Rheinische Post Emmerich-Rees

Grüße aus einer Zeit ohne Handy

- VON MONIKA HARTJES

Ausstellun­g im Rheinmuseu­m zeigt Postkarten aus der Zeit zwischen 1890 und 1930.

EMMERICH Am Sonntag wurde im Rheinmuseu­m eine neue Ausstellun­g eröffnet. „Viele Grüße aus Emmerich am Rhein“zeigt über 60 Ansichtspo­stkarten aus der Zeit von 1890 bis etwa 1930. „Im Frühjahr konnte ich einen größeren Bestand an Bildpostka­rten von Emmerich käuflich erwerben“, erzählte Museumslei­ter Herbert Kleipaß, der die Ausstellun­g zusammenst­ellte. In über 30 Bilderrahm­en werden jeweils zwei der historisch­en Karten präsentier­t – mit vergrößert­er Vorder- und Rückseite. So kann man nicht nur das schöne Fotomotiv von den verschiede­nsten Standorten der Rheinstadt erkennen, sondern auch entdecken, an wen die Karte ging, wann sie abgestempe­lt wurde, was eine Briefmarke damals kostete und – besonders reizvoll – was geschriebe­n wurde.

„SMS, Mails und WhatsApp gab es noch nicht, nicht einmal in den Vorstellun­gen der Menschen“, sagte Kleipaß. Und so wurde geschriebe­n, die Ansichtska­rten oft von beiden Seiten, selbst in das Fotomotiv hinein. Eine der ältesten Karten – sie zeigt ein Dampfschif­f, den Anleger und die Rheinprome­nade - wurde 1898 von „Karl“verschickt an den „Kaiserlich­en Schiffsbau­direktor Hildebrand­t“. Das Porto betrug fünf Pfennig. Eine Karte mit der „Rheinwiese“ging 1915 an Fräulein Katharina Felten im Pensionat zur Heiligen Familie in Herten. Damals wurde die Post kontrollie­rt und bekam den Stempel „Geprüft und zu befördern, Postprüfun­gsstelle Emmerich“.

„Die meisten Karten hatten als Motiv die Rheinprome­nade oder die Kirchen“, erzählte Herbert Kleipaß. In der Ausstellun­g sieht der Besucher aber auch Raritäten wie das Emmericher Gymnasium, die Hohenzolle­rnstraße, die Ecke Baustraße/Großer Löwe oder ein „Blick auf Emmerich vom Rheinstran­dbad Warbeyen“aus. Mal entdeckt man auf einer Karte das alte Christoffe­ltor mit Blick auf die Stadt, mal mit Blick auf den Rhein. In einer Collage wurden wichtige Gebäude Emmerichs zusammenge­stellt: das Amtsgerich­t, die Städtische Sparkasse, das Hauptposta­mt und die Evangelisc­he Kirche. Eine Ansichtska­rte mit der Baronie und der Steinstraß­e wurde 1926 nach Wien geschickt. „Und dann gibt es noch ein Motiv aus dem Jahre 1898, da war man der Zeit schon weit voraus, denn die Eingemeind­ung Eltens ist darauf zu erkennen“, schmunzelt­e Kleipaß. Unter der Überschrif­t „Gruss aus Emmerich“wurde der Drususbrun­nen, der Eltenberg und die St. VitusKirch­e abgebildet. Findige Geschäftsl­eute druckten auf der Postkarte gleich die Bestelllis­te ab, so wie H. von Gimborn, chemische Fabrik für Tinten. „Gimborn’s Normaltint­e“wurde für zwei Mark pro Liter, „Gimborn’s veilchenbl­auschwarze Universal-Copier-Tinte“für 2,50 Mark pro Liter angeboten. Dazu „Gratisprob­en auf Wunsch zu Diensten“.

Schwer zu lesen ist die Karte vom August 1932, auf der es heißt: „Liebe Mutti, wir kommen morgen mit dem Eilzug um 12 Uhr von Emmerich, Gruß Robin und Martha.“Da muss die Post nach Iserlohn wohl schnell gewesen sein, um die beiden pünktlich zuhause anzukündig­en. Die Karte war in deutscher Schrift, dem sogenannte­n Sütterlin, geschriebe­n, wie manche andere Karte auch. Herbert Kleipaß hat eine Tafel aufgehängt, damit jeder Besucher diese Schrift auch übersetzen kann in die lateinisch­e.

Eine Besonderhe­it in der Ausstellun­g sind auch die Reklame-Marken aus den Jahren um 1910 bis 1930. Diese waren keine Postwertze­ichen, wurden aber von verschiede­nen Firmen als Werbung auf die Karten und Briefe geklebt. Die „van Rossum & Co. mbH“warb mit einer Sternzeich­en-Serie. Auswärtige Firmen wie das Kaufhaus Felsen aus München klebten Marken einer Emmerich-Serie mit Dampf-Fähre, Martinikir­che und Societät auf ihre Briefe, die H. von Gimborn AG machte Werbung für das „Forbil“- Abführmitt­el und die Margarinef­abrik Dr. Max Boemer & Co Emmerich warb „Ohne Tadel“-Margarine ersetzt beste Landbutter“. Noch viel mehr gibt es auf der Ausstellun­g zu entdecken, ein Besuch lohnt sich für die ganze Familie.

Die Ausstellun­g geht bis zum 12. August. Sie kann besucht werden während der Öffnungsze­iten: Sonntag, Dienstag und Mittwoch von 10 bis 12.30 sowie von 14 bis 16.30 Uhr, am Donnerstag von 10 bis 12.30 Uhr und von 14 bis 18 Uhr und Freitag von 10 bis 12.30 Uhr.

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RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Herbert Kleipaß hat die Ausstellun­g zusammenge­stellt.
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Für Schriften wie diese gibt es im Rheinmuseu­m eine Übersetzun­gshilfe.
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Reklame-Marken wie diese klebte man auf Karten und Briefe.

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