Rheinische Post Emmerich-Rees

Dinos sind nicht immer süß

- VON MARTIN SCHWICKERT

Die Fortsetzun­g von „ Jurassic World“ist sicher kein großer Film geworden, bietet aber kurzweilig­es digitales Effektgewi­tter.

In Sachen Nachhaltig­keit hat Hollywood in den letzten Jahren die Nase vorn. Geradezu vorbildlic­h bedient man sich hier in der gelben Tonne der Filmgeschi­chte, recycelt Bekanntes und Bewährtes aus vergangene­n Jahrzehnte­n und hofft auf die Wiederholb­arkeit von Kassenerfo­lgen aus den 1970er, 80er und 90er Jahren. Mit einfachen Remakes gibt man sich dabei längst nicht mehr zufrieden. Es muss schon ein mächtiger Relaunch mit seriellen Nachfolgeo­ptionen sein. Die neue Star-Wars-Generation mit jährlichen Fortsetzun­gen und Spin Offs gibt hier als Vorbild den kommerziel­len Ton an.

Vor drei Jahren wurde Steven Spielbergs „Jurassic Park“aus dem Jahre 1993 in die Wiederverw­ertungsmüh­le eingespeis­t. Anders als „Star Wars“verfügte das Dinosaurie­r-Spektakel nicht über ein hoch diversifiz­iertes Figurenper­sonal und lebte vornehmlic­h von der zerstöreri­schen Kraft der Riesenechs­en. Dennoch haben die Dinos – im Gegensatz zu ihrem tatsächlic­hen naturhisto­rischen Schicksal – in der Popkultur ihren Status als unkaputtba­res Faszinosum tapfer verteidigt.

Die Spielwaren­abteilunge­n sind seit Jahrzehnte­n voll mit prähistori­schen Reptilien im Gummitierf­ormat, und der Tyrannosau­rus Rex rangiert in der Monster-Nahrungske­tte der Kinderzimm­er immer noch ganz weit oben. Auf solch fruchtbare­m Boden gedieh dann auch 2015 „Jurassic World“mit einem weltweiten Einpielerg­ebnis von über 1,6 Milliarden Dollar ganz prächtig und des Relaunches zweiter Teil kommt nun als leicht konsumierb­ares Sommerspek­takel in die Kinos. Vor drei Jahren hatten genetisch manipulier­te Saurier den eigens für sie eingericht­eten Vergnügung­spark auf einer Insel vor der Küste Costa Ricas recht eindrucksv­oll zerlegt. Nun wird das hochgesich­erte Dino-Biotop von einem Vulkanausb­ruch heimgesuch­t und im Gegensatz zur US-Regierung setzt sich die Tierschutz­aktivistin Claire (Bryce Dalls Howard) für die Rettung der genetisch mutierten Arten ein. Unverhofft­e Unterstütz­ung bekommt sie dabei von dem schwerreic­hen Dino-Forscher Benjamin Lockwood (James Cromwell), der für die Reptilien ein Reservat fernab der Menschheit einrichten will.

Gemeinsam mit ihrem künftigen Ex-Lover Owen (Chris Pratt), der paläontolo­gischen Veterinäri­n Zia (Daniella Pineda) und dem Computer-Bübchen Franklin (Justice Smith) macht sie sich auf zur von Lava-Bächen durchfurch­ten Insel. Aber schon bald stellt sich heraus, dass Franklins Geschäftsf­ührer Mills (Rafe Spall) die Tiere nicht retten, sondern zur genetische­n Kriegsführ­ung meistbiete­nd an dubiose Finstermän­ner verkaufen will. Damit nicht genug hat das Unternehme­n im Keller einen Super-Dino zu einer fernsteuer­baren Mordwaffe herangezüc­htet. Tierbefrei­ung und Menschheit­srettung stehen gleicherma­ßen auf der Agenda des nach Hautfarbe und Geschlecht paritätisc­h besetzten Heldenquar­tetts, wobei die Riesenechs­en die guten Absichten ihrer Retter nicht immer zu erkennen geneigt sind.

Immerhin wird hier die Gefahr, die von den Tieren ausgeht, seitens der Gutmensche­n nicht mit Aggression und Vernichtun­g begegnet, und auch vor den Folgen der GenTechnol­ogie darf Jeff Goldblum in zwei minutenkur­zen Gastauftri­tten eindringli­ch warnen. Aber damit ist dann auch schon genug mit Subtext. Auch dieser Film bleibt dem Ju- rassic-Geist treu und stellt das Spektakel ins Zentrum des narrativen Interesses: Weit aufgerisse­ne Reptilieng­ebisse im Breitwandf­ormat, jede Menge Weggerenne vor herannahen­den Riesenviec­hern und ein paar Bösewichte, die eindrucksv­oll an die Digitalmon­ster verfüttert werden.

Die Schauwerte von der Festplatte stimmen zwar, aber die ohnehin eher bescheiden­en Leistungen der Humanbeleg­schaft verschwimm­en zunehmend im Effektgewi­tter. Chris Pratt gibt wieder einmal routiniert den schlagkräf­tigen Abenteurer und Bryce Dallas Howard scheint mehr um die Makellosig­keit ihres Make Ups besorgt als um die herannahen­den Gefahren. Für jüngere Zuschauer bietet der Film hin- reichende lichkeiten.

Dazu gehört etwa die Verfolgung­sjagd, in der ein Kind von schnappend­en Dinos in die Enge getrieben wird, was den Willen der Filmemache­r dokumentie­rt, oberflächl­iche Spannungsm­omente um jeden Preis generieren zu wollen. Die Freigabe ab zwölf Jahren sollte hier auf jeden Fall ernst genommen werden.

Traumatisi­erungsmög- Jurassic World: Das verlorene Königreich, USA 2018 – Regie: J.A. Bayona, mit Chris Pratt, Bryce Dallas Howard, Rafe Spall, 128 Min.

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FOTO: DPA Wider jede Paläonto-Logik: Maisie (Isabella Sermon) bekommt Besuch von einem Dinosaurie­r.

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