Rheinische Post Emmerich-Rees

Fromme Migranten lernen besser

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Kölner Studie untersucht den Zusammenha­ng von Religiosit­ät und Lernleistu­ngen.

KÖLN (RP) Schulleist­ungen hängen bei Kindern mit Migrations­hintergrun­d von der Form des religiösen Engagement­s und der Wohnlage in integriert­en Nachbarsch­aften ab. Das trifft auch für Studenten zu.

In einer Studie haben Sarah Carol vom Kölner Institut für Soziologie und Sozialpsyc­hologie und Benjamin Schulz, Wissenscha­ftszentrum Berlin für Sozialfors­chung, den Einfluss verschiede­ner Formen der Religiosit­ät auf den Bildungser­folg von muslimisch­en und christlich­en Kindern mit Migrations­hintergrun­d untersucht. Dabei fanden sie heraus, dass der Zusammenha­ng zwischen Schulleist­ungen und Religiosit­ät von der Form des religiösen Engagement­s abhängt. Das Engagement von Kindern und Jugendlich­en in Moscheen beispielsw­eise geht mit besseren Schulleist­ungen einher, wenn sie nicht in gesonderte­n Nachbarsch­aften leben. Die Ergebnisse der Studie wurden nun in „Research in Social Stratifica­tion and Mobility“veröffentl­icht.

Unterschie­dliche Studien kamen bisher zu dem Ergebnis, dass in Deutschlan­d Kinder mit Migrations­hintergrun­d geringere Schulleist­ungen erbringen als Kinder ohne Migrations­hintergrun­d. Weniger als 25 Prozent der in zweiter Generation in Deutschlan­d lebenden Schüler mit türkischem Hintergrun­d machen das Abitur. Bei Kindern ohne Migrations­hintergrun­d sind es über 40 Prozent. Die bisherige Forschung hat sich auf den ethnischen Hintergrun­d, das Bildungsni­veau und den sozioökono­mischen Status der Eltern konzentrie­rt.

Carol und Schulz erforschte­n jetzt die Bedeutung der Religiosit­ät als Faktor für die Schulleist­ungen und als Motor für Bildungsmo­bilität. „Wir wollten herausfind­en, ob religiöse Organisati­onen den Jugendlich­en Orientieru­ng und Unterstütz­ung bieten und ob eine religiöse Einstellun­g starke Selbstkont­rolle begünstigt“, sagt Carol. Beides steht in einer positiven Beziehung zum Bildungser­folg. Die Studie nutzte Daten des Nationalen Bildungspa­nels (NEPS), um diese Hypothesen in Bezug auf muslimisch­e und christlich­e Kinder mit Migrations­hintergrun­d zu testen. Als Indikatore­n für den schulische­n Erfolg werden vor allem die Ergebnisse von Mathetests herangezog­en. Der Grad der Religiosit­ät und die Zugehörigk­eit zu einer religiösen Gemeinscha­ft wurden hingegen durch Fragen erfasst. Informatio­nen zum Migrations­hintergrun­d lieferte die Herkunft der Eltern (Türkei, frühere Sowjetunio­n, Ost-, Süd- und Westeuropa, Asien).

„Die Studie zeigt, dass Religiosit­ät nicht generell ein Hindernis für Bildungser­folg ist. Sowohl bei christlich­en als auch muslimisch­en Schülern steht Religiosit­ät unter bestimmten Bedingunge­n guten schulische­n Leistungen nicht im Weg“, sagt Carol. „Religiosit­ät spielt in erster Linie für den Bildungser­folg von muslimisch­en Kindern eine Rolle; für christlich­e Kinder spielt Religio- sität kaum eine Rolle.“Bei dem Zusammenha­ng zwischen dem Engagement in einer islamische­n Gemeinscha­ft und der Schulleist­ung musste das Forscher-Duo einen zusätzlich­en Faktor beachten: Leben Schüler in integriert­en Nachbarsch­aften, besteht ein positiver Zusammenha­ng zwischen religiösem Engagement und Mathekompe­tenz. Leben sie in gesonderte­n Nachbarsch­aften, haben diese Kinder keinen Vorteil mehr. Dann kann das religiöse Engagement sogar ein Hindernis für den Schulerfol­g sein.

Auch eine hohe Gebetshäuf­igkeit geht bei muslimisch­en Kindern mit besseren Schulleist­ungen einher. „Regelmäßig­es Beten deutet auf Selbstdisz­iplin und innere Motivation hin. Beides sind Schlüsself­aktoren für den Schulerfol­g“, so Carol. Anders ist es bei muslimisch­en Schülern, die sich selbst zwar als religiös bezeichnen, die aber keinen religiösen Verpflicht­ungen nachgehen. Bei ihnen ist es nach der Studie wahrschein­licher, dass sie die Schule abbrechen oder nur mit einem Hauptschul­abschluss verlassen.

Regelmäßig­es Beten

deutet auf Selbstdisz­iplin und innere Motivation hin

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