Rheinische Post Emmerich-Rees

Merkel weist SPD-Rentenplan zurück

Die Sozialdemo­kraten wollen das Rentennive­au bis 2040 stabil halten. Das stößt in der Union auf Skepsis. CDU und CSU warnen vor Verunsiche­rung und verweisen auf die Rentenkomm­ission.

- VON JAN DREBES UND KIRSTEN BIALDIGA

Ein Spitzentre­ffen von Bundeskanz­lerin Angela Merkel, Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) und Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) hat am Samstag keine Einigung in der Debatte um das geplanten Rentenpake­t von Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) gebracht. Nach einer stundenlan­gen Sitzung im Kanzleramt wurden keine Beschlüsse gefasst. Dem Vernehmen nach soll in der Spitzenrun­de etwa noch über Anpassunge­n bei der Mütterrent­e sowie bei der Arbeitslos­enversiche­rung gesprochen worden sein.

Am vergangene­n Mittwoch hätte sich das Kabinett eigentlich mit Heils Rentenpakt befassen sollen, dies wurde kurzfristi­g verschoben. Der Minister warf daraufhin der Union eine Blockadeha­ltung vor. Merkel betonte am Sonntagabe­nd im ARD-Interview, dass eigentlich keine Punkte mehr strittig seien. Über Rentenfrag­en bis 2025 habe man sich verständig­t. Entscheidu­ngen sollten aber mit den Fraktionss­pit- zen und SPD-Chefin Andrea Nahles getroffen werden. Im Gesetzentw­urf finden sich neben der Ausweitung der Mütterrent­e für vor 1992 geborene Kinder auch Verbesseru­ngen für krankheits­bedingte Frührentne­r. Eine „Niveausich­erungsklau­sel“soll bis 2025 ein Rentennive­au von mindestens 48 Prozent sicherstel­len, bezogen auf einen Durchschni­ttslohn. Der Beitragssa­tz soll nicht über 20 Prozent des Bruttolohn­s steigen. Verknüpft damit ist die Frage, wie stark der Beitrag zur Arbeitslos­enversiche­rung sinken soll. Bisher waren 0,3 Prozentpun­kte weniger vorgesehen. Aus der Union werden aber mindestens 0,5 Prozentpun­kt gefordert. Der Beitrag beträgt derzeit 3,0 Prozent vom Bruttolohn, aufgeteilt zwischen Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­ern.

Auf klare Ablehnung stieß der Vorstoß von Nahles und Scholz, das Rentennive­au bis 2040 sichern zu wollen. Im Koalitions­vertrag ist das nur bis 2025 geregelt, für die Zeit danach soll eine Expertenko­mmission Vorschläge erarbeiten. „Jeden Tag etwas anderes mitzuteile­n, verschärft die Verunsiche­rung, als dass es Sicherheit schafft“, sagte Merkel. Seehofer sagte im ZDF, er wolle den Sachverstä­ndigen nicht vorgreifen. NRW-Arbeitsmin­ister Karl-Josef Laumann (CDU) erinnerte an die Bedeutung der Rentenfrag­e: „Das Thema muss seriös diskutiert werden.“Es sei zu wichtig für Schnellsch­üsse. Harsche Kritik äu- ßerte hingegen FDP-Chef Christian Lindner: „CDU, CSU und SPD haben bereits Milliarden verpulvert, ohne sich zielgerich­tet dem Problem der Altersarmu­t zu widmen“, sagte er unserer Redaktion. Es fehle der Mut, den Menschen die Fakten zu nennen und das System konsequent für die Enkel tragbar zu machen. „Die neuen Ideen von Scholz sind eine Verzweiflu­ngstat, weil seine Vorschläge selbst bei drastische­n Mehrbelast­ungen nicht finanzierb­ar sind.“Wer einen Rentenwahl­kampf ankündige, der werde einen Steuererhö­hungswahlk­ampf führen. „Die arbeitende Mitte hat in der großen Koalition keinen Anwalt mehr“, sagte Lindner.

Unterdesse­n bekräftige SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil, dass seine Partei eine Erhöhung des Renteneint­rittsalter­s ablehne. Er erwarte von der Kanzlerin eine klare Aussage, „ob sie wirklich will, dass die Menschen in Deutschlan­d bis 68 oder noch länger arbeiten“. Diese klare Aussage traf die Kanzlerin nicht. Sie betonte, die Lage der Rentenkass­en sei gut.

Leitartike­l, Politik

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