„NRW verneigt sich vor den Bergleuten“
Beim Festakt zum Ende des Steinkohlebergbaus warnen NRW und Saarland vor Fremdenfeindlichkeit.
DÜSSELDORF Armin Laschet fährt nächste Woche ein letztes Mal ein – auf Prosper Haniel, der letzten deutschen Zeche. „Das mache ich ganz bewusst mit früheren Gastarbeitern“, kündigt der NRW-Ministerpräsident an. Diese hätten einen wichtigen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg geleistet. Und: Unter Tage sei es nicht darauf angekommen, welche Religion man hatte. „Keiner hat gefragt: Gehört der Islam zu Deutschland? Sondern: Kann ich mich auf dich verlassen?“. So wird die Feierstunde der Landtage von NRW und Saarland in Düsseldorf auch ein Aufruf gegen Fremdenfeindlichkeit und für mehr Zusammenhalt.
Am 21. Dezember fährt die letzte Schicht auf Prosper Haniel ein, in Ibbenbüren ist seit August Schicht im Schacht, im Saarland seit 2012. „Hier gehen 150 Jahre Industriegeschichte zu Ende, so etwas hat es in der deutschen Geschichte nicht ge- geben“, sagt Werner Müller. Der Architekt des Ausstiegs ist über einen Film zugeschaltet. Wegen seiner Erkrankung kann er nicht live dabei sein. Müller: „Der Bergbau hinterlässt ein kraftvolles Erbe.“
Das zeigt sich nicht nur in der Folklore. „NRW hat der Kohle viel zu verdanken“, sagt Laschet. In den 60er Jahren haben eine halbe Million Menschen allein im Ruhr-Bergbau gearbeitet. Die Mitbestimmung sei auf Zechen erkämpft worden. Zugleich stehe die Kohle mit der Montanunion am Anfang der EU.„Diese europäische Erfolgsgeschichte lassen wir uns nicht kaputt machen.“
Michael Vassilliadis, selbst Sohn eines griechischen Gastarbeiters und Chef der IG BCE, sagt: „Heute ist kein Tag der Freude, sondern des Respekts.“Etwa 600.000 Stellen seien über Jahrzehnte im Bergbau verloren gegangen. Dass dies sozialverträglich ablief, sei auch der Tarifpolitik zu verdanken.
In den 70er Jahren setzte das Zechensterben ein, deutsche Kohle war zu teuer. 100 Milliarden Euro Subventionen wurden gezahlt. 2007 beschloss Deutschland den Ausstieg bis 2018. Doch auch ein angekündigter Ausstieg kann schmerzen: Der Ruhrkohle-Chor spielt im Landtag Bergmannslieder und die BVB-Hymne „You’ll never walk alone“. Alle früheren NRW-Ministerpräsidenten außer Peer Steinbrück sind gekommen, die Chefs der Ruhrkonzerne von Evonik bis RWE. 120 Kumpel sitzen in weißer oder oranger Arbeitskleidung auf der Tribüne. Zum Schluss singen alle „Glück auf, der Steiger kommt“. DieWehmut ist greifbar.„Der Abschied von der Kohle wird schwerfallen“, sagt Laschet.