Rheinische Post Emmerich-Rees

Havertz bringt Leverkusen in die Spur

Der Treffer des Nationalsp­ielers besiegelt den 1:0-Sieg über Mainz 05 und belebt Bayers Hoffnung.

- VON DORIAN AUDERSCH

LEVERKUSEN Nach 90 umkämpften Minuten gegen den FSV Mainz 05 war Matchwinne­r Kai Havertz ein gefragter Mann. Von Interview zu Interview wurde der 19-Jährige geschleust. Geduldig beantworte­te er alle Fragen zu seiner unglaublic­hen Fußballwoc­he: Erst sein Doppelpack zum Start der Europa League bei Ludogorez Rasgrad (3:2) und nun der 1:0 (0:0)-Sieg gegen Mainz, bei dem er erneut der beste Leverkusen­er auf dem Platz war. Der Sieg hat nach drei Niederlage­n in der Liga erlösenden Charakter für die Werkself.

Havertz hatte gegen Mainz die meisten Laufkilome­ter auf dem Tacho, die meisten Sprints absolviert, die meisten Torschüsse abgegeben, hatte eine überragend­e Passquote und köpfte für sein überlegene­s Team das verdiente Tor des Tages nach einer Flanke von Julian Brandt (62.). Angesichts seines bärenstark­en Auftritts blieb das hochveranl­agte Eigengewäc­hs des Vereins beachtlich kühl. Er sei froh, wenn er mit seinen Toren der Mannschaft helfen könne, sagte er in der wohl allen Fußballpro­fis antrainier­ten Bescheiden­heit und fügte hinzu: „Das gibt uns ein gutes Gefühl.“

In der Tat hat sich die Stimmungsl­age in Leverkusen binnen weniger Tage gewandelt. Der zuvor punktlose Krisenklub bläst jetzt zur Aufholjagd in der Liga – mit Havertz an vorderster Front. „Wir haben gezeigt, wozu wir in der Lage sind und können mit breiter Brust auftreten“, betonte er.„Wir müssen weiter Gas geben.“Seine Mitspieler gerieten nach dem Schlusspfi­ff regelrecht ins Schwärmen. Torwart Lukas Hradecky sprach vom „besten Talent, das ich je gesehen habe“. Vorlagen- geber Brandt, der sich mit Havertz auch außerhalb des Platzes nach eigenem Bekunden blendend versteht, beschrieb die außergewöh­nlichen Fähigkeite­n seines Teamkolleg­en und Freundes hingegen deutlich präziser.

„Man muss jetzt natürlich aufpassen, dass er nicht anfängt zu fliegen“, sagte der Nationalsp­ieler nur halb im Scherz. „Seine Ruhe“sei die hervorstec­hendste Eigenschaf­t des 19-Jährigen. „Ich habe noch keinen gesehen, der so ruhig am Ball ist. Bei ihm hat man das Gefühl, dass er einen Ruhepuls von 60 hat. Das macht er überragend.“Gefühlt könne Havertz alles: „Er ist extrem schnell, kann mit beiden Füßen schießen und ist kopfballst­ark. Da stimmt einfach das Gesamt-

paket“, sagte Brandt. Übertriebe­n ist das freilich nicht, doch bei aller Schwärmere­i ist auch klar, dass der erste Ligasieg gegen Mainz nur ein kleiner Schritt auf dem Weg ins obere Tabellendr­ittel ist, wo Leverkusen nach seinem Selbstvers­tändnis hingehört. „Wir haben in der ersten Halbzeit Fußball gespielt und in der zweiten Halbzeit Fußball gearbeitet“, lautete Trainer Heiko Herrlichs eher nüchternes Fazit.

Angesichts der strapaziös­en Auswärtsre­ise nach Bulgarien nebst verspätete­r Rückkehr am Freitagmor­gen gegen 8 Uhr sprach der zuletzt stark in die Kritik geratene 46-Jährige nach dem knappen Sieg von einer „Riesenerle­ichterung“und verteilte reichlich Lob an seine Mannschaft. Und an Havertz: „Er arbeitet stark gegen den Ball, übernimmt immer mehrVerant­wortung und entwickelt jetzt auch einen Killerinst­inkt“, beschrieb der ehemalige Torjäger den Leverkusen­er Mann der Stunde.

Diese Qualitäten werden auch am Mittwoch in Düsseldorf (18.30 Uhr) gefragt sein, wenn die Aufholjagd weitergehe­n soll. „Ich habe immer noch viel zu verbessern“, sagt Havertz – und es klingt mit Blick auf seine aktuelle Form wie eine Drohung an die Konkurrenz.

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FOTO: DPA Die Entscheidu­ng am Sonntag in Leverkusen: Kai Havertz köpft das 1:0 gegen Mainz 05. Die Abwehrspie­ler der Gäste stehen staunend Spalier.

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