Türkeiurlauber
Beim Pfeifkonzert im Testspiel der deutschen Mannschaft gegen Saudi Arabien bei Ballkontakten von Gündogan ist mir sauer aufgestoßen, dass von vielen Zuschauern nicht in Betracht gezogen wird, dass sowohl Gündogan als auch Özil schon seit langem zur Nationalmannschaft zählen – und zwar zum Stamm. Da darf das Thema nun durch die Zuschauer nicht mehr so hochgekocht werden wie geschehen. Die Zuschauer sollten das Thema tunlichst abhaken; denn wer weiß, wie viele von ihnen in diesem Jahr nicht schon ihren Urlaub in der Türkei verbracht haben, ihn gerade verbringen oder noch buchen wollen. Für dieses Jahr zeigen die Zahlen, dass es eine Steigerung der deutschen Urlauber in der Türkei um etwa 75 Prozent gibt. Damit unterstützt man die Politik des Herrn Erdogan und bringt den harten Euro in ein Land eines Despoten, dessen Land es wirtschaftlich mit seiner Lira absolut schlecht geht. Wenn man dann als Zuschauer diese beiden Spieler wegen ihres einmaligen „Fehlers“auspfeift, aber gleichzeitig in dem Land Urlaub macht, ist das heuchlerisch. Es heißt doch, man soll den Sport von der Politik trennen – nun liebe Zuschauer: Lasst bitte das Geschehene auf sich beruhen. Zu „Gündogan kann Kritik verstehen“(RP vom 6. Juni): Türken, die vor Repressalien sicher in Europa leben, hier zur türkischen Wahl gehen und dann Herrn Erdogan unterstützen, fallen ihren eigenen Landsleuten in den Rücken, die wegen Meinungsäußerung zu tausenden ihren Job verloren haben oder sogar im Gefängnis sitzen. Sie sind Heuchler, denn sie unterstützen eine Diktatur, in der sie aber selbst nicht leben wollen. Jeder darf sein Heimatland von Herzen lieben – und kann dennoch mit der derzeitigen politischen Führung nicht einverstanden sein. Gegen Er- dogan zu sein, heißt nicht, sein Vaterland zu verraten. Die Herren Özil und Gündogan haben durch ihre aktive Wahlkampfunterstützung eindeutig Stellung bezogen, dass sie eine Diktatur mit Berufsverboten, Gleichschaltung der Presse und Kritikverbot gutheißen. Hier dürfen sie ihre Meinung frei äußern, hier sind sie in einem Fußballverein Arbeitnehmer, die frei in ihrer politischen Gesinnung sein dürfen. Aber in meiner Nationalmannschaft, die auch nach außen Grundwerte zu verkörpern hat, zu denen wir stehen, haben diese beiden Männer nichts mehr zu suchen.