Großeinsatz im Hambacher Forst
300 Polizisten schützen den RWE-Konzern bei Aufräumarbeiten wenige Wochen vor der geplanten Rodung. Ein Umweltverband will die Abholzung per Gericht noch verhindern.
DÜSSELDORF/HAMBACH Mit einem Großaufgebot hat die Polizei Aufräumarbeiten des Energiekonzerns RWE im Hambacher Forst geschützt. „Wir hatten rund 300 Polizisten im Einsatz. Die Maßnahme dauerte bis zum Einbruch der Dunkelheit“, sagte Dirk Weinspach, Polizeipräsident in Aachen. Anfangs habe es vereinzelt Attacken mit Steinen gegeben. Zudem seien eine Bombenattrappe und ein nicht funktionsfähiges Katapult gefunden worden. Die Polizei berichtete von zwei Festnahmen, ansonsten seien die Proteste bis zum Abend friedlich verlaufen.
Im Hambacher Forst verschanzen sich seitWochen Braunkohlegegner, um ein Abholzen von über 100 HektarWald zu verhindern. RWE will mit den Rodungsarbeiten im Oktober beginnen. Sicherheitskreise machen sich auf eine Eskalation der Gewalt gefasst. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte gewarnt, dass man es mit „extrem gewaltbereiten Linksextremen“zu tun habe, die aus ganz Deutschland und dem Ausland anreisten. Michael Mertens, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in NRW, beschrieb die Situation vor Ort so: „Wenn es zur Rodung kommen sollte, erwarten wir den größten Polizeieinsatz in NRW in der Nachkriegsgeschichte.“Zu Beginn des Einsatzes sei Pyrotechnik geworfen worden, berichteten Beamte. Auch seien Polizisten mit Urin bespritzt und mit Fäkalien beworfen worden. Die Polizei schätzte die Zahl der Rodungsgegner im Wald auf 60 bis 100.
Aus Sicht von RWE muss der Wald gerodet werden, um die für die Stromproduktion eingeplante Braunkohle gewinnen zu können. Ein Konzern-Sprecher vermied es aber, einen Zusammenhang zwischen den Aufräumarbeiten und den geplanten Rodungen herzustellen: „Wir sind lediglich unserer Verkehrssicherungspflicht für den Forst nachgekommen. Es darf dort keiner zu Schaden kommen.“
Tatsächlich steht noch eine gerichtliche Entscheidung aus, ob RWE die Rodungsarbeiten wie geplant am 1. Oktober aufnehmen darf. Der Bund für Umwelt und Na- turschutz Deutschland hat einen Eilantrag eingereicht, um dies noch zu verhindern. Nach Auskunft einer Sprecherin des Oberverwaltungsgerichts Münster hat der Essener Konzern zwei Wochen Zeit für eine Stellungnahme. Das Gericht werde dafür sorgen, dass spätestens bis Oktober Klarheit herrsche. Entwe- der durch eine Entscheidung in der Sache oder durch einen Hängebeschluss, der verhindere, dass RWE vorzeitig Tatsachen schaffe. Möglich sei auch eine Stillhaltezusage des Konzerns, so die Sprecherin.
Gleichwohl gehen NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und Oppositionsführer Thomas Kutschaty (SPD) bereits davon aus, dass RWE das Recht auf Abholzung zusteht. Ähnlich äußerte sich FDP-Innenexperte Marc Lürbke: „Die Sachlage ist klar: Das Recht ist zweifelsfrei aufseiten von RWE.“Grünen-Fraktionschefin Monika Düker appellierte hingegen an Laschet, sich für ein Rodungsmoratorium einzusetzen.
Auch Grünen-Chefin Annalena Baerbock kritisierte die Aktion von Mittwoch: „Im Hambacher Wald läuft eine absurde Machtdemonstration auf dem Rücken der Polizei für eine Energiepolitik aus dem letzten Jahrhundert“, sagte Baerbock unserer Redaktion. Statt jahrhundertealte Bäume zu fällen, müsse für alle Beteiligten das Motto gelten: Reden statt Roden“.