Mordprozess: Psychiater stellt Gutachten vor
Das Ergebnis: Der Angeklagte weist eine erhöhte Aggressivität auf. Die Tat könnte aus Scham geschehen sein.
ELTEN/KLEVE (daut) Jack Kreutz, der psychiatrische Sachverständige, hatte mehrere Termine mit dem Angeklagten. Um herauszufinden, was den 25-Jährigen im Innersten bewegt, sprach der Mediziner rund zwölf Stunden mit ihm. Über all das berichtete der Psychiater am Mittwoch, am dritten Verhandlungstag im Mordprozess um den ermordeten 77-jährigen Eltener, vor dem Landgericht Kleve.
Knapp zwei Stunden dauerte der Vortrag des Experten. Doch alle Expertise, alle psychiatrische Finesse prallten an dem Klever Angeklagten ab. „Irgendwas trägt er mit sich herum“, so Kreutz. „Was, konnten wir nicht herauskriegen.“
Der Angeklagte hat einen Intelligenzquotienten von 92, ist also durchschnittlich intelligent. Doch schon da begann für den Gutachter das Dilemma, denn ein anderer Test kam nur auf einen Wert von 72, was der Mediziner aber eher als Folge einer flüchtigen Vorgehensweise verbuchte. „Er war ein Mensch, der mir sehr komplex erschien“, fasste Kreutz seinen ersten Eindruck zusammen. Das war die diplomatische Ausdrucksweise dafür, dass sämtliche Tests mit widersprüchlichen Resultaten endeten. Immerhin, so Kreutz, sei eine „erhöhte Erregbarkeit“deutlich geworden, und auch die Aggressivität liege „im oberen Durchschnitt“.
Die soll sich am 14. Dezember 2017 in einer Bluttat von erschreckender Grausamkeit geäußert haben. Nach einigen vergeblichen Versuchen, das Leben seines 77 Jahre alten Opfers mit roher Gewalt zu beenden, soll der Kraftsportler aus Kleve den Kopf des Mannes mit einem Feuerlöscher zertrümmert haben.
Recht rational schilderte der Angeklagte dem Arzt die Motivlage für sein Verbrechen. Demnach habe er Geld gebraucht, um vernünftig zu essen und um Drogen zu kaufen. Beim Tatgeschehen haben die aber wohl keine Rolle gespielt. Außerdem habe er wissen wollen, wie es ist, jemanden zu töten. Und schließlich sei er mit dem Opfer sexuell intim gewesen, was Kreutz zufolge für den 25-Jährigen mit großer Scham besetzt war. Der einzige Zeuge dieser Kontakte habe gewissermaßen aus dem Weg geräumt werden sollen. Was also ein Motiv wäre.
Insgesamt bescheinigte Kreutz dem Angeklagten eine dissoziale Persönlichkeitsstörung, jedoch ohne große Auswirkungen: „Man kann aus der Grausamkeit einer Handlung nicht auf eine Krankheit schließen.“Für den Klever wird es daher wohl keine Unterbringung in einer Psychiatrie geben. Er selbst rechnet damit wohl auch nicht, wie der Brief an den Adoptivsohn des Opfers zeigt, in dem der Klever von einer Gefängnisstrafe schreibt.
Der Prozess wird am 2. Juli fortgesetzt. Dann sollen die Plädoyers verlesen werden.