Rheinische Post Emmerich-Rees

„Schumis Name würde Formel 1 ankurbeln“

Der DTM-Pilot über Nachwuchss­orgen im Motorsport und eine Formel-1-Karriere von Mick Schumacher.

- TIM KRONNER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

DÜSSELDORF Timo Glock kennt sich aus im deutschen Motorsport. Er fuhr jahrelang in der Formel-1 und ist jetzt DTM-Pilot. Im Gespräch mit unserer Redaktion kritisiert er zu hohe Startgelde­r im Nachwuchsb­ereich, denkt über Gleichbere­chtigung im Fahrerlage­r nach und verrät, warum eine Formel-1-Karriere von Mick Schumacher ein Traum für ihn wäre.

Herr Glock, gerade war das traditione­lle DTM-Rennen am Nürburgrin­g. Doch immer mehr deutsche Rennstreck­en schließen oder stehen auf der Kippe. Warum sollte man die Standorte halten?

GLOCK Erstens, weil sie eine Historie haben – speziell Nürburgrin­g und Hockenheim­ring, aber auch der Sachsenrin­g. Zweitens hängt da ein großes Business hinten dran. Und außerdem ist Deutschlan­d Motorsport-verrückt.

Wirklich? Wollen immer noch so viele Kinder Rennfahrer werden?

GLOCK Man sieht doch in allen Sportarten, dass die Jugend nicht mehr so wirklich total interessie­rt und fokussiert ist. Es ist alles sehr schnellleb­ig geworden, auch durch Social Media und so weiter. Es ist die Frage, wie sich der gesamte Sport in Zukunft ändern wird.

Liegt das zurückgehe­nde Interesse auch am Motorsport selbst?

GLOCK „Das Finanziell­e ist die größte Hürde. Es kann nicht sein, dass Nachwuchsk­lassen ab 500.000 Euro aufwärts im Jahr kosten. Und bei der GP2 reden wir schon von 1,5 bis 2 Millionen Euro. Da ist man auf dem falschenWe­g. Deswegen kommt der Nachwuchs – die wahren Talente – immer weniger durch, und Leute, die einen großen finanziell­en Background haben, haben es einfacher.“

Sie spielen auf die sogenannte­n „Paydriver“wie Lance Stroll an, die sich ihre Startplätz­e kaufen.

GLOCK Ja, oder gleich ein ganzes Team. Die Entwicklun­g ist dramatisch und zeigt, dass der Sport in die falsche Richtung geht und einfach zu teuer wird. In zehn Jahren kauft man sich wahrschein­lich die ganze Formel 1, ich weiß es nicht.

Ist die Formel 1 demnach nicht mehr die Rennserie der Besten, sondern die Liga der Reichsten?

GLOCK Die besten Teams haben natürlich schon noch die besten Rennfahrer, die es weltweit gibt. Aber bei allem, was danach kommt, kann man mehr und mehr ein Fragezeich­en dahinter setzen. In der Formel 1 gibt es momentan zwei Teams, die vorne weg fahren – Ferrari und Mercedes. Dann kommt lange nichts, dann Red Bull. Dann kommt wieder lange nichts, dann der Rest. Ich glaube, dass das fahrerisch­e Niveau in der DTM höher ist.

In der Formel 1 waren Sie unter anderem mit den Deutschen Nick Heidfeld sowie Ralf und Michael Schumacher unterwegs. Wie war das so als „Team Deutschlan­d“?

GLOCK Wir waren teilweise fünf deutsche Fahrer. Das war schon verrückt, so viele in der Formel 1 zu rp-online.de/ sport. haben. Bei der Fahrerpara­de wurde hauptsächl­ich Deutsch gesprochen, was ganz angenehm war. Aber generell hat es für uns nichts geändert. Jetzt sehe ich das anders: Wir sind von fünf auf zwei gefallen.Wenn Sebastian Vettel jetzt aufhören würde, würde nur noch Nico Hülkenberg übrig bleiben.

Ist Deutschlan­d also überhaupt noch Formel-1-Land?

GLOCK Die Einschaltq­uoten sind immer noch gut mit über viereinhal­b Millionen Zuschauern im Schnitt. Aber zu den Hauptzeite­n, als Schumacher die ersten MaleWeltme­ister geworden ist, da waren wir bei über zehn Millionen Zuschauern. Doch das ist normal. Die Einschaltq­uoten beim Tennis sind seit Boris Becker und Steffi Graf ja auch eingebroch­en. Wenn ein Deutscher in einer neuen Sportart Erfolg hat, gibt es immer erstmal einen riesigen Boom. Alles was danach kommt, flacht ab.

Apropos Schumacher: Formel-3-Pilot Mick Schumacher, der Sohn von Michael, saß jetzt zum ersten Mal in einem DTM-Wagen. Findet er darüber den Weg in die Formel 1?

GLOCK Ich war das ein oder andere Mal schon zusammen mit ihm unterwegs und schaue öfter bei seinen Rennen zu. Der bessere Weg für ihn ist durch die GP3 und GP2 zu gehen, weil die näher an der Formel 1 dran sind.

Was würde es für die Formel 1 bedeuten, wenn der Name Schumacher wieder mitfahren würde?

GLOCK Da brauchen wir nicht lange drum herum reden: Der Name würde natürlich richtig was ankurbeln. Ich würde mich freuen, wenn er es schafft. Das wäre auch schön für mich persönlich, weil ich für RTL immer mal wieder den Rennwochen­enden vor Ort bin. Das zu kommentier­en, wäre natürlich ein Traum für mich.

Momentan fahren Sie aber ja noch hauptsächl­ich selbst. Wie Sie sind Ihre DTM-Rennkolleg­en ausschließ­lich Männer. Woran liegt das? Sind Frauen etwa die schlechter­en Rennfahrer?

GLOCK Ich habe keine Ahnung. Das muss man die Frauen fragen. Ich weiß es wirklich nicht. Vielleicht ist es die Angst, der Respekt.

Wie könnte man Frauen im Motorsport denn fördern?

GLOCK Die Frage ist, ob man parallel eine Frauen-DTM oder eine Frauen-Formel-1 einführt. Wie beim Männer- und Frauen-Fußball. Ich weiß nicht, ob es genügend gibt, die es machen oder sich trauen würden. Aber in fast jeder Sportart gibt es etwas Dementspre­chendes. Es ist eine gute Frage, wieso das im Motorsport nicht so ist.

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DTM-Fahrer Timo Glock zeigt sein Rennsport-Lenkrad. Wie es funktionie­rt, erklärt er im Video unter

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