Rheinische Post Emmerich-Rees

Mund abputzen, weitermach­en

ANALYSE Düsseldorf geht mit 1:7 in Frankfurt unter. Eine Schmach. Und doch ist es kein Grund für Aktionismu­s. Die Arbeitsein­stellung muss sich ändern, dass es aber an Qualität im Vergleich zu anderen Bundesliga-Mannschaft­en mangelt, ist keine Überraschu­ng

- VON PATRICK SCHERER

DÜSSELDORF Nur zwei Mal musste Fortuna in der Fußball-Bundesliga eine höhere Niederlage hinnehmen: Gegen den VfB Stuttgart und Bayern München hieß es in den 1980er Jahren jeweils 0:7. Entspreche­nd kleinlaut präsentier­ten sich die gedemütigt­en Düsseldorf­er nach dem 1:7 bei Eintracht Frankfurt am Freitagabe­nd. „Das war vogelwild, was wir da gespielt haben“, sagte Marvin Ducksch. Abwehrchef Kaan Ayhan sprach von „Totalausfä­llen“, zu denen er sich selbst auch zählte. Und so konnte auch Friedhelm Funkel, der eigentlich bekannt dafür ist, sich in jeder Lebenslage vor seine Mannschaft zu stellen, nicht anders, als an diesem Abend ein Stück von ihr abzurücken: „Der Ärger und die Enttäuschu­ng ist sehr, sehr groß“, sagte der Trainer. „Vor allem, weil es in keiner Weise zu erkennen war, dass die Spieler so eine schlechte Leistung abrufen. Damit habe ich als Allerletzt­er gerechnet. Dass es so krass werden würde, hätte ich mir nicht vorstellen können.“

Noch zwei Tage vor dem Spiel hatte der Coach sein Team in höchsten Tönen gelobt. Die Trainingsl­eistung in der Länderspie­lpause sei hervorrage­nd gewesen. Funkel zeigte sich auch deshalb so überrascht vom kollektive­n Versagen seiner Mannen, da sie ihm durch die sieben Vorstellun­gen zuvor in dieser Saison keinerlei Anlass dazu gegeben hatten. Bis auf die mäßige Leistung in Nürnberg befolgte Funkels Mannschaft seineVorga­ben hervorrage­nd und war in der Lage – vor allem in Leipzig, in Stuttgart und gegen Leverkusen – positiv zu überrasche­n. Dass es in genau diesen drei Spielen am Ende zu nur zwei Punkten reichte, lag – in diesen wie in anderen Partien – einzig am Unvermögen vor dem gegnerisch­en Tor.

Und das wiederum muss dann vor allem auf die fehlende Qualität im Kader zurückgefü­hrt werden, die auch durch die Vereinsstr­uktur begründet ist. Fortunas Führung betont gerne, dass der Verein seinen eigenen Weg gehe. Auf Tradition und Werte besonnen, in der Stadt verankert und eben ohne zahlungskr­äftigen Großinvest­or im Rücken. Dass diese Haltung auch Nachteile im großen Fußballges­chäft mit sich bringt, dürfte allen Verantwort­ungsträger­n klar sein. Unter an- derem beschert dieser eigene Weg eben auch einen deutlich kleineren Etat, der trotz gewiefter Scouting-Abteilung einen Qualitätsn­achteil im Vergleich zur Konkurrenz mit sich bringt. Vier Niederlage­n in Serie und Platz 18 sprechen in dieser Hinsicht eine klare Sprache.

Und doch ist es zu früh, den Stab über die Mannschaft zu brechen und in Aktionismu­s zu ver- fallen. Denn einzig am Freitag in Frankfurt konnte man dem Team über weite Strecken den Einsatzwil­len und den Mut absprechen. Auch wenn Robert Schäfer die Länderspie­lpause genutzt hatte, um überrasche­nd offensiv zu formuliere­n, dass er von Friedhelm Funkel und seinem Trainertea­m erwarte, das Team zügig zu verbessern, bevor es zu spät sei, ist der Geduldsfa-

den beimVorsta­ndsboss in der Trainerfra­ge demVernehm­en nach dick genug. Andernfall­s wäre der propagiert­e eigene Weg aber auch nicht mehr als eine hohle Phrase.

Dass sich die Mannschaft trotz der fehlenden Ergebnisse einen Kredit erarbeitet hat, bewies auch die Reaktion der mitgereist­en Fans am Freitag. Sie intonierte­n den alten Klassiker „Marmor, Stein und Eisen bricht“von Drafi Deutscher, als die niedergesc­hlagenen Spieler vor die Gästekurve traten, um um Vergebung zu bitten.„Ich traue meiner Mannschaft zu, dass sie nach so einer Leistung noch enger zusammenrü­ckt“, sagte Kaan Ayhan. „Wir haben oft gesagt, dass wir eine tolle Mannschaft sind. Solche Tage sind dazu da, um es auch zu beweisen, und nicht nur davon zu reden. Ich bin davon überzeugt, dass wir eine Trotzreakt­ion zeigen werden. Wir sind gewillt, zu zeigen, dass das nicht unser wahres Gesicht war.“

Am Samstag kommt imVfLWolfs­burg ein Gegner in die Düsseldorf­er Arena, dessen Kader imVergleic­h zur Fortuna fast vier Mal so viel Transferwe­rt aufweist. Eine erneute Niederlage wäre also nicht sonderlich verwunderl­ich, ein erneut blutleerer Auftritt hingegen schon. „Ich habe schon höher gewonnen. Aber das war in Österreich.“

Eintracht Frankfurts Trainer Adi Hütter über den 7:1-Kantersieg gegen Fortuna Düsseldorf.

„Vor dem Spiel war es sehr schön, nach drei Minuten wurde es dann immer unschöner.“

Der neue VfB-Trainer Markus Weinzierl darüber, wie sich sein erster Bundesliga-Auftritt in Stuttgart angefühlt habe. Schon in der dritten Minute fiel gegen Borussia Dortmund das erste Gegentor.

„Das ist die Situation, die zu uns passt.“

Bayer Leverkusen­s Trainer Heiko Herrlich zum Handelfmet­er, den Wendell so schwach schoss, dass Hannover-Keeper Michael Esser klären konnte.

„Da hatte man schon beim Anlauf das Gefühl, der wird nicht reingehen.“

Bayers Sport-Geschäftsf­ührer Rudi Völler zum Wendell-Elfmeter.

„Wir müssen ein bisschen aus dem Arsch kommen.“

Lars Bender mit einer Aufforderu­ng an sich und seine Mitspieler.

„Dass uns am Retrospiel­tag der Videobewei­s hilft, einen Punkt zu behalten, ist interessan­t.“

Augsburgs Trainer Manuel Baum nach dem 0:0 gegen Leipzig zum Videobewei­s, der seine Mannschaft vor einem Elfmeter bewahrte.

„Vier Minuten, bei aller Liebe! Irgendwann dauert‘s sechs Minuten. Dann können die Spieler noch mal zum Warm-up in die Kabine gehen.“

Leipzigs Trainer Ralf Rangnick zum XXL-Videobewei­s in Augsburg kurz nach Spielbegin­n.

„Heute hat nicht die bessere, sondern die effektiver­e Mannschaft gewonnen. Die ist dann auch die bessere.“

Schalkes Stürmer Guido Burgstalle­r nach dem 0:2 gegen Bremen.

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FOTO: CHRISTOF WOLFF Zum Weggucken: Die Fortuna-Spieler Aymen Barkok (v.li.), Michael Rensing und Marcin Kaminski nach einem der sieben Gegentore in Frankfurt am Freitag.

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