bietet sich ein grandioser Blick hinauf zur Burg Vianden.
Wer sich den schweißtreibenden Aufstieg ersparen möchte, der nimmt den Sessellift – im Sommer und ohne Ski an den Füßen eine ungewohnte Erfahrung. Ein kurzer Spaziergang über Schieferwege führt hinüber zur Burg, die 1977 in ihrer einstigen Pracht restauriert wurde und heute zu den bedeutendsten Baudenkmälern Europas zählt. Und so hübsch gelegen sicher auch zu den meistfotografierten.