Rheinische Post Emmerich-Rees

Debütant Schulz rettet DFB-Elf

Beim 2:1 (1:1) im Testspiel gegen Peru sticht kein deutscher Nationalsp­ieler heraus. Drei Profis feiern ihre Premiere im Nationaldr­ess.

- VON GIANNI COSTA

Es gibt doch noch Orte, an denen für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) die Welt in Ordnung ist. An denen man dankbar ist, dass „Die Mannschaft“mal einen Zwischenst­opp einlegt. Sinsheim im Kraichgau zum Beispiel, 35.482 Einwohner. In dem beschaulic­hen Ort gibt es durch Dietmar Hopp, den SAP-Gründer und Förderer der TSG 1899 Hoffenheim, auch ein Stadion, pardon, eine Arena. Sie hat bei internatio­nalen Partien ein Fassungsve­rmögen von 25.494 Zuschauern. Als am Sonntagabe­nd Deutschlan­d zum Testspiel Peru empfangen hat, da war die vergleichs­weise kleine Fußballbüh­ne binnen kurzer Zeit komplett ausverkauf­t. Eine Bestätigun­g für den DFB, der das Spiel aus Furcht vor möglichen Störungen durch Fans von Frankfurt am Main nach Sinsheim verlegt hatte. An anderen Orten wäre bei diesem Gegner die Anziehungs­kraft wohl nicht so groß gewesen. In der Kurpfalz jedenfalls sollten die Akteure von Bundestrai­ner Joachim Löw endlich mal wieder befreit aufspielen – ohne lästige Störgeräus­che. Ein Vorhaben, das in der Umsetzung von den Südamerika­nern torpediert wurde. Mit Kampf und Leidenscha­ft stemmten sie sich gegen eine deutsche Mannschaft, die den Willen hatte, der es aber noch an Struktur im Zusammensp­iel mangelte. Am Ende reichte es zu einem 2:1 (1:1). Die deutschen Spieler in der Einzelkrit­ik:

Marc-André ter Stegen Der Torhüter hatte sich mit Leistungen des Prädikats „Weltklasse“in Diensten des FC Barcelona berechtigt­e Hoffnungen gemacht, auch bei der Nationalel­f befördert zu werden. Doch Löw hält prinzipiel­l an Manuel Neuer fest. Pech für ter Stegen: Gegen Peru konnte er trotz Startelf-Einsatz keine Werbung in eigener Sache machen. Beim Gegentreff­er war er nicht schuldlos. Ansonsten fehlte ihm etwas die Anbindung ans Spiel. Note 4

Matthias Ginter Der Mönchengla­dbacher lieferte eine insgesamt starke Vorstellun­g ab. Er erledigte seine Aufgaben in der Defensive gewissenha­ft und schaltete sich auch im- mer wieder in die Offensive ein. Er hätte es verdient, dauerhaft von Löw eingesetzt zu werden. Note 2-

Jerome Boateng Er ist der Fels in der Brandung – manchmal allerdings hinkt er deutlich hinterher, weil er sich zu viel zumutet. Ihm fehlt noch ein wenig die Explosivit­ät vergangene­r Tage. Aber es gibt keine ernsthafte Alternativ­e zu dem Bayern-Spieler. Note 3+ Niklas Süle Machte einen unaufgereg­ten Job an alter Wirkungsst­ätte. Auch immer wieder nach vorne orientiert. Wirkt mitunter etwas hölzern. Braucht deutlich mehr Spielpraxi­s in der deutschen Nationalel­f. Beim Gegentreff­er war er etwas orientieru­ngslos. Note 3-

Nico Schulz Hat sich zu einem starken Bundesliga­profi entwickelt und konnte auch in der National- elf in Ansätzen seine Stärken vorführen. Musste aber Lehrgeld zahlen – das Führungsto­r der Peruaner ging auf seine Kappe. Ließ sich etwas zu sehr nach vorne locken und verlor so die Anbindung an den Gegenspiel­er. Dagegen gelang ihm der Siegtreffe­r. Note 3+

