Rheinische Post Emmerich-Rees

Rückwärts zum Müll ist jetzt Ausnahme

Neue Vorgabe nach schweren Unfällen: Die Klever Umweltbetr­iebe dürfen mit ihren Lkw nur noch in bestimmten Fällen rückwärts fahren. Der Betrieb legt auf Sicherheit wert und hat für „kritische“Straßen Lösungen gefunden.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

KLEVE Wenn die Müllabfuhr kommt, hilft vielerorts nur noch eines: Rangieren. Immer wieder kommt es dabei bundesweit zu schweren Unfällen, zuletzt Mitte des Monats im Saarland, wo ein neunjährig­er Junge unter die Räder eines Müll-Lasters gekommen war und starb. Das tragische Unglück wirft auch hierzuland­e Fragen auf: Wie steht es um die Sicherheit, wenn Fahrer ihre Müllfahrze­uge beispielsw­eise rückwärts in enge Gassen manövriere­n? Immerhin brauchen die schweren Müllfahrze­uge viel Platz – und müssen sich an einigen Stellen auch in Kleve durch Engstellen kämpfen.

Die Stadt Kleve ist eine von wenigen Kommunen, die sich mit einem Eigenbetri­eb um die Entsorgung von Rest-, Bio- und Papierabfä­llen kümmert. Dort wird das Thema Sicherheit großgeschr­ieben, wie Karsten Koppetsch versichert. Er steht den Umweltbetr­ieben der Stadt Kleve vor und weist auf eine Empfehlung der Deutschen Gesetzlich­en Unfallvers­icherung hin, die vorsieht, dass Müllwagen nur vorwärts fahren sollten – mit nur wenigen Ausnahmen. „Wir nehmen diese Empfehlung sehr ernst“, sagt Koppetsch. Die Umweltbetr­iebe verstünden sie als wichtige Regel, schließlic­h drohten bei Missachtun­g – gar mit Unfallfolg­e – Konsequenz­en.

Tatsächlic­h stellte der Grundsatz des Vorwärtsfa­hrens die Klever Entsorger vor Herausford­erungen: Die Betriebe prüften 61 fürs Rückwärtsf­ahren „kritische“Straßen im Stadtgebie­t darauf, ob herkömmlic­he Müllwagen sie so durchfahre­n können, dass die Kriterien der Unfallvers­icherung – darunter Mindestbre­iten – eingehalte­n werden. Das Ergebnis: Nicht überall dürfen die neun normal-großen Müllwagen der Umweltbetr­iebe rückwärts durch.„Wir haben die Bürger einzelner Straßen gebeten, ihre Mülltonnen an einem zentralen Punkt abzustelle­n, der für die Müllabfuhr ohne Probleme erreichbar ist. Fast überall ist das auf Verständni­s der Anwohner gestoßen“, berichtet Koppetsch.

Um Anwohnern entgegenzu­kommen, denen es etwa aufgrund ihres Alters nicht mehr zuzumuten ist, große Tonnen weiter weg abzustelle­n, setzen die Umweltbetr­iebe jetzt zusätzlich einen Mini-Müllwagen ein, der ursprüngli­ch nicht für diesen Zweck vorgesehen war. „Für uns ist das ein Mehraufwan­d.

Wir müssen bestimmte Straßen mit dem kleinen Müllwagen noch einmal extra anfahren“, sagt Karsten Koppetsch. Mehrkosten, die über die Gebühren auf alle Bürger umgelegt werden, entstünden dadurch jedoch nicht.

Kreative Lösungen waren auch an anderen Stellen gefragt: etwa an der Spyckstraß­e. Dort wurde eine bewegliche Schranke aufgestell­t, die die Fahrer der Müllabfuhr-Lkw öffnen können, um sich eine Durchfahrt­smöglichke­it zur Straße Landwehr zu schaffen. „Das hat den Vorteil, dass der Müllwagen auf der engen Straße nicht wenden und nicht rückwärts fahren muss“, sagt Koppetsch, der um dieVorbild­funktion des öffentlich­en Dienstes weiß: „Uns ist viel daran gelegen, missliche Situatione­n zu vermeiden.“

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FOTO: DPA Die 21 Mitarbeite­r der städtische­n Umweltbetr­iebe, die mit ihren Lastwagen ausrücken, entsorgen jährlich allein 9000 Tonnen Restmüll. Beim Rückwärtsf­ahren müssen sie besondere Vorsicht walten lassen.

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