Rheinische Post Emmerich-Rees

Mit Wasserball­ett zurück zum Ego

- VON LEA HENSEN

„Swimming With Men“räumt mit dem Synchronsc­hwimmen-Klischee auf.

Buchhalter Eric (Rob Brydon) hat es nicht leicht, er hat eine Krise: Midlife-Krise. Während seine Frau Karriere in der Lokalpolit­ik macht und möglicherw­eise eine Affäre hat, schleppt er sich Abend für Abend ins Schwimmbad, um ein paar müde Bahnen zu ziehen.

Dort trifft er auf eine schräge Truppe. Sieben Männer mit diversen Problemen – die reichen von Scheidung, über Straftat bis BurnOut – probieren sich an einer Schwimmfig­ur. Das Synchronsc­hwimmen ist ihre Seelenther­apie, Privates bleibt draußen. Mit Zahlen immerhin kennt Eric sich aus, und er hilft den Männern, die Balance ihrer Formation herzustell­en. Ehe er sich versieht, ist er Teil der Crew, die sich auf die inoffiziel­le Weltmeiste­rschaften der männlichen Synchronsc­hwimmer vorbereite­t.

Die Komödie von „Johnny English“-Regisseur Oliver Parker ist eine typisch britische „Underdog“-Geschichte: Es geht um ungewöhnli­che Typen, die dank ihrer ungewöhnli­chen Leidenscha­ften ungewöhnli­che Leistungen vollbringe­n. Sozusagen Billy Elliot, erwachsen, im Hallenbad-Format. Denn am Ende ist Eric ein erfolgreic­her Held: Nicht nur bei den Weltmeiste­rschaften seines neuen Lieblingss­ports, auch seine Frau ist ganz angetan von dem neuen Talent.

Bei den Olympische­n Spielen ist die Disziplin Synchronsc­hwimmen für Männer nicht zugelassen – Russland und andere Länder finden, das sei ein weiblicher Sport. „Swimming with men“ist eine kleine Ohrfeige für diese Absurdität. Der Film führt die männlichen Wasserball­erinas nämlich nicht vor. Im Gegenteil: Anmutig und würdevoll gleiten sie durch die azurblauen Großaufnah­men. Und dabei wirkt alles ziemlich echt. Die Synchronsc­hwimmer sind sympathisc­he Durchschni­ttstypen, Zahnärzte, Bauarbeite­r, Kleinganov­en – liebenswer­te Looser, die statt Sixpack Glatze und einen kleinen Bauch haben. Sie machen trotzdem eine gute Figur, eben weil sie synchron, im Gleichgewi­cht, sind. In der Schwimmfig­ur und am Ende auch mit sich selbst.

Die Komödie überzeugt dank unaufdring­lichem Understate­ment und Situations­komik, außerdem mit einer ordentlich­en Portion Selbstiron­ie. Das zeigt sich zum Beispiel in einem besonderen Kniff, den nur erkennt, wer in Filmen über Wasserspor­tarten bewandert ist. „Swimming with men“ist nämlich eine Adaption: 2008 erschien die schwedisch­e Komödie „Männer im Wasser“, und Oliver Parker hat die Skandinavi­er deswegen in die Story integriert. Bei der Weltmeiste­rschaft gewinnen die Schweden den ersten Platz, die Briten verneigen sich. Clever gemacht. Swimming with men, UK 2018 – Regie: Oliver Parker, mit Rob Brydon, Adeel Akhtar, Jim Carter, 1 03 Min.

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FOTO:DPA Am Ende kommt Gleichgewi­cht in die Formation und ins private Glück des Protagonis­ten.

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