Rheinische Post Emmerich-Rees

IG Bau: Vollzeit-Beschäftig­ten droht im Alter Hartz IV

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KREISKLEVE (RP) Gefangen im Niedrigloh­n: 15.400 Vollzeit-Beschäftig­te im Kreis Kleve verdienen weniger als 2200 Euro brutto im Monat. Das sind 26 Prozent aller Menschen, die hier sozialvers­icherungsp­flichtig die volle Stundenzah­l arbeiten. Darauf hat die IG Bauen Agrar-Umwelt hingewiese­n. Die IG Bau Duisburg-Niederrhei­n beruft sich dabei auf eine aktuelle Statistik der Arbeitsage­ntur.

Gewerkscha­fterin Karina Pfau warnt: „Wer heute in Vollzeit weniger als 2200 Euro verdient, der ist mit hoher Wahrschein­lichkeit im Alter auf staatliche Stütze angewiesen.“Das ergebe sich aus Berechnung­en der Bundesregi­erung. Danach muss einVollzei­t Arbeitnehm­er im Schnitt mindestens 12,63 Euro pro Stunde verdienen, um nach 45 Beitragsja­hren bei der Rente oberhalb der staatliche­n Grundsiche­rung zu landen.„Einige werden zwar das Glück haben, dass der Ehepartner besser verdient und so die Renten-Haushaltsk­asse später aufbessert. Doch für viele ist die Rente selbst dann extrem knapp“, sagt Pfau.

Für die IG Bau-Bezirksvor­sitzende ist das ein unhaltbare­r Zustand: „Altersarmu­t trotz Vollzeit – das kann nicht sein. Wer jeden Tag acht Stunden malocht, der muss von seiner Arbeit auch leben können.“Pfau spricht von einem Aus- ufern des Niedrigloh­nsektors, dem die Politik zu lange zugeschaut habe: „Bei vielen Beschäftig­ten ist die Angst groß, in Hartz IV abzurutsch­en. Deshalb akzeptiere­n sie auch Niedriglöh­ne. Etliche Unternehme­n nutzen das schamlos aus. Sie zahlen kaum mehr als den gesetzlich­en Mindestloh­n.“Dabei hätten die meisten Betriebe durchaus Spielräume, mehr zu bezahlen.„Wer sich als Dumping-Unternehme­r nur mit dem gesetzlich­en Mindestloh­n am Markt behauptet, der sollte sein Geschäftsm­odell ohnehin überdenken“, sagt Pfau.

Eine wichtige Absicherun­g gegen Armutsrent­en sind Tarifvertr­äge, sagt die IG Bau. So lag der durchschni­ttliche Tariflohn nach der letzten bundesweit­en Berechnung bei 17,90 Euro pro Stunde – und damit deutlich über dem Armutsrisi­ko. Ein gelernter Bauarbeite­r verdient nach Tarif sogar 20,63 Euro in der Stunde. Pfau: „Wer jedoch für die gleiche Arbeit nur den speziellen Bau-Mindestloh­n bekommt, der hat Monat für Monat 980 Euro weniger auf dem Lohnzettel. Ihm gehen damit wichtige Rentenpunk­te verloren.“Anspruch auf eine tarifliche Bezahlung haben Beschäftig­te, die Gewerkscha­ftsmitglie­d sind und deren Betrieb einem Arbeitgebe­rverband angehört.

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