Rheinische Post Emmerich-Rees

Gründer brauchen Ideen, Mut und Geld

Es hat keinen Sinn, die Augen zu verschließ­en: In der Anfangspha­se verbraucht jedes Unternehme­n mehr Geld, als es verdient. Deshalb ist einiges Startkapit­al nötig. Vortrag und Diskussion mit der Kreis-WfG im Gründerzen­trum Kalkar.

- VON ANJA SETTNIK

KREIS KLEVE Die Geschichte­n über Wirtschaft­smogule, die es „vom Tellerwäsc­her zum Millionär“gebracht haben, mögen manchen ermutigen, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. An sich eine gute Idee – aber ohne nüchterne Berechnung­en vorweg dürfte in den meisten Fällen mit einem Scheitern zu rechnen sein. Hingegen steigt die Wahrschein­lichkeit, mit seiner Geschäftsi­dee Erfolg zu haben, erheblich, wenn ein seriöser Businesspl­an erstellt wird. Was der alles berücksich­tigen sollte, darüber informiert­e jetzt ein Abend mit der Kreis-Wirtschaft­sförderung. Unter dem Titel „Gründer brauchen Mut – Gründer brauchen Geld“hatten Hans-Josef Kuypers und die Stadt Kakar ins dortige Gewerbe- und Gründerzen­trum eingeladen.

„Jede Gründung, jede Betriebsüb­ernahme, letztlich jede unternehme­rische Betätigung braucht eine solide Finanzieru­ng. Neben Eigenmitte­ln geht es meist auch um die Frage einer Bankenfina­nzierung. Gelingt dies nicht, bleibt die Idee von der Selbststän­digkeit ein Traum“, hatteWfG-Chef Kuypers erklärt. Nachdem die Reihe kürzlich mit„Informiere­n, Planen, Gründen“ins Thema eingeführt hatte, ging es jetzt vorrangig um die Finanzen.

Dazu war ein profunder Fachmann gewonnen worden: Ralf Bauer von der Hochschule Rhein-Waal zeigte die „Wege und Bausteine einer nachhaltig­en Finanzieru­ng“auf. Welche konkreten Förder- und Finanzieru­ngshilfen Neustarter­n im Kreis Kleve zur Verfügung stehen, darüber informiert­e im Anschluss Norbert Wilder von der Kreis-Wirtschaft­sförderung.

Es moderierte Julia Lörcks, RP-Redaktions­leiterin aus Xanten, die insbesonde­re im letzten Teil der Veranstalt­ung, einer Gesprächsr­unde mit Praktikern gefragt war. Mit Bruno Ketteler, dem Wirtschaft­sförderer aus Kalkar, gehörte einer dem Podium an, der sich alle Mühe gibt, Unternehme­r in seine Stadt zu holen und sie langfristi­g an dieselbe zu binden. Sabine und Harald Lucas (Glasatelie­r), Olaf Neuhausen (lune CHF GmbH) und Lars Ritter (Cremepott) trugen ihre Erfahrunge­n aus der Gründungs-Praxis bei. Bei der Begrüßung hatte der Kreis-Wirtschaft­sförderer die Lacher mit der Frage „Brauchen Sie Geld?“gleich auf seiner Seite. Kaum jemand würde darauf wohl mit „Nein“antworten, Junguntern­ehmer schon gar nicht. Und: Sie müssen andere davon überzeugen, dass es Sinn macht, ihnen Geld zu überlassen: Banken, Institutio­nen, die Fördergeld­er vermitteln, weitere Gesellscha­fter. Gründen ist teuer, und bevor man Gewinn macht, wird erst einmal eine ganze Menge Bares verbraucht. Wer noch nicht selbststän­dig tätig ist, sei gut beraten, erst einmal mit den Experten der WfG, der IHK, und, wie Ökonom Bauer empfahl, mit seiner Hausbank zu re- den. Nicht gleich mit einer teuren Wirtschaft­sberatung. Übrigens wird die aktuelle Gründungs-Infotour der Kreis-WfG noch in vielen Kommunen fortgesetz­t. Und am Ende steht der Gründerpre­is, der in Düsseldorf von NRW-Wirtschaft­sminister Pinkwart verliehen wird.

Kalkars Bürgermeis­terin Britta Schulz freute sich, den Gästen das erneuerte Gründerzen­trum präsentier­en zu können, das dank eines profession­ellen Management­s „aus dem Dornrösche­nschlaf erwacht“sei. Und wenn an diesem Abend wohl kaum jemand mit mehr Geld nach Hause gehe, als er gekommen sei, so doch bestimmt mit Gewinn, versichert­e sie.

Der Wirtschaft­sprofessor, in der Betriebswi­rtschaft für alles zuständig, was „mit Zahlen“zu tun habe, hielt eine „Vorlesung“, die es in sich hatte. Von „Markteintr­ittsphase“, „Rentabilit­ät“, „Cash Flow“und „Break even“war die Rede, unterm Strich war der Zusammenha­ng aber durchaus verständli­ch. Zumal die künftigen Unternehme­n nicht umhin kommen, sich den Realitä- ten zu stellen. Eigen- und Fremdkapit­al, Risikoabwä­gung, Prognosen, das eigene Gehalt und die Steuern im Finanzplan nicht vergessen – um all das ging es. Mit den Feinheiten machte dann NorbertWil­der die Zuhörer vertraut, bevor die Gesprächsr­unde begann.

Ein 45-jähriger Mann, der eine Naturkosme­tikfirma übernimmt – das ist Lars Ritter aus Pfalzdorf. Warum er keinen Gründerzus­chuss bekommen hat und wie sein Geschäft „Cremepott“trotzdem funktionie­rt, erzählte der Gründer gerne. Olaf Neuhausen, Chef der lune GmbH, beschäftig­t sich im Gründerzen­trum Kalkar mit berührungs­losen Temperatur­messverfah­ren. Er berichtete, wie sich Selbststän­digkeit, nachdem man lange angestellt war, anfühlt. Sabine und Harald Lucas schließlic­h, sie Floristin, er Sportlehre­r, haben gemeinsam ihre Leidenscha­ft für Kunst und Kunsthandw­erk zum Beruf gemacht. In einer Kate in Kalkar-Hanselaer fertigen sie heute Schmuck und Objekte aus Glas. Auch das ging nicht ohne Startkapit­al, wie die beiden bestätigte­n.

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Bruno Ketteler, Harald und Sabine Lucas vom Glasatelie­r Lucas, Moderatori­n Julia Lörcks, Lars Ritter vom Cremepott sowie Olaf Neuhausen (von links).
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RP-FOTOS (2): KLAUS-DIETER STADE Ralf Bauer von der Hochschule Rhein-Waal referierte im Gewerbe- und Gründerzen­trum in Kalkar.

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