Rheinische Post Emmerich-Rees

Bürger werden für Wohnquarti­er befragt

In der kommenden Woche werden 2182 Bürger die mindestens 20 Jahre alt sind einen Fragebogen in ihrem Briefkaste­n finden. Wer keinen Fragebogen erhält, darf ebenfalls Ideen beisteuern.

- VON MICHAEL SCHOLTEN

REES Das Reeser Krankenhau­s wurde im Jahr 2012 geschlosse­n. Seither steht die Immobilie zwischen Neustraße und Gouverneur­straße leer. Der Zahn der Zeit nagt an der Fassade des Gebäudes, das nicht unter Denkmalsch­utz steht. Die Stiftung Maria-Johanna-Hospital Rees ist Eigentümer­in des Hospitalge­ländes und hat mehrere Anläufe gestartet, einen neuen Nutzer, Mieter oder auch Käufer für das prominent gelegene Grundstück zu finden.Vergeblich. Jetzt sollen die Reeser Bürger die Idee eines„Wohnquarti­erprojekte­s“unterstütz­en:Wie können junge Familien und ältere Menschen gleicherma­ßen davon profitiere­n? Was fehlt in Rees?Wie kann das nachbarsch­aftliche Miteinande­r im geplantenW­ohnquartie­r gefördert werden?

In der kommenden Woche werden 2182 Bürgerinne­n und Bürger, die mindestens 20 Jahre alt sind und im Reeser Stadtgebie­t zwischen Groin und Reeserward (ohne die Ortsteile Haldern, Millingen und Haffen-Mehr) leben, einen Fragebogen in ihrem Briefkaste­n finden. Die Zahl entspricht einem Drittel der der genannten Bevölkerun­gsgruppe. Die Befragten wurden nach dem Zufallspri­nzip ermittelt. Das Anschreibe­n zum vierseitig­en Fragebogen trägt die Unterschri­ften von Pfarrer Michael Eiden, dem Vorsitzend­en des Kuratorium­s der Stiftung, und Bürgermeis­ter Christoph Gerwers, der qua seines Amtes Mitglied im Kuratorium ist.

Wer keinen Fragebogen erhält, aber trotzdem Ideen beisteuern möchte, kann den Bogen auch bei der Stadtverwa­ltung oder im Pfarrbüro St.Irmgardis abholen. Das Ausfüllen erfolgt freiwillig und anonym, die Bögen können bis zum 31. Oktober in einem portofreie­n Umschlag an die Stadtverwa­ltung geschickt, aber auch im Rathaus oder im Pfarrbüro in eine Sammelbox geworfen werden. Die Bürgerbefr­agung wird vom Deutschen Hilfswerk und dem Kuratorium Deutsche Altershilf­e gefördert. Die Auswertung erfolgt unter anderem durch die Gerontolog­in und Sozialarbe­iterin Hedi Overhoff, die schon mehrere Sozialraum­analysen durchgefüh­rt hat.

Pfarrer Michael Eiden wünscht sich, dass der „soziale Geist der Stiftung“bei allen Entscheidu­ngen eine große Rolle spielt. Immerhin wurde die Stiftung im Jahr 1849 „zur Förde- rung der Altenhilfe und des öffentlich­en Gesundheit­swesens“gegründet. Deshalb soll das Gelände, das aktuell nur zum Teil von der pro homine gGmbH für das Agnes-Heim

Herrmann Hengster

genutzt wird, auch weiterhin „so weit wie möglich für soziale und öffentlich­e Zwecke“genutzt werden. Ein Verkauf und ein Abriss des al- ten Krankenhau­ses sollen möglichst vermieden werden, doch auch diese Option ist laut Pfarrer Eiden nicht gänzlich auszuschli­eßen.

„Unser Ziel ist es, mehr zu schaffen als nur neuen Wohnraum“, sagt Hermann Josef Becker, stellvertr­etender Vorsitzend­er des Kuratorium­s.

Geplant sei ein „Miteinande­r der Generation­en“, vergleichb­ar mit bereits realisiert­en Wohnquarti­eren in anderen Städten. Da der „Klostergar­ten“in Kevelaer mit 115 Wohnungen und Gemeinscha­ftsräumen als Vorzeige-Projekt gilt, haben die Stiftung und die Stadt Rees auch Hermann Hengsterma­nn in die Reeser Pläne einbezogen. Er war maßgeblich am Projekt in Kevelaer beteiligt, das von 2004 bis 2011 auf einer

30.000 Quadratmet­er großen Fläche umgesetzt wurde. „Wir haben auf eine Durchmisch­ung der Generation­en gesetzt, bei der jeder jedem hilft. Denn niemand mchte im Alter allein sein“, sagt Hengsterma­nn.

Bezahlbare­r Wohnraum sei in Rees genauso gefragt wie ein vermehrtes Angebot für junge Familien, zum Beispiel eine Krabbelstu­be oder verschiede­ne Mutter-Kind-Angebote. Auch die Ansiedlung einer Arztpraxis sei im Wohnquarti­er wünschensw­ert, da zum Wohnen und Leben auch die medizinisc­he Versorgung gehöre. „Die Stiftung wird die Oberaufsic­ht über das Projekt nicht aus der Hand geben“, betont Hermann Josef Becker. „Was auch immer aus dem Gelände wird: Es muss im Sinne der Stiftung sein.“Mit welchen Partnern und Investoren die noch zu findenden Pläne umgesetzt werden können, soll erst nach Auswertung aller Fragebögen diskutiert werden. Pfarrer Michael Eiden hofft auf eine Fertigstel­lung des Wohnquarti­erprojekte­s in „fünf bis sechs Jahren“. Viel zu tun gibt es bis dahin allemal: Im Innern des alten Krankenhau­ses gibt es nur noch leere Räume und Flure, selbst die sanitären Anlagen wurden nach der Schließung entfernt. Dass das alte Krankenhau­s nie unter Denkmalsch­utz gestellt wurde, führt Pfarrer Eiden darauf zurück, dass es erst 1958, nach der kriegsbedi­ngten Zerstörung des früheren Krankenhau­ses, erbaut wurde: „Ganz im Gegensatz zum benachbart­en Pius-Haus, das den Zweiten Weltkrieg mit starken Beschädigu­ngen überstande­n hat und unter Denkmalsch­utz steht.“

“Niemand möchte

im Alter allein sein“

 ?? FOTO: MICHAEL SCHOLTEN ?? Hedi Overhoff und Hermann Hengsterma­nn unterstütz­en Pfarrer Michael Eiden und Hermann Josef Becker bei der Fragebogen­aktion, die über die Zukunft des alten Reeser Krankenhau­ses entscheide­n soll.
FOTO: MICHAEL SCHOLTEN Hedi Overhoff und Hermann Hengsterma­nn unterstütz­en Pfarrer Michael Eiden und Hermann Josef Becker bei der Fragebogen­aktion, die über die Zukunft des alten Reeser Krankenhau­ses entscheide­n soll.

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