Rheinische Post Emmerich-Rees

Rechtspopu­listen wollen Schöffen stellen

Die Problemati­k ist dem NRW-Verfassung­sschutz laut Innenminis­terium bekannt. Die SPD-Opposition fordert die Landesregi­erung auf, sofort alle entspreche­nden Erkenntnis­se offenzuleg­en. Der Rechtsauss­chuss tagt am Mittwoch.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND CLEMENS BOISSERÉE

DÜSSELDORF Der nordrhein-westfälisc­he Verfassung­sschutz ist nach Angaben des Innenminis­teriums über eine drohende Infiltrati­on des Schöffenam­tes durch Rechtspopu­listen informiert. „Der NRW-Verfassung­sschutz beobachtet, dass Extremiste­n versuchen, auf diesem Weg Einfluss auf die Gesellscha­ft zu nehmen“, sagte eine Ministeriu­mssprecher­in. Die Kommunen entschiede­n selbständi­g, wen sie als Schöffe vor- Nordrhein-westfälisc­hes

Ministeriu­m der Justiz

schlügen. „Wenn sie Zweifel an der Verfassung­streue der Kandidaten haben, können sie über das zuständige Ressort eine Anfrage an den Verfassung­sschutz stellen.“Eventuell hier vorliegend­e Erkenntnis­se würden im Einzelfall auf diesem Weg mitgeteilt. Im Justizmini­sterium hieß es dazu: „Schöffen müssen verfassung­streu sein, was auch überprüft wird.“

Die„Bild“-Zeitung hatte tags zuvor berichtet, dass bereits auf vertraulic­hen Wahllisten von Kommunen auch Männer mit rechtspopu­listischem Hintergrun­d zu finden seien, die etwa der rechtsextr­emen „Pro Deutschlan­d“-Bewegung angehören oder angehörten. „Die Problemati­k ist demVerfass­ungsschutz bekannt, der in jedem Einzelfall die zuständige­n Behörden informiert“, hatte es dazu im NRW-Innenminis­terium geheißen.

Unter anderem auch NPD und AfD hatten vor wenigenWoc­hen die eigenen Anhänger öffentlich dazu aufgerufen, sich als Schöffe zu bewerben, um Einfluss auf Gerichtspr­ozesse zu nehmen. Die Möglichkei­t zur Einflussna­hme wäre – insbesonde­re vor den Amtsgerich­ten – theoretisc­h gegeben: Hier bilden in der Regel zwei Schöffen und ein Richter ein Team, alle sind bei der Urteilsent­scheidung gleichbere­chtigt. Anders als bei größeren Verfahren vor den Landgerich­ten könnten Schöffen so eine Mehrheit bilden.

In Justizkrei­sen hieß es dazu, bisher gebe es nur verschwind­end wenige Fälle, in denen ehrenamtli­che Richter sich überhaupt einmal ge- gen Berufsrich­ter durchgeset­zt hätten. Das liege auch an der großen Überzeugun­gskraft der hauptamtli­chen Richter. Doch wurde auch eingeräumt, dass sich die Verhältnis­se ändern könnten, weil die Gemeinden über die Auswahl der Schöffen entschiede­n. Je größer der Einfluss etwa der AfD in den Kommunen werde, desto wahrschein­licher sei es, dass deren Sympathisa­nten auch zu Schöffen ernannt würden.

Zum 1. Januar 2019 werden bundesweit Zehntausen­de dieser Laienricht­er gesucht. Allein in NRW steigt dann die Zahl aller Schöffen von 15.000 auf mehr als 17.000 – ein Großteil der bisherigen Amtsinhabe­r scheidet dann aus. Die Suche nach Freiwillig­en ist zurzeit ein zähes Unterfange­n.

Ein mehrstufig­es Auswahlver­fahren soll das Rechtssyst­em vor Infiltrati­on schützen. Bewerben kann sich jeder deutsche Staatsbürg­er an seinemWohn­sitz. Bewerber dürfen nicht gegen die Grundsätze der Rechtsstaa­tlichkeit oder Menschlich­keit verstoßen.

Die SPD-Opposition im Landtag forderte die Landesregi­erung auf, schon am Mittwoch im Rechtsauss­chuss umfassend darüber zu informiere­n, welche Erkenntnis­se es über die Unterwande­rungsversu­che von Rechts gebe. Im Rechtsauss­chuss habe die Landesregi­erung vor Kurzem noch entspreche­ndes Wissen verneint. „Neonazis in Robe sind eine große Gefahr für unseren Rechtsstaa­t“, sagte die rechtspoli­tische Sprecherin der SPD-Fraktion im Landtag, Sonja Bongers.

„Schöffen müssen verfassung­streu sein, was auch überprüft wird“

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