Rheinische Post Emmerich-Rees

Das Land braucht einen Kohlekonse­ns

- VON MICHAEL BRÖCKER HOFFEN AUF RUHE IN HAMBACH, TITELSEITE

Wenn nicht so viel Heuchelei im Spiel wäre, wäre die Freude über den Erhalt desWaldes noch größer. Die Entscheidu­ng gilt, der Rechtsstre­it wird noch viele Monate dauern. Eine Rodung des Hambacher Forstes erscheint kaum noch sinnvoll. die Entscheidu­ng schafft eine neue Lage. Das sollten alle akzeptiere­n.

Nur galt vor dem Münsterane­r Urteil auch das Recht auf Rodung. Manch ein Protestler, der vor wenigen Tagen Fäkalien auf Beamte warf, die Recht umsetzenmu­ssten, gibt sich nun alsVerfech­ter des Rechtsstaa­ts und verweist auf die Entscheidu­ng zum Rodungssto­pp. Perfide. Die Grünen tun so, als hätten sie persönlich den Forst gerettet. Ganz schön dreist. Rot-Grün hat 2014 und 2016 die alte Abbaugeneh­migung in Hambach bestätigt. Armin Laschet saß da in der Opposition. Wenn die Grünen den„Hambi“schon immer retten wollten, hätten sie damals den Fortbestan­d der Koalition an den Rodungssto­pp knüpfen und inhaltlich­e Überzeugun­gen über den Machterhal­t stellen können. Haben sie aber nicht. Und warum findet sich der Begriff Hambacher Forst eigentlich kein einziges Mal (!) im grünen Landtagswa­hlprogramm­2017, wenn derWald doch eine Existenzfr­ageder Klimapolit­ik zu sein scheint? Man wundert sich über so viel Chuzpe. Stattdesse­n forderten die Grünen einen nationalen Kohlekonse­ns. Ja, richtig! Aber genau der wird ja gerade in der Kohlekommi­ssion gesucht, in der übrigens Vertreter der Grünen sitzen, weil unter anderem CDU-Regierungs­chef Armin Laschet das so wollte. an sollte die Fakten sortieren: Braunkohle ist der klimaschäd­lichste Energieträ­ger. Ein Drittel des nationalen CO2-Ausstoßes kommt aus der NRW-Kohle. Jede Partei will einen Ausstieg. Alle wollen eine Zukunft mit grünen Energien. Doch muss der Übergang realistisc­h sein, der Ausbau marktwirts­chaftlich gestaltet werden. Und sollte die Versorgung in einer Industrieg­esellschaf­t nicht auch ohne Atomstrom aus den Nachbarlän­dern gewährleis­tet werden können? Alle sind für Klimaschut­z. Aber wer verzichtet dafür auf die Autofahrt zum Bäcker? Oder die Flugreise nach Mallorca, Paris oder Berlin?Wer reduziert seinen Stromverbr­auch, damit die Abhängigke­it von der Kohle schneller sinkt, die für rund 25 Prozent desVerbrau­chs herhalten muss.Wer von den Demonstran­ten schafft sein Smartphone oder Smart Home dafür ab?Wer akzeptiert den Stromkonve­rter hinter seinem Haus, damit der grüne Strom von der Nordsee schnell in den Süden gelangt? Man prüfe sich. Der Einsatz für den Wald ist löblich. Aber er reicht nicht. Ein nationaler Konsens muss Industrie,Wissenscha­ft, Gewerkscha­ften, Umweltschü­tzer und Politik beinhalten. Das ist der tiefere Sinn der Kohlekommi­ssion. Vielleicht lässt man sie einfach mal arbeiten.

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