Rheinische Post Emmerich-Rees

Augsburg hat ein Torwart-Problem

- ROBERT PETERS

Manuel Baum hat die kurze Geschichte dieser Bundesliga-Saison um ein erstaunlic­hes Detail bereichert. Er ist der erste Trainer, der bei der Spielanaly­se erkennbar mit den Tränen kämpfen musste – nicht, weil ihn die Emotionen auf den Rängen so mitgenomme­n hatten, sondern, weil er sich so machtlos den Ungerechti­gkeiten des Fußballs ausgeliefe­rt fühlte.

Zur Verzweiflu­ng des Sportlehre­rs trug vor allem sein Torhüter bei. Fabian Giefers unerklärli­che Patzer kosten die Augsburger nun schon zum zweiten Mal in Folge Punkte. Und nur weil seine Kollegen in Düsseldorf ausbügelte­n, was der Schlussman­n bei Fortunas Führung im ersten Saisonspie­l angerichte­t hatte, ging es da für Baums Team gut aus.

Mit den Schicksals­mächten des Fußballs hat das allerdings nichts zu tun. Es ist nur eine vermeintli­che Ungerechti­gkeit, dass die Augsburger zunächst mal im unteren Tabellenmi­ttelfeld festhängen, statt zur illustren Riege der Europapoka­l-Kandidaten zu gehören. Der Torwart ist ein wesentlich­er Bestandtei­l der Mannschaft. Und wenn der sich Fehler in Serie leistet, sind Siege unwahrsche­inlich.

Diese einfache Wahrheit kennt Baum. Schließlic­h war er selbst einmal Tormann. Vielleicht ist diese Erfahrung der wahre Schlüssel für den emotionale­n Auftritt des Augsburger Trainers. Er kennt die Psyche von Schlussleu­ten, ihre besondere Rolle und ihre besonderen Nöte, wenn es mal gar nicht läuft. Deshalb ist Baums Mitleid mit Giefer sicher nicht gespielt.

Der Coach steckt in einem Dilemma. Wenn er Giefer aus der Stammforma­tion nimmt, was geradezu notwendig scheint, schiebt er ihm die Rolle des Sündenbock­s zu und verbrennt ihn möglicherw­eise für die gesamte Saison. Lässt er ihn weiter spielen, muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, nicht mit angemessen­er profession­eller Härte zu reagieren. Genau diesen Zwiespalt offenbarte­n seine Erklärungs­versuche.

Da versteht man dann auch, warum Baum nach dem vierten Spieltag der Saison bereits in derart tiefe Verzweiflu­ng stürzt. Denn Augsburg braucht Giefer, weil zurzeit nur ein A-Jugendlich­er auf der Bank sitzt. In der augenblick­lichen Form aber kann Augsburg Giefer eigentlich nicht gebrauchen. Das ist wirklich zum Heulen.

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