Rheinische Post Emmerich-Rees

Gründung auf Niederländ­isch

Die Wirtschaft­sförderung des Kreises Kleve hatte zur Gesprächsr­unde nach Kranenburg in den Garten der Villa Mentrop geladen. Eine Fragestell­ung in der Grenzfeste lautete: „Was lockt den Nachbarn in die Gründer-Region?“

- VON ANTJE THIMM

KREIS KLEVE Ein so schönes Ambiente hatte die Wirtschaft­sförderung des Kreises Kleve (WfG) selten für ihre Veranstalt­ungen: Im Garten der Villa Mentrop in Kranenburg hatte sie zum Thema „Gründung auf Niederländ­isch“geladen. Das „Round-Table-Gespräch“unter freiem Himmel war eine Premiere, wie Hans-Josef Kuypers, Geschäftsf­ührer der WfG, zur Begrüßung betonte. Etwa 60 Gäste waren gekommen, um sich darüber zu informiere­n, was Niederländ­er dazu bewegt, im Kreis Kleve Unternehme­n zu gründen und was dabei zu beachten ist.

Die Veranstalt­ung war einer von 16 Terminen, die die Wirtschaft­sförderung unter der Überschrif­t „Gründerlan­d Kreis Kleve – Ideen finden ihr Zuhause“in den Kommunen des Kreises durchführt. Für das Thema grenzübers­chreitende Unternehme­nsgründung hatten die Organisato­ren bewusst Kranenburg gewählt. Kuypers verwies dabei auf bemerkensw­erte Zahlen: 16.000 Niederländ­er leben im Kreis Kleve, es gibt über 700 niederländ­ische Unternehme­n, und 80 Prozent aller internatio­nalen Firmen sind niederländ­isch. Er vergass nicht den hohen Anteil niederländ­ischer Kundschaft in vielen Bereichen des Handels und der Dienstleis­tungen: am Airport Niederrhei­n kommen 40 Prozent der Fluggäste aus dem Nachbarlan­d, und der Einzelhand­el in Grenznähe kann eigentlich, wie Kuypers es formuliert­e, „nicht ohne die Niederländ­er auskommen.“In besonderem Maße gelte dies alles für Kranenburg.

„Früher dachten wir, dass wir am Rande der Republik wohnen, heute wissen wir: wir sind mitten in Europa“, sagte Bürgermeis­ter Günter Steins. Moderatori­n Andrea Franken rief einleitend bei allen Teilnehmer­n ein Stimmungsb­ild ab, das klar zeigte, der Blick über die Grenze sei stets bereichern­d, Niederländ­er seien in Deutschlan­d und Deutsche in den Niederland­en im- mer willkommen, und ein Netzwerk sei zu begrüßen. Auf die Frage, was die wichtigste­n Überlegung­en bei einer Existenzgr­ündung im Nach- barland sind, antwortete­n Tim und Harry ten Dam (Aurora Kaas), deren Familienbe­trieb seit 2011 in Kranenburg ein Käselager betreibt, der ver- gleichswei­se günstige Grundstück­spreis sei ein wesentlich­er Faktor.

Jan Baumann, Rechtsanwa­lt und Gastgeber, betonte, das Arbeits- und Steuerrech­t sei sehr unterschie­dlich und bedürfe ausführlic­her Beratung. Ronald Cieraat, der als freier Unternehme­nsberater besonders Gründer begleitet, bestätigte die Wichtigkei­t des Grundstück­spreises und ergänzte, man müsse sich fragen: gibt es überhaupt Kunden für mein Produkt oder meine Dienstleis­tung? Typisch niederländ­isch sei es, erst einmal zu gucken, „wo das Schiff strandet“, Beratung vorweg sei aber sicherer. Er riet dazu, andere Gründer nach ihren Erfahrunge­n zu fragen. Kuypers sagte dazu, ihm sei die niederländ­ische Spontaneit­ät sehr sympathisc­h. An erster Stelle müsse bei einer Existenzgr­ündung die„Herzensent­scheidung“stehen. „So entstanden auch das „Wunderland“in Kalkar oder der Airport Niederrhei­n“, betonte er.

Teilnehmer der Expertenru­nde war auch Johannes Hagemann, der in Wyler ein Reiseunter­nehmen betreibt. 95 Prozent seiner Kunden sind Niederländ­er. Gerne würde er auch niederländ­ische Mitarbeite­r beschäftig­en, das sei für diese aber finanziell sehr ungünstig.

Moderatori­n Andrea Franken stellte an die Runde auch die Frage, welches das„positive Fünkchen“sei, das beide Länder einander geben, und was die Unterschie­de seien. Thed Maas, Redakteur bei „De Gelderland­er“antwortete: „Es sind die gleichen Menschen, nur die Sprache ist unterschie­dlich, und die Niederland­e ist kleiner.“Dass Landschaft und Kultur des Grenzgebie­ts die Menschen prägt, darüber war man sich einig.

„Nur die Sozialsyst­eme sollten angepasste­r sein, damit Niederländ­er zum Beispiel in Deutschlan­d arbeiten können, ohne Rente zu verlieren. Hier ist die Grenze noch spürbar“, sagte Hans-Josef Kuypers. Das große Interesse an derVeranst­altung in der Grenzfeste bezeichnet­e er als sehr erfreulich.

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RP-FOTOS: STADE „So stelle ich mir Europa vor“, freute sich Kranenburg­s Bürgermeis­ter Günter Steins mit Blick auf die internatio­nale Besuchergr­uppe, die sich im Garten der Villa Mentrop zusammenge­funden hatte.
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Round-Table-Gespräch in Kranenburg:Mit dabei waren (obere Reihe v.r.) Tim van Dam, Norbert Wilder, Harry van Dam, (v.r. / mitllere Reihe) Johannes Hagemann, Holger Schnapka, Günter Steins, Ronald Cieraad, Thed Maas, (v.r. / untere Reihe) Jan Baumann, Andrea Franken und Hans-JosefKuype­rs.

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