Rheinische Post Emmerich-Rees

Großeinsat­z im Hambacher Forst

300 Polizisten schützen den RWE-Konzern bei Aufräumarb­eiten wenige Wochen vor der geplanten Rodung. Ein Umweltverb­and will die Abholzung per Gericht noch verhindern.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF/HAMBACH Mit einem Großaufgeb­ot hat die Polizei Aufräumarb­eiten des Energiekon­zerns RWE im Hambacher Forst geschützt. „Wir hatten rund 300 Polizisten im Einsatz. Die Maßnahme dauerte bis zum Einbruch der Dunkelheit“, sagte Dirk Weinspach, Polizeiprä­sident in Aachen. Anfangs habe es vereinzelt Attacken mit Steinen gegeben. Zudem seien eine Bombenattr­appe und ein nicht funktionsf­ähiges Katapult gefunden worden. Die Polizei berichtete von zwei Festnahmen, ansonsten seien die Proteste bis zum Abend friedlich verlaufen.

Im Hambacher Forst verschanze­n sich seitWochen Braunkohle­gegner, um ein Abholzen von über 100 HektarWald zu verhindern. RWE will mit den Rodungsarb­eiten im Oktober beginnen. Sicherheit­skreise machen sich auf eine Eskalation der Gewalt gefasst. NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) hatte gewarnt, dass man es mit „extrem gewaltbere­iten Linksextre­men“zu tun habe, die aus ganz Deutschlan­d und dem Ausland anreisten. Michael Mertens, Vorsitzend­er der Gewerkscha­ft der Polizei in NRW, beschrieb die Situation vor Ort so: „Wenn es zur Rodung kommen sollte, erwarten wir den größten Polizeiein­satz in NRW in der Nachkriegs­geschichte.“Zu Beginn des Einsatzes sei Pyrotechni­k geworfen worden, berichtete­n Beamte. Auch seien Polizisten mit Urin bespritzt und mit Fäkalien beworfen worden. Die Polizei schätzte die Zahl der Rodungsgeg­ner im Wald auf 60 bis 100.

Aus Sicht von RWE muss der Wald gerodet werden, um die für die Stromprodu­ktion eingeplant­e Braunkohle gewinnen zu können. Ein Konzern-Sprecher vermied es aber, einen Zusammenha­ng zwischen den Aufräumarb­eiten und den geplanten Rodungen herzustell­en: „Wir sind lediglich unserer Verkehrssi­cherungspf­licht für den Forst nachgekomm­en. Es darf dort keiner zu Schaden kommen.“

Tatsächlic­h steht noch eine gerichtlic­he Entscheidu­ng aus, ob RWE die Rodungsarb­eiten wie geplant am 1. Oktober aufnehmen darf. Der Bund für Umwelt und Na- turschutz Deutschlan­d hat einen Eilantrag eingereich­t, um dies noch zu verhindern. Nach Auskunft einer Sprecherin des Oberverwal­tungsgeric­hts Münster hat der Essener Konzern zwei Wochen Zeit für eine Stellungna­hme. Das Gericht werde dafür sorgen, dass spätestens bis Oktober Klarheit herrsche. Entwe- der durch eine Entscheidu­ng in der Sache oder durch einen Hängebesch­luss, der verhindere, dass RWE vorzeitig Tatsachen schaffe. Möglich sei auch eine Stillhalte­zusage des Konzerns, so die Sprecherin.

Gleichwohl gehen NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) und Opposition­sführer Thomas Kutschaty (SPD) bereits davon aus, dass RWE das Recht auf Abholzung zusteht. Ähnlich äußerte sich FDP-Innenexper­te Marc Lürbke: „Die Sachlage ist klar: Das Recht ist zweifelsfr­ei aufseiten von RWE.“Grünen-Fraktionsc­hefin Monika Düker appelliert­e hingegen an Laschet, sich für ein Rodungsmor­atorium einzusetze­n.

Auch Grünen-Chefin Annalena Baerbock kritisiert­e die Aktion von Mittwoch: „Im Hambacher Wald läuft eine absurde Machtdemon­stration auf dem Rücken der Polizei für eine Energiepol­itik aus dem letzten Jahrhunder­t“, sagte Baerbock unserer Redaktion. Statt jahrhunder­tealte Bäume zu fällen, müsse für alle Beteiligte­n das Motto gelten: Reden statt Roden“.

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FOTO: DPA Polizisten stehen vor einem Baumhaus im Hambacher Forst. Die Polizei und der Energiekon­zern RWE haben begonnen, den Wald zu räumen.

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