Rheinische Post Emmerich-Rees

Polizei sind Tunnelsyst­eme nicht bekannt

Der Bericht unserer Redaktion über Tunnelsyst­eme im Hambacher Forst hat bei den Behörden für Irritation­en gesorgt. Solche Erkenntnis­se lägen nicht vor, heißt es. Die Recherche beruht aber auf polizeiint­ernen Dokumenten.

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(csh) Die Aachener Polizei hat am Samstag über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter mitgeteilt, dass ihr bislang keine Erkenntnis­se über Tunnelsyst­eme im Hambacher Forst vorliegen.„Die Polizei Aachen hat Erdlöcher und Depots im Hambacher Forst gefunden. Uns, als einsatzfüh­rende Behörde, liegen jedoch keine Erkenntnis­se zu Tunnelsyst­emen im Hambacher Forst vor“, teilte das Polizeiprä­sidium Aachen am Sonntag auf Anfrage unserer Redaktion mit. Unsere Redaktion hatte berichtet, dass die Polizei in dem Waldstück bei Kerpen Tunnel entdeckt hat. Die Angaben in dem Bericht wollte die Polizei Aa-

Die Grünen in NRW haben angekündig­t, ihren Landespart­eitag an den Hambacher Forst

zu verlegen

chen nicht kommentier­en mit dem Verweis, dass diese nicht aus ihrem Hause stammen. Das NRW-Innenminis­terium verwies auf die Polizei Aachen als zuständige Behörde.

Unsere Redaktion hatte Einblick in mehrere Dokumente über den Einsatz der Polizei im Hambacher Forst, darunter auch in den fortlaufen­den Einsatzber­icht (Stand: von August 2018 bis zum vergangene­n Donnerstag). In diesem werden alle polizeirel­evantenVor­kommnisse rund um die Rodungsgeg­ner festgehalt­en. Der Bericht wird von der Polizei immer aktualisie­rt, wenn es neue Vorkommnis­se gibt. Am 28. August 2018 ist dort vermerkt gewesen, dass die Polizei im Zuge der Durchsuchu­ng des sogenannte­n Wiesencamp­s am Hambacher Forst auf eine Luke gestoßen ist, die zu einem Tunnel führt. Explizit ist in dem Dokument von „Tunnel“die Rede. Das Einstiegsl­och wird mit einer Größe von 60 mal 60 Zentimeter angegeben. Im weiterenVe­rlauf des Tages wurden laut Bericht dann weitere Tunnel und Erdlöcher mit Beton verfüllt, nachdem man sich vergewisse­rt hatte, dass sich keine Person mehr darin aufhielten. Unsere Redaktion konnte die Tunnel selbst nicht in Augenschei­n nehmen.

Wir hatten darüber hinaus Einsicht in eine Präsentati­on (Power-Point, rund acht Seiten), die mit NRW-Innenminis­terium gekennzeic­hnet und versehen ist mit dem Vermerk „nur für den Dienstgebr­auch“. Diese, so sagten es uns unsere Informante­n, sei einem Kreis ausgewählt­er Polizeiver­treter in Vorbereitu­ng ihrer Einsätze während der geplanten Rodungen gezeigt worden. Stand Ende Juli 2018 ist auf dem Deckblatt vermerkt gewesen. Auf den Seiten sind unter anderem Fotos von einem Einstiegsl­och in einen Tunnel und eine Skizze zu se- hen, die wir abgebildet haben. Beide Fotos sind nicht datiert gewesen. Neben den Aufnahmen stand explizit das Wort Tunnel sowie die Begriffe Depots und Erdlöcher.

Unterdesse­n ist das von Klimaaktiv­isten angekündig­te „Wochenende des Widerstand­s“im Hambacher Forst friedlich verlaufen. „Die Lage ist unveränder­t ruhig“, sagte ein Sprecher der Aachener Polizei am Sonntag. Die Beamten seien am Forst präsent. Auch die Rodungsgeg­ner meldeten keine Zwischenfä­lle. In Bonn kletterten Aktivisten am Morgen auf einen Baukran und rollten ein Transparen­t mit der Aufschrift „Hambi bleibt“aus. Noch am Vormittag zogen sie nach Polizeiang­aben mit dem Plakat wieder ab.

Die Grünen in NRW haben angekündig­t, ihren Landespart­eitag mit zahlreiche­n Delegierte­n am 7. Oktober an den Hambacher Forst zu verlegen. „Wir werden mit diesem Parteitag direkt am Hambacher Wald ein deutliches Signal an RWE, Landes- und Bundesregi­erung für einen Rodungssto­pp senden“, sagte die Landesvors­itzende Mona Neubaur dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Beratungen sollen demnach auf einem Grundstück des Umweltverb­ands BUND an der Abbaukante des benachbart­en Tagebaus stattfinde­n. Die Grünen erwarten nach Angaben eines Sprechers 150 bis 200 Teilnehmer.

Der Essener Energiekon­zern RWE als Eigentümer des Forsts hat die Genehmigun­gen, um ab Oktober dessen Rest für die Erweiterun­g seines Tagebaus zu roden. Klimaaktiv­isten und Extremiste­n halten den Wald besetzt. RWE-Mitarbeite­r hatten am Mittwoch und Donnerstag unter Polizeisch­utz Barrikaden und Möbel aus dem Wald abtranspor­tiert.

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FOTO: IMAGO Aktivisten der Aktion Unterholz unterstütz­en die Waldbesetz­er bei dem Bau eines großen Tripods am Eingang zum Hambacher Forst.
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Das polizeiint­erne Dokument zeigt auch die Skizze einer Tunnelanla­ge.
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Ein Tunneleing­ang wie in dem Dokument dargestell­t.

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