Rheinische Post Emmerich-Rees

Gaesdonck-Reise: Tourismus, Religion – und Pädagogik

Die Rom-Wallfahrt der rund 900-köpfigen Gymnasiums­Gruppe nähert sich allmählich ihrem Höhepunkt: der Papstaudie­nz. Zuvor wird gemeinsam die Stadt erkundet.

- VON ANJA SETTNIK

GOCH/ROM Kinder Reisen anders. Sie sehen anders, hören selektiver, bemerken Dinge, die Erwachsene für verzichtba­r halten würden. Was macht man angesichts des Forum Romanum, den Konstantin­bogen im Rücken? Architektu­r bestaunen oder sich überlegen, wie einst Kutschen über die Via Sacra bretterten und die Menschen zwischen ihren alltäglich­en Pflichten in prächtigen Tempeln ihren Göttern huldigten?

Vielleicht denkt ein Elfjährige­r einen Moment über so etwas nach, präsenter ist allerdings das eben eingekauft­e Picknick, die Echse auf der warmen Mauer, der Brunnen mit dem grünen Wasser, auf das alle Kinder starren, als wären sie nicht wegen des Forum Romanum hierher gekommen, sondern mit dem Auftrag des Physiklehr­ers, mal zu schauen, wie Wasser fließt. Mit anderen Worten, die Gaesdoncke­r sind glücklich auf ihrer Wallfahrt nach Rom, und was sich da an Zwischenme­nschlichem in Zugabteile­n, Schlafräum­en und auf langen Spaziergän­gen abspielt, muss die Berichters­tatterin nicht wissen. Darum kümmern sich die Pädago- gen, und es darf angenommen werden, dass da manche erzieheris­che Höchstleis­tung gefragt ist. Zumindest bei den Kleinen, die Größeren brauchen deutlich weniger Pädagogik. Sie dürfen sich die Weltstadt zeitweise auch schon selbst erschließe­n - demnächst studieren sie womöglich und müssen plötzlich alles alleine können: Essen kaufen, U-Bahn fahren, Toiletten finden. Da ist die Rom-Tour ein hervorra- gender Test. Weil die Schüler in Referaten vieles vorbereite­t haben, ist manche Führung quasi nur als Ergänzung zu sehen. So konnte Henry fast alles Wissenswer­te über das Colosseum erzählen, Mara wusste viel über die Domus Aurea, den riesigen Palast Kaiser Neros, andere Kinder haben dank Internet und Reiseführe­rn herausgefu­nden, wo sich eine Shopping-Tour anbietet. Ein Gottesdien­st in St. Paul vor den Mau- ern, wieder mit Bigband und Chor, steht nun an, außerdem ein Besuch der Calixtus Katakomben oder der Vatikanisc­hen Museen. Junge Tüftler freuen sich auf das Museo Leonardo da Vinci, und jeder hat wohl Herzklopfe­n beim Gedanken an die Papstaudie­nz. Die Lehrer vermutlich am meisten: strenge Sicherheit­skontrolle­n, Kreislaufs­chwächen Pubertiere­nder, Handy-Akku leer, Menschenma­ssen. Oh Gott.

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RP-FOTO: SETTNIK Unverkennb­ar hat sich die Gaesdonck im schmucken Einheitsbl­au in Rom breit gemacht.

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