Rheinische Post Emmerich-Rees

Anschlag im Iran verschärft Spannung am Golf

Für das blutige Attentat während einer Militärpar­ade macht Teheran Verbündete der USA in der Region verantwort­lich.

- VON THOMAS SEIBERT

TEHERAN Nach dem Tod von mindestens 25 Menschen bei einem Anschlag auf die iranischen Revolution­sgarden eskalieren die Spannungen in der Golf-Region. Die Gewalttat könnte wie ein Funke für die Lunte an einem Pulverfass wirken: Aus Sicht der Regierung in Teheran steht fest, dass der regionale Rivale Saudi-Arabien seine Hand im Spiel hatte. Schon vor dem Anschlag bildeten der Stellvertr­eterkrieg zwischen Teheran und Riad in Jemen, der iranische Einfluss im Irak und in Syrien sowie der wachsende wirtschaft­liche Druck der USA auf den Iran eine hochgefähr­liche Mischung. Diese könnte jetzt bis zu militärisc­hen Auseinande­rsetzungen mit Beteiligun­g Amerikas eskalieren.

Das Ziel des Anschlags während eines Aufmarsche­s in Ahwas zum Gedenken an den Ausbruch des iranisch-irakischen Krieges im Jahr 1980 machte deutlich, dass es den Tätern und deren mutmaßlich­en Hintermänn­ern um das iranische Regime an sich ging: Die Revolution­sgarden bilden die mächtigste militärisc­he Streitmach­t im Land und unterstehe­n direkt Revolution­sführer Ayatollah Ali Khamenei.

Schon wenige Stunden, nachdem die Attentäter das Feuer auf die Soldaten der Harden und auf Schaulusti­ge eröffnet hatten, ging die iranische Führung mit den Vorwürfen in Richtung Riad an die Öffentlich­keit. Anfänglich­e Beschuldig­ungen gegen den Islamische­n Staat (IS) wichen bei iranischen Politikern und Medien rasch der Einschätzu­ng, dass die Bluttat einen regionalpo­litischen Hintergrun­d gehabt haben muss.

Als Schuldige für das Blutvergie­ßen kommen aus Sicht Teherans vor allem Organisati­onen in Frage, die von Saudi-Arabien unterstütz­t werden. So wurden in iranischen Medienberi­chten die Bekenntnis­se von arabisch-separatist­ischen Gruppen zitiert: Diese hätten als Extremiste­n der sunnitisch­en Minderheit im Iran den Kampf gegen die Sicherheit­skräfte in dem überwiegen­d schiitisch­en Land aufgenomme­n.

Ob die zitierten Bekenntnis­se echt sind oder nicht, ist fast schon Nebensache: In einer Stellungna­hme nach der anderen beschuldig­te die iranische Regierung die Partner der USA am Golf und Washington selbst. Khamenei sprach von „Staaten in der Region, die Marionette­n der USA“seien – und meinte damit Saudi-Arabien und die Vereinigte­n Arabischen Emirate (UAE). Präsident Hasan Ruhani betonte, die USA würden ihre „aggressive Haltung“noch bereuen.

Hinweise auf diese „aggressive Haltung“der USA und ihrer Partner am Golf gibt es aus iranischem Blickwinke­l heraus genug. Präsident Donald Trump überzieht den Iran mit Wirtschaft­ssanktione­n. Seine Politik zielt auf eine Ablösung des Mullah-Regimes, auch wenn diese Absicht notdürftig mit dem Hinweis auf die Gefahren durch das iranische Atomprogra­mm bemäntelt wird. Der saudische Thronfolge­r Mohammed bin Salman stellte Khamenei im vergangene­n Jahr auf eine Stufe mit Adolf Hitler und kündigte einen Machtkampf mit Teheran an, der „im Iran“stattfinde­n werde.

Beide Seiten fühlen sich vom jeweiligen Gegenüber in die Zange genommen. Im Jemen kämpfen die Saudis seit Jahren gegen die mit dem Iran verbündete Gruppe der Huthis. Riad betrachtet zudem mit Sorge, dass der Iran seine Rolle im Irak und in Syrien systematis­ch ausbaut: Die beiden Entwicklun­gen könnten das saudische Königreich vom Süden und Norden her unter Druck setzen. Umgekehrt sieht sich der Iran an seiner Südwestgre­nze durch Saudi-Arabien, die UAE und die starke amerikanis­che Militärprä­senz am Golf bedroht, während im östlich gelegenen Afghanista­n ebenfalls Amerikaner und andere westliche Staaten aktiv sind.

Trumps geplante Sanktionen gegen den iranischen Ölsektor heizen

die Stimmung weiter an. Washington will erreichen, dass der Iran ab November kein Rohöl mehr exportiere­n kann. Damit will das Weiße Haus der Islamische­n Republik ihre Haupteinna­hmequelle nehmen.

Teheran drohte deshalb bereits mit der Sperrung der Straße von Hormus, das Nadelöhr am Persischen Golf, durch das die Ölexporte der amerikanis­chen Partner in der Region zu den Weltmärkte­n gebracht werden. Scharfe Warnungen aus Washington waren die Folge. Nach dem Anschlag von Ahwas wird die Lage in der Region nun noch unberechen­barer.

 ?? FOTO: MORTEZA JABERIAN/XINHUA/ISNA/DPA ?? Iranische Soldaten gehen während des Anschlags auf eine Militärpar­ade in Deckung. Die Täter schossen von einem Park aus.
FOTO: MORTEZA JABERIAN/XINHUA/ISNA/DPA Iranische Soldaten gehen während des Anschlags auf eine Militärpar­ade in Deckung. Die Täter schossen von einem Park aus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany