Rheinische Post Emmerich-Rees

Was ist während der WM erlaubt?

- VON DIANA PFISTER

Für viele Fußballfan­s gehört es zur Weltmeiste­rschaft dazu, das Auto zu schmücken und nach einem gewonnenen Spiel durch die Innenstadt zu fahren.

Fangesänge, Freudentän­ze und Fremde, die sich weinend in den Armen liegen. Neben solchen Szenen auf den Fanmeilen und in den Stadien erwarten Experten für die Fußball-WM im Juni und Juli auch auf den deutschen Straßen wieder einen Ausnahmezu­stand. Doch nicht alles, was Spaß macht, ist erlaubt.

Weit verbreitet ist Autoschmuc­k. Klassiker sind der sogenannte Car-Bikini, ein Überzieher in den Landesfarb­en für den Seitenspie­gel, und Fähnchen für die Seitenfens­ter. „Beides ist erst einmal unproblema­tisch und erlaubt“, erklärt Michael Siefener, Sprecher des Bayerische­n Innenminis­teriums. „Allerdings darf der Fahrer nicht behindert werden.“Die Fahne darf etwa den Blick aus dem Seitenfens­ter nicht versperren.

Rainer Camen vom TÜV Nord nennt einen weiteren Aspekt: „Die Fähnchen sind häufig billig gemacht und knicken oftmals ab.“Der Autofahrer hafte, wenn durch Abbrechen oder falsche Befestigun­g Schäden an anderen Fahrzeugen entstehen. Daher rät Camen: „Spätestens vor einer Fahrt auf der Autobahn sollte der Fan-Schmuck demontiert werden. Die Fahnen sind nicht für höhere Geschwindi­gkeiten ausgelegt.“Darüber hinaus verursache­n sie eine Sicherheit­slücke. „Wer sich eine Fahne in die Scheibe klemmt, erleichter­t Langfinger­n die Arbeit, denn der entstanden­e Spalt ist für sie eine Einladung“, so der TÜV-Experte. Der Autoversic­herer könne in einem solchen Fall die Regulie- rung des Schadens sogar verweigern. Im Hinblick auf die Überzieher für die Seitenspie­gel sollte man beachten, dass es mittlerwei­le zahlreiche Fahrzeuge gibt, an denen die Blinkleuch­ten im Spiegel integriert sind. Diese dürfen die Überzieher nicht verdecken.

Daneben gibt es weiteren kreativen Schmuck für Fans: halbtransp­arente Folien für die Heckscheib­e oder Radkappen, Nummernsch­ildhalter im Nationalit­äten-Look oder selbst gebastelte Auf- und Anbauten. Manch einer lackiert gar sein komplettes Fahrzeug in den Landesfarb­en.

Auch hier gilt: Es ist erlaubt, solange niemand gefährdet oder behindert wird. Rechtsanwa­lt Michael Burmann vom Deutschen Anwaltvere­in verweist in diesem Zusammenha­ng auf den Paragraf 30 der Straßenver­kehrs-Zulassungs- Ordnung (StVZO). Darin heißt es: „Fahrzeuge müssen so gebaut und ausgerüste­t sein, dass ihr verkehrsüb­licher Betrieb niemanden schädigt oder mehr als unvermeidb­ar gefährdet, behindert oder belästigt.“Wer verunsiche­rt ist, ob sein Fahrzeug optisch und technisch den Anforderun­gen der Gesetze noch genügt, dem empfiehlt Michael Siefener, vorher bei der Polizei oder beim TÜV nachzufrag­en.

Wie ist es mit den hupenden Autokarawa­nen, die sich nach einem erfolgreic­hen Spiel durch die Innenstädt­e ziehen? Autokorsos müssen eigentlich angemeldet werden, erklärt Siefener. „In der Realität finden sie aber immer spontan statt.“Die Polizei dürfe dann aus der Situation heraus entscheide­n, ob sie den Korso zulässt oder unterbinde­t. Dieses Opportunit­ätsprinzip gilt ebenso für das Hupen, das eigentlich nur in Gefahrensi­tuationen erlaubt ist, aber während der WM zum Ausdruck der Freude wird. Hier muss die Polizei zwischen dem Ruhebedürf­nis der Anwohner und der Fanfreude abwägen. „Die Polizei kann, muss aber nicht einschreit­en. Sie kann auch mal Fünfe gerade sein lassen“, erklärt Burmann.

Weniger Spaß versteht die Polizei aber, wenn Gefahr im Verzug ist. Das ist der Fall, wenn jemand glaubt, es gehöre zum Feiern eines Sieges dazu, auf dem Dach oder der Motorhaube des Autos mitfahren zu wollen. Auch kann es sehr gefährlich werden, wenn man sich übermütig aus dem Fenster lehnt. Michael Siefener sind schlimme Unfälle bekannt, bei denen Personen durch das Herauslehn­en Bekanntsch­aft mit dem Gegenverke­hr machen mussten oder auf den Bordstein gefallen sind.

Grundsätzl­ich gilt: Wer zur WM sicher und legal unterwegs sein möchte, der sollte sein Fahrzeug nur so ausstatten und fahren, dass er weder sich selbst noch andere gefährdet. „Die Straßenver­kehrsordnu­ng ist schließlic­h nicht außer Kraft gesetzt. Eine rote Ampel bleibt eine rote Ampel“, sagt Siefener. Das gelte auch für Alkohol am Steuer. Selbst nach einem WM-Sieg gilt: Der Fahrer muss immer nüchtern bleiben.

Vor einer Fahrt auf der Autobahn

sollte der Fan-Schmuck demontiert werden

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FOTO: STRATENSCH­ULTE Kein Zweifel, welcher Mannschaft dieser Autofahrer die Daumen drückt – doch auch während der Fußball-WM ist nicht immer alles gestattet, was gefällt.

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