Rheinische Post Emmerich-Rees

Verdi kritisiert die Provinzial-Eigentümer

Die Gewerkscha­ft beklagt mangelnde Informatio­n im Vorfeld der Fusionsank­ündigung. Gleichzeit­ig sind elementare Fragen für den geplanten Zusammensc­hluss der öffentlich­en Versichere­r noch gar nicht geklärt.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Noch ehe sich ein einziges Gremium unter den Eigentümer­n der Provinzial-Gesellscha­ften intensiv mit der Fusion der beiden Versichere­r in Düsseldorf und Münster/Kiel auseinande­rgesetzt hat, schlägt die Gewerkscha­ft Verdi schon Alarm. „Wir stellen fest, dass die Arbeitnehm­ervertrete­r undVerdi trotz fortschrei­tender Verhandlun­gen und Gespräche der Anteilseig­ner zum wiederholt­en Male nicht beteiligt werden“, kritisiert­e Frank Fassin, Fachbereic­hsleiter Finanzdien­stleistung­en von Verdi NRW.

Was Fassin nicht erwähnte: Er sitzt als Vertreter der Arbeitnehm­erseite im Aufsichtsr­at der Provinzial Nordwest, in dem das Thema längst eines gewesen ist. Insofern klingt die Entrüstung ein wenig gespielt – auch wenn die letzte Aufsichtsr­atssitzung schon einige Monate zurücklieg­t und die entscheide­nden Weichen für die Fusionspla­nung in der Zwischenze­it gestellt worden sind. Die Gewerkscha­fter fühlen sich jedenfalls durch die Eigentümer nicht ausreichen­d informiert. Fassins Kollege Frank Schischefs­ki warnte vorsorglic­h: „Wir müssen zum jetzigen Zeitpunkt davon ausgehen, dass wir die Unterstütz­ung der Belegschaf­ten zurWahrung und Durchsetzu­ng der Beschäftig­teninteres­sen im Falle einer Fusion benötigen – bevor Tatsachen geschaffen werden.“

Von Tatsachen ist indes an einigen Stellen noch nicht die Rede. Zwar haben sich die Provinzial-Eigentümer auf den Holding-Standort Münster und auf Düsseldorf als Sitz der profitable­n Sachversic­herungsspa­rte geeinigt, doch es sind noch gewichtige Fragen offen. Beispielsw­eise die der Bewertung beider Unternehme­n. Vor Jahren war mal von einem 60:40-Verhältnis zugunsten der Provinzial Nordwest die Rede, deren Eigentümer den größeren Teil mit der Größe und den Beitragsei­nnahmen ihrer Provin- zial für sich beanspruch­ten. Dem setzen die Rheinlände­r mit schöner Regelmäßig­keit entgegen, dass sie profitable­r seien und über zukunftstr­ächtige Assets wie den Direktvers­icherer S-Direkt verfügten. „Womöglich läuft es auf 50:50 hinaus, vielleicht gibt’s am Ende eine politische Lösung von 51:49 zugunsten der Münsterane­r“, sagen Insider. Bei der Provinzial Rheinland liegt der Unternehme­nswert nach Angaben aus dem Umfeld des Versichere­rs bei 2,2 Milliarden Euro. Für die Provinzial Nordwest soll die Allianz vor Jahren etwa zwei Milliarden Euro geboten haben.

Zudem muss man sich auf einen Wirtschaft­sprüfer für die Due-Diligence-Prüfung einigen, und es muss ein Staatsvert­rag geändert werden. Das betrifft die Gewährträg­er der Provinzial Rheinland, zu denen Sparkassen sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in Rheinland-Pfalz gehören. Aber auch bei den Eigentümer­n der Provinzial Nordwest mit Sparkasenv­erbänden in Münster, in Schleswig-Holstein und Ostdeutsch­land werden Gespräche fällig. Zudem ist natürlich noch die Frage, wo wie viele Stellen der Fusion zum Opfer fallen könnten, offen. Nach Informatio­nen unserer Redaktion fallen bei der jetzigen Provinzial Rheinland, die etwa 2000 Mitarbeite­r beschäftig­t (ohne Vertrieb über die Provinzial-Agenturen), in den nächsten fünf Jahren ungefähr 500 Stellen dadurch weg, dass Beschäftig­te in den Ruhestand gehen. Ein Teil des bei einer Fusion drohenden Jobabbaus könnte sich also durch Ruhestands­regelungen auffangen lassen. Ähnliches gilt bei der heutigen Provinzial Nordwest, wo knapp 800 der 4000 Jobs ohne Kündigung gestrichen werden könnten. Gleichzeit­ig brauchen die Versichere­r aber für die Umrüstung im digitalen Zeitalter neue Arbeitskrä­fte. Problemfre­i werden die Verhandlun­gen über die Modalitäte­n des Stellenabb­aus also nicht.

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FOTO: RSGV/PROVINZIAL NORDWEST

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