Wo die Pandas zuhause sind
Zu Besuch im „grünen“China von Chengdu, Hauptstadt von Sichuan
Hochhäuser, zwischen denen Menschenmassen zu ihrem Rund-um-die-Uhr-Job hasten, und billige Läden mit nachgemachter Luxusware. Zugegeben, das gibt es in China. Aber das Bild, das nach einem Besuch in Chengdu, Hauptstadt der Provinz Sichuan, im Kopf bleibt, ist ein anderes: Blitzsauber gefegte, üppig grüne Parks mit zartrosa Lotusblüten. Lang gestreckte meterhohe Bambusbaumwälder, unter deren sich sanft wiegenden Zweigen man zu den Gehegen der unbeholfen im Baum hängender Pandabären flaniert. Und die Teehäuser im „People’s Park“, in denen die Chinesen sich stundenlang beim Mah JonggSpiel vergnügen, während stets wieder heißes Wasser in die Tässchen mit dem Jasmintee gegossen wird.
Billy, unser 33-jähriger Führer, der sein Lächeln nie ganz verliert, hat den Auftrag, uns die schönen Seiten der Region zu zeigen. 16 Millionen Menschen leben in Chengdu, meist in Hochhauskolonien. Immer neue Ringstraßen sowie eine Metro fangen Verkehr und Menschenströme zuweilen nur mühsam auf. Zwischendrin Dreirad- oder Mopedfahrer bei halsbrecherischen Manövern. Doch die Millionenstadt zeigt vorwiegend in der Rushhour ihre geschäftige Seite und dann fährt man am bes- ten zu ihren grünen Schlupfwinkeln.
Dazu gehört der Garten des Dichters Du Fu, eines Soldaten, der um das Jahr 700 so verträumt von zwitschernden Vögeln und der Aussicht auf die fernen Schneegipfel vor Chengdu schrieb, das man ihm den Militaristen kaum abnimmt. Leider gibt es die Bücher mit seiner Lyrik nur auf chinesisch zu kaufen – wie übrigens das meiste in Chengdu auf Einheimische ausgerichtet ist, egal ob Speisekarte oder Straßenschild. In Andenken an die Heimattreue und Menschenfreundlichkeit des Poe- ten haben Fans sein Bambushochhaus mit Strohdach nachgebaut und einen Park darum herum angelegt, der so beschaffen ist, wie man nach Worten von Du Fu Gäste am besten empfängt: ein Naturereignis mit Brücken über kleine Fließgewässer und Seen sowie gewundenen Wegen zwischen den Bambuspflanzen hindurch. Bambus ist auch die Lieblingsspeise der Pandabären, die Hauptattraktion von Chengdu: Überall begegnet man ihnen, als Abbildung auf Bussen, auf Lesezeichen und natürlich als Plüschtiere. Eine der größten unter den sieben Zuchtstationen des Landes mit 40 Pandas in Gehegen kann man dort besuchen. Hierher stammen auch die beiden Pandas, die ihr neues Zuhause im Berliner Zoo fanden.
Weiter geht es zum Mount Quingcheng, einem früheren Wallfahrtsort des Taoismus (der ehemaligen chinesischen Staatsreligion). „Der Name bedeutet ,Stadt auf dem Berg‘, weil es von weitem so aussieht, als würde dort oben eine Häuseransammlung liegen“, erklärt Billy, während die Gruppe gefühlte 3000 Stufen bis zum Haupttempel emporkeucht.