Evonik-Chef: Manager müssen politisch sein
Christian Kullmann sprach im Rahmen der „Dom-Gedanken“in Münster über die Ethik von Managern.
MÜNSTER (anh) Evonik-Chef Christian Kullmann fordert Manager und Unternehmer auf, politischer zu sein und stärker zu gesellschaftlichen Fragen Stellung zu nehmen. „Es gehört sich in Deutschland für einen Unternehmer auch, politisch zu sein“, sagte Kullmann am Mittwoch in Münster. Im Rahmen der Reihe„Dom-Gedanken“sprach der Chef von 37.000 Mitarbeitern über „Moderne Verantwortungsethik“. Egal ob Steuerpolitik, Energiepolitik, Sozialpolitik, Umweltpolitik - „wir dürfen als Unternehmer nicht schweigen. Wir müssen uns in die politische Debatte einschalten und die Bedingungen einfordern, die wir brauchen, um die heimischen Arbeitsplätze zu erhalten.“
Doch für Kullmann sind Manager auch über die Wirtschaftspoli- tik hinaus gefordert: Man habe die Pflicht, „ganz konkret die Folgen zu beschreiben, die der Verlust an Liberalität hat, wie ihn radikale Parteien wollen.“Natürlich könne jeder Arbeitnehmer als Bürger wählen, wen er wolle. Aber die Führungskräfte sollten aufklären über die Folgen. „Wer denen nachläuft, die Europa und die Europäische Union, den Freihandel und den Europäischen Gemeinsamen Markt in Frage stellen, muss wissen, dass er an seiner eigenen Existenzgrundlage sägt“, betonte der Evonik-Chef.
Kullmann weiter: „Wer den Rattenfängern des Rassismus, der Ausgrenzung, der Fremdenfeindlichkeit folgt, vergeht sich nicht nur an Prinzipien der Menschlichkeit, er schadet auch unserem Land und seiner Wirtschaft, die um die 300.000 Mi- granten, die in den letzten drei Jahren hier schon Arbeitsplätze gefunden haben, sehr froh ist.“
Der Evonik-Chef kritisierte selbst die Politik der Bundesregierung. „Die Politik der vergangenen Jahr- zehnte ist fortgeschritten darin, den Elan einer sozialen Marktwirtschaft zu verschütten. Das gilt gerade für die Regierungszeit Angela Merkels.“Die Steuerquote sei heute höher als bei ihrem Amtsantritt 2005. Die Sozialausgaben hätten in diesem Jahr die Billion-Euro-Grenze überschritten. Die Energiewende habe eine ungeheure Subventionsflut in Gang gesetzt. Nun gelte es, Ludwig Erhard wiederzuentdecken: Der Staat müsse wieder Schiedsrichter und nicht länger Mitspieler sein, zitierter der bekennende BVB-Fan den früheren Wirtschaftsminister.
Kullmann warnte vor „weltblindem Nationalismus“und forderte mehr Europa und Toleranz. Deutschland müsse „die mentale Antriebskraft eines freiheitlichen und sozialen Europas“bleiben.