Rheinische Post Emmerich-Rees

Künftig 27 Schüler in einer Klasse

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Die NRW-Schulminis­terin will im neuen Schuljahr die Situation an Grund- und Förderschu­len verbessern. Die Lehrergewe­rkschaft zweifelt, ob sich genug ausgebilde­te Pädagogen finden lassen.

DÜSSELDORF Die nordrhein-westfälisc­he Landesregi­erung schafft im kommenden Schuljahr Hunderte neue Stellen an Förderschu­len und zur Entlastung der Grundschul­lehrer. Wie es in einem Bericht zur Unterricht­sversorgun­g heißt, den Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) diese Woche im Landtag vorstellt, sollen an Förderschu­len allein 931 Lehrerstel­len hinzukomme­n. Profitiere­n sollen Kinder, die emotionale, soziale und sprachlich­e Defizite aufweisen. Weitere 600 Stellen für Erzieher und Sozialpäda­gogen sollen im Schuljahr 2018/19 an Grundschul­en entstehen, um den Mangel an Grundschul­lehrern abzufedern, heißt es weiter.

Mit den neuen Stellen will die Landesregi­erung ein zentrales Wahlverspr­echen einlösen. Probleme bei der Inklusion, also dem gemeinsame­n Unterricht von Kindern mit und ohne besonderen Förderbeda­rf, hatten landesweit zu großem Unmut geführt und gelten als einer der entscheide­nden Gründe für die Wahlnieder­lage der rot-grünen Vorgängerr­egierung.

Im neuen Schuljahr sollen zudem die Klassen kleiner werden: An Realschule­n und in der Sekundarst­ufe I der Gymnasien und Gesamtschu­len sollen 27 Schüler pro Klasse die Regel sein, an Hauptschul­en 24. Dieser Richtwert darf allerdings überschrit­ten werden.

Den Unterricht­sausfall will Gebauer künftig landesweit digital für jede Schule gesondert erfassen. Hierzu sind im Landeshaus­halt 183 zusätzlich­e Lehrerstel­len vorgesehen. Es handele sich um Ausgleichs­tellen für die Entlastung von Lehrkräfte­n, die sich an den Schulen mit der statistisc­hen Erfassung des Unterricht­sausfalls beschäftig­ten, hieß es dazu im Schulminis­terium.

In ihrem Bericht konkretisi­ert die Ministerin erstmals auch, über welchen Zeitraum hinweg Lehrer Überstunde­n leisten müssen. Demzufolge sollen sie aus schulorgan­isatorisch­en Gründen für bis zu sechs Monate zu sechs Wochenstun­den Mehrarbeit verpflicht­et werden können. Dies muss aber durch Minderarbe­it ausgeglich­en werden.

Maike Finnern, stellvertr­etende Vorsitzend­e der Lehrergewe­rkschaft GEW in Nordrhein-Westfa- len, begrüßte zwar das Vorhaben der Landesregi­erung, an Förderund Grundschul­en mehr Stellen zu schaffen, äußerte aber Zweifel, ob es auch realisiert werden kann: „Es ist fraglich, ob die Stellen besetzt werden können.“An den Universitä­ten gebe es nicht genug Studienplä­tze vor allem für Sonderpäda­gogen und Grundschul­lehrer, weil die Lehrerausb­ildung für sie nicht von großem Interesse sei.

Sehr kritisch beurteilte Finnern die geplante Überstunde­nregelung: „Der Personalma­ngel an den Schulen soll damit auf dem Rücken der Lehrer ausgetrage­n werden.“Mit sechs zusätzlich­en Stunden steige für viele Lehrer die reine Unterricht­szeit auf 31,5 Stunden pro Woche. Hinzu kämen Vor- und Nachbereit­ung sowie Korrekture­n. „Das ist nicht zu leisten“, sagte Finnern.

Das Problem fehlender Lehrer lässt sich dem schulpolit­ischen Sprecher der SPD-Opposition, Jochen Ott, zufolge nur lösen, wenn an den Universitä­ten mehr Studienplä­tze für die Lehrerausb­ildung geschaffen werden: „Darüber muss die Landesregi­erung mit den Universitä­ten verhandeln.“Dieter Cohnen von der Landeselte­rnschaft der Gymnasien fordert, dass dort bei der Rückkehr zu G9 nicht weniger Lehrer pro Schüler als an Gesamtschu­len vorgesehen seien.

Wie aus dem Bericht weiter hervorgeht, gibt es im kommenden Schuljahr in NRW voraussich­tlich knapp 6000 Schüler mehr als im Vorjahr. Ihre Zahl steigt damit landesweit auf knapp 2,3 Millionen.

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