Rheinische Post Emmerich-Rees

„Grüne“Arbeitsplä­tze oft unterschät­zt

Produktion, Handel, Forschung und Beratung: In Gartenbau und Landwirtsc­haft gibt es viele Karrierech­ancen.

- VON VIVIAN PELLENS

KLEVERERLA­ND Dominik Aushorn ist Gärtnermei­ster in einem klassische­n Gartenbaub­etrieb in Geldern. Mit seinen gerade einmal 25 Jahren verdient er bereits weit mehr, als er es als Kaufmann im Außenhande­l – momentan einer der beliebtest­en Ausbildung­sberufe – tun würde. Erika Boland, gelernte Floristin, hat sich weitergebi­ldet und fährt inzwischen durch ganz Deutschlan­d, um als Fachkraft für Arbeitssic­herheit und Zertifizie­rungen Unternehme­n der grünen Branche zu beraten. Peter Tiede-Arlt ist nach der Gärtneraus­bildung in die Forschung gegangen und leitet nun am Versuchsze­ntrum Gartenbau in Straelen die Zierpflanz­en-Versuche. Franjo Schiffer ist ebenfalls gelernter Gärtner, führt nunmehr in Straelen sein eigenes Logistikun­ternehmen speziell für Pflanzentr­ansporte.

Die Beispiele ließen sich fortführen, und noch immer fänden sich weitere Berufsbild­er, die aus einer Ausbildung in Gartenbau und Landwirtsc­haft erwachsen. Journalist für eine Fachzeitun­g etwa, qualifizie­rter Spielplatz­prüfer, Telefon-Verkäufer im internatio­nalen Pflanzenha­ndel, Fachagrarw­irt Rechnungsw­esen oder Labortechn­iker in der Pflanzenpr­oduktion.

Der Einstieg in einen Grünen Beruf ist dabei momentan sehr einfach. Denn es fehlen – wie überall im handwerkli­chen Bereich – sowohl Auszubilde­nde als auch Fachkräfte. „Es ist derzeit sehr schwierig, neue Leute zu bekommen“, bestätigt beispielsw­eise Zierpflanz­engärtner Andreas Pellens aus Geldern und spricht damit auch für zahlreiche Kollegen, mit denen er zusammenar­beitet.„Wir haben einen Ausbildung­sverbund mit zwei weiteren Betrieben und können pro Ausbildung­sjahr drei Azubis nehmen. Von den somit neun Stellen im Verbund sind derzeit nur vier besetzt. Ich kenne viele Betriebe, denen das ebenso geht.“Auch die Zulieferer­betriebe suchen Auszubilde­nde. Franjo Schiffer beispielsw­eise hat freie Stellen für Fahrer und bildet diese auch aus.

Woran liegt es, dass so wenige Menschen in die grüne Branche ge- hen? Die Einstiegsh­ürden sind jedenfalls niedrig. Für die dreijährig­e Gärtner-Ausbildung zum Beispiel wird lediglich ein Hauptschul­abschluss benötigt, ganz ohne Abschluss kann man noch immer Gartenbauh­elfer werden. Aber das Image des Gartenbaus sei unberechti­gt schlecht, lautet die Aussage der befragten Fachleute unisono. Bei den Jugendlich­en halte sich die Vorstellun­g, die Bezahlung sei zu niedrig und die Arbeit mache einen körperlich kaputt.

Dabei seien die Löhne längst gestiegen und die modernen Techniken und Arbeitswei­sen hätten die Arbeitsinh­alte stark verändert, unterstrei­cht Gärtnermei­ster Dominik Aushorn. „Natürlich gibt es auch unangenehm­e und anstrengen­de Arbeiten. Und in der Ausbildung ist der Lohn noch nicht hoch“, sagt er. „Aber das ist doch in jedem Beruf der Fall. Und wer mehr erreichen möchte, hat dazu in der Branche jede Chance.“Auch er muss schon mal bei Regen aufs Feld und in gebückter Haltung Töpfe auseinande­r rücken. Aber er ist mit seinen 25 Jahren auch schon Fachbereic­hsleiter und führt sein Mitarbeite­rteam eigenveran­twortlich.

Sein Rat an alle Schulabgän­ger und Ausbildung­splatz-Suchende lautet daher: „Sprecht mit den Menschen, die in der grünen Branche arbeiten, welche Chancen es gibt. Und macht ein Berufsprak­tikum, um einmal selbst auszuprobi­eren, wie der Arbeitsall­tag wirklich ist.“

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RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS Ausbildung bei Bremkens Orchids in Walbeck: Marvin Thiele, Paul van de Meer, Ausbilder Joerg Heyduk und Marco Wibbelhoff.

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