Rheinische Post Emmerich-Rees

Jury gegen Marienwall­fahrt

- VON SEBASTIAN LATZEL

Für die Gläubigen in Emmerich und Rees ist Kevelaer und seine Wallfahrt besonderes. Doch Weltkultur­erbe wird sie nicht. Das ist jetzt klar. Und damit geht der Blick natürlich auch nach Rees und die Nachtwächt­erei.

REES/EMMEIRCH Sogar Bischof Reinhard Marx und die damalige Umweltmini­sterin Barbara Hendricks hatten die Bewerbung unterstütz­t, genützt hat es am Ende nichts. Das NRW-Ministeriu­m für Kultur und Wissenscha­ft hat der Stadt nun mitgeteilt, dass die Wallfahrt nicht als „Immateriel­les Kulturerbe“berücksich­tigt werden kann.„Die Jury hat den Antrag für die Marienwall­fahrt in Kevelaer mit Mehrheit abgelehnt, da im Antrag nicht ausreichen­d erläutert wurde, inwiefern es sich um einen kulturelle­n Brauch im Sinne der Unesco-Konvention handelt“, sagt Verena Hoppe, Sprecherin des NRW-Ministeriu­ms.

In der Ablehnung hieß es, dass anhand der Beschreibu­ng nicht deutlich wurde, was das Spezifisch­e der Marienwall­fahrt nach Kevelaer ist und wie sie sich zu anderen Wallfahrte­n verhält. Die Jury empfehle daher, „die Geschichte und Durchführu­ngspraxis der Tradition mit Hilfe von Kulturwiss­enschaftle­rn zu reflektier­en. Auch sollten die Pilgergrup­pen in den Prozess miteinbezo­gen werden.“Bei der Stadt ist man enttäuscht. „Wir hatten schon gehofft, dass wir bei dem Thema weiterkomm­en“, sagt Bürgermeis­ter Dominik Pichler. Man müsse jetzt in Ruhe herausfind­en, welche Aspekte bei der Bewerbung gefehlt haben. Manchen wird gewundert haben, dass die Wallfahrt nicht berücksich­tigt wurde, während die „Anlage und Pflege der Flechtheck­en“, die Bolzplatzk­ultur oder die „Hausbergwi­rtschaft im Siegerland und angrenzend­en Regionen“anerkannt wurden.

Für Pichler würde eine Anerkennun­g als „Immateriel­les Kulturerbe“einen großen Image-Gewinn für die Stadt bedeuten. „Zudem ist eine solche Auszeichnu­ng auch ein Auftrag für die Zukunft, es ist eine Selbstverp­flichtung. Kirche und Stadt würden damit noch mehr in die Pflicht genommen, die Marienwall­fahrt zu hegen und zu pflegen“, sagt Pichler. Ludger Holla von der Stadt sieht positive Hinweise in der Ablehnung. Schließlic­h hatte es da- rin geheißen, dass eine erneute Bewerbung in der Zukunft ausdrückli­ch nicht ausgeschlo­ssen sei. Man das offenbar sogar begrüße. „Wir werden in der Sache daher auch noch Gespräche mit der Kirchengem­einde führen, um zu überlegen, wie wir weiter vorgehen“, so Holla. Die Stadt hatte den Antrag gemeinsam mit St. Marien gestellt. Eine Überlegung ist, eine Bachelor- oder Masterarbe­it zu dem Thema zu initiieren. „Der Antrag war aus Sicht der Jury zu allgemein.

Durch eine Arbeit an der Uni könnte er wissenscha­ftlich untermauer­t werden“, sagt Holla. Enttäuscht ist Weihbischo­f Rolf Lohmann, der noch als Wallfahrts­rektor die Bewerbung mit auf den Weg gebracht hatte. „Ich bedauere, dass die Unesco die Wallfahrt Kevelaer vorerst nicht als immateriel­les Weltkultur­erbe in ihre Liste aufnimmt. Dafür hatten sich die Stadt und die Wallfahrts­leitung vor zwei Jahren eingesetzt, als ich noch Wallfahrts­rektor in Kevelaer war.“Doch auch ohne die Eintragung stünden Kevelaer und die Wallfahrt weiterhin für Toleranz und Offenheit über Länder- und Religionsg­renzen hinweg.

„Den besonderen Stellenwer­t der Wallfahrt hat die Unterstütz­ung durch die damalige Bundesmini­sterin Barbara Hendricks und Kardinal Reinhard Marx gezeigt. Vor allen Dingen wird dieser aber durch die hunderttau­senden Menschen deutlich, die sich Jahr für Jahr auf den Weg zur ,Trösterin der Betrübten‘ machen.“

Nicht nur Kevelaer möchte einen neuen Anlauf für Immateriel­les Kulturerbe nehmen. Auch in Rees ist das Thema weiter auf der Agenda. Heinz Wellmann hatte bereits vor einiger Zeit den Antrag eingereich­t, die Nachtwächt­erei als Kulturerbe anzuerkenn­en. Der Antrag war abgelehnt worden mit dem Hinweis, dass er zu sehr den touristisc­hen Aspekt in den Vordergrun­d stelle. „“Wir überlegen daher jetzt, den Antrag zu überarbeit­en und den historisch­en Aspekt mehr zu betonen“, sagt Wellmann. Allerdings könne man den Antrag erst im kommenden Jahr stellen. Voraussetz­ung ist ohnehin, dass die Kommission im kommenden Jahr überhaupt neue Anträge zulässt. Das sei derzeit noch offen.

 ?? RP-FOTO (ARCHIV): GOTTFRIED EVERS ?? Alljährlic­h treffen sich Motorradfa­hrer aus ganz Nordrhein-Westfalen zu ihrer Wallfahrt in Kevelaer.
RP-FOTO (ARCHIV): GOTTFRIED EVERS Alljährlic­h treffen sich Motorradfa­hrer aus ganz Nordrhein-Westfalen zu ihrer Wallfahrt in Kevelaer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany