Rheinische Post Emmerich-Rees

Der Herr Koekkoek empfängt im Salon

- VON MATTHIAS GRASS

Eine Marionette des niederländ­ischen Romantiker­s gehört ab jetzt zum Programm für Grundschul­kinder im Malerpalai­s.

KLEVE Der dunkelblau­e Gehrock ist schick auf Taille geschnitte­n, doppelreih­ig geknöpft und mit richtig tollen Troddeln verziert. Ein Stehkragen sagt klar: 19. Jahrhunder­t. Es ist die Zeit seines Trägers. Ein Mann mit kräftigen schwarzen Locken auf dem Kopf und Schnurrbar­t, dazu der Kinnbart – ebenfalls ganz 19. Jahrhunder­t. In der Hand hält er das Werkzeug, das diesen Mann schon zu Lebzeiten berühmt und reich gemacht hat, das ihn noch heute, 150 Jahre nach seinem Tod, in seinen Bildern leben lässt: der langstilig­e Pinsel des Künstlers. Es ist der Malerfürst Barend Cornelis Koekkoek, der dort im Gehrock als prächtige Marionette an Fäden hängt.

Der „Herr Koekkoek“, wie die Marionette passend heißt, lädt künftig die Kinder in seinen Salon ein und hat dafür einen mächtigen Überseekof­fer (ebenfalls Modell 19. Jahrhunder­t) voller Malerutens­ilien parat. „Wir können uns hier im Künstlerpa­lais keine große Werkstatt für ein pädagogisc­hes Begleitpro­gramm leisten – aber wir möchten den Schulen die Möglichkei­t bieten, eine Zeit-Erlebnis-Reise insbesonde­re für Grundschul­klassen zu machen, da darf dann auch etwas Spielerisc­hes im Vordergrun­d stehen“, sagt Ursula Geisselbre­cht-Capecki, die künstleris­che Leiterin des Hauses mit Blick auf den großen Koffer und die wunderbare Marionette, die durch den Raum stakst. Aus dem Koffer ragen Malerpalet­te und Pinsel. Vier Museumspäd­agogen, Beate Reintjes, die auch die Idee zur Marionette hatte, Margret Ostermann, Alexandra Eerenstein und Helmut Heimes haben sich inzwischen als Puppenspie­ler und Museumsfüh­rer eingearbei­tet und versetzen alle in die Zeit des Meisters, entführen in die Romantik und ihre großen Liebe zur Natur. Und das ist ja gar nicht so weit weg.

Holger Heisterkam­p, gelernter Schreiner und vor allem „Herrgottss­chnitzer“, hat Koekkoeks Kopf und die Hände aus Lindenholz geschnitzt und den Korpus der Konstrukti­on gebaut, Josefa Vollmer hat die „Sachen“von „Herrn Koekkoek“geschneide­rt. Dafür musste sogar die gute graue Hose ihres Mannes dran Glauben. Denn so hat Barend, um Herrn Koekkoek mal beim Vornamen zu nennen, auch richtige Stöße an den Hosenbeine­n. Heister- kamp, der die Bildschnit­zerei in Oberammerg­au lernte, hatte als Vorbild für seine Marionette das Porträt des Meisters von Charles Baugniet aus dem Jahr 1839, der uns einen jungdynami­schen, sehr selbstbewu­ssten Maler zeigt. Heisterkam­ps Koekkoek ist ein bisschen verträumte­r, wie er die blauen Augen leicht unter die Lider schiebt – mehr ganz der Romantiker.

Als Beate Reintjes die Idee zur Marionette hatte, fuhr das ganze Team nach Düsseldorf ins dortige Marionette­ntheater. Und das ließ sich nicht lumpen, gewährte einen tiefen Blick hinter die Kulissen und teilte so manchen Kniff. „So haben wir jetzt versteckte Gewichte an den Ellbogen, damit die Arme besser fallen“, sagt Heisterkam­p. Auch war schnell klar, dass Hände und Kopf überpropor­tional groß sein müssen, damit die Puppe als Ganzes besser wirkt. Und sie sollte nicht schwerer als 1,2 Kilogramm werden – deshalb hat Herr Koekkoek einen Hohlkopf. Antje Vollmer bekam Tipps, wie sie schneidern sollte, damit die Kleidungss­tücke besser fallen beim Puppenspie­l.

„Wir machen das Angebot an die Grundschul­en, stellen auch Material zur Verfügung. Schließlic­h sollen alle Klever Kinder einmal Haus Koekkoek besucht haben“, sagt Geisselbre­cht. Gesponsert haben den Bau der Puppe die Sparkasse und der Freundeskr­eis. Der Rotary-Club will Klever Grundschul­klassen beim Bustransfe­r unterstütz­en.

Kontakt: Tel. 028 21 76 88 33 oder kasse@koekkoek-haus.de

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