Joshua Kimmich Ist von Löw nun offiziell als „Sechser der Zukunft“auserkoren worden und spielt auf dieser Position auch schon in der Gegenwart beim FCB. Allerdings mit noch deutlich Luft nach oben. Gegen Peru ist er immer mal wieder nur hinterherg­elaufen und konnte nicht das Spiel der DFB-Elf beruhigen. Note 4

Ilkay Gündogan Deutete mehr als einmal an, warum er einer der Stützpfeil­er im neuen deutschen System sein kann. Ein filigraner Techniker, der immer wieder versuchte zu dirigieren und war sich auch nicht zu schade, dazwischen zu gehen. Baute aber mit fortlaufen­der Dauer immer mehr ab. Note 3

Toni Kroos Manchmal braucht er nur eine Szene, um den Unterschie­d auszumache­n. Beim Ausgleichs­treffer war er maßgeblich als Vorbereite­r beteiligt. Aber auch Kroos drosselte das Tempo und ging bei diesem Freundscha­ftsspiel nicht über die Schmerzgre­nze. Note 3+

Julian Brandt Viele hatten ihn schon länger in der Startelf gefordert. Nun sollte er zeigen, was er drauf hat. Ergebnis: trotz eines Treffers eher durchwachs­en. Weil Brandt gehemmt wirkte und eben nicht jenen Wirbel machte, den man sich von ihm erhofft. Da geht noch mehr. Note 3+

Timo Werner Blieb einmal mehr blass. Steckt derzeit auch im Verein im Leistungsl­och. Kann nicht seine

Deutschlan­d: ter Stegen - Ginter (72. Kehrer), Boateng (46. Rüdiger), Süle, N. Schulz - Kimmich - Brandt (70. Petersen), Gündogan (84. Müller), Kroos, Werner (88. Havertz) - Reus (46. Draxler).

Peru: Gallese - Advincula, Araujo, Santamaria, Trauco - Yotun (76. Calcaterra), P. Aquino - Cueva, Farfán, Flores (67. Lopes) - Ruidiaz.

Tore: 0:1 Advincula (22.), 1:1 Brandt (25.), 1:2 Schulz (85.)

Gelbe Karte: Advincula.

Schiedsric­hter: Robert Schörgenho­fer (Österreich) Zuschauer: 25.494 (ausverkauf­t)

Schnelligk­eit einsetzen. Ist aber einer, auf den Löw aufgrund seinerVari­abilität und Schnelligk­eit in Zukunft bauen wird. Note 4

Marco Reus War völlig von der Rolle. Er wurde gut in Szene gesetzt, war aber mal wieder nicht effektiv genug vor dem gegnerisch­en Tor. Einfach zu wenig in seiner Güteklasse. Note 4-

Antonio Rüdiger Ist ein Stabilisat­or in der Defensive und hat die Vertretung von Innenverte­idiger Boateng ab Halbzeit zwei vernünftig gelöst. Rüdiger ist wichtig für Coach Löw, weil er auch außen eingesetzt werden kann. Note 3

Julian Draxler Er will so viel und liefert doch eher bescheiden ab. Draxler konnte sich auch in der eher insgesamt schwachen zweiten Halbzeit nicht großartig auszeichne­n. Note 4

Nils Petersen, Thilo Kehrer, Thomas Müller und Kai Havertz wechselte der Bundestrai­ner in Sinsheim spät ein, sie bleiben daher ohne Bewertung. Gegen Peru feierten Schulz, Kehrer und Havertz ihr Nationalel­f-Debüt.

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FOTO: DPA Im „Wohnzimmer“in Sinsheim: Thomas Müller (r.) gratuliert dem Hoffenheim­er Nico Schulz zum Tor.
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