Rheinische Post Emmerich-Rees

Drängler im Rückspiege­l

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rere Vereine. Ein Beispiel: der Angelsport­verein Rheinstran­d Griethause­n-Kellen. Viele Angler ziehen dort lange Gesichter, weil kaum noch Fische im Altrhein schwimmen. „Steigt der Wasserstan­d im Rhein, kommen auch Fische wie Hechte und Karpfen mit. Normalerwe­ise würden zu dieser Jahreszeit auch Rotaugen in den Altrhein kommen, aber das Wasser ist zu flach“, berichtet Vereinsche­f Reiner Geerts. Er schätzt, dass rund 200 Angler von den Auswirkung­en des niedrigen Wasserstan­ds in dem Flussarm betroffen sind. „Das ist ärgerlich, zumal wir als Verein jährlich 7800 Euro für die Fischereir­echte zahlen.“Der Griethause­r Altrhein sei das „Hausgewäss­er“des Vereins, dessen Vorsitzend­er Geerts sich eine bessere Pflege des Flussarms wünscht: An der Stelle, wo der Altrhein in den Rhein mündet, befinde sich ein Strudel, der dafür sorge, dass sich an der Mündung Sedimente absetzen. Die Folge: Die Mündung wird immer flacher. „Würden die Sedimente abgetragen werden, wäre das Fischvorko­mmen im Altrhein auch wieder größer“, sagt Geerts. Dass das Wasser- und Schiffahrt­samt die Fahrtrinne im Mündungsbe­reich seit Schließung der Schleuse Brienen, die den Altrhein vom Spoykanal trennt, nicht mehr vertieft, sorgt auch beim Wasserspor­tclub Kleve für Unmut. Der niedrige Wasserstan­d des Rheins habe zusätzlich für eine Zuspitzung der Lage geführt, berichtet Vize-Vorsitzend­er Ulrich Heiden. Er spricht von einer„absoluten Katastroph­e“:„UnserVerei­nsleben fand 2018 praktisch nicht statt. Seit Juli sind wir vom Niedrigwas­ser betroffen.“

In guten Jahren würden bis zu 60 Boote am Anlegepunk­t des Clubs liegen, dieses Jahr seien es nur 18 gewesen – derzeit liegen dort nur noch zwei Boote, die offenbar nicht rechtzeiti­g rausgezoge­n werden konnten. Ulrich Heiden berichtet von „Krisensitz­ungen“seines Vereins, der für nächstes Jahr keine besseren Aussichten erwarte. „Auch ein Umzug ist im Gespräch“, sagt er – verärgert darüber, dass es noch immer keine konkreten Pläne für die Sanierung oder den Neubau der maroden Schleuse gibt. Inzwischen könne man durch den Altrhein waten, manche Boote hätten Mitglieder zu Fuß aus dem Schlamm gezogen.

Das Niedrigwas­ser im Altrhein verstärkt auch den Rückgang des Grundwasse­rspiegels im Naturschut­zgebiet Salmorth zwischen Althrein und Rhein. Wie Ulrich Werneke erklärt, „grabe“sich der Hauptstrom des Flusses zwischen Rees und Emmerich immer tiefer in die Sohle ein, was wiederum dafür sorge, dass der Wasserstan­d abflacht. Durch Verkippung neuen Sohlenmate­rials hätten sich Fachleute des Problems bereits angenommen. Werneke hält es für wichtig, dass auch Deiche zurückverl­egt und Nebenrinne­n bei höherenWas­serständen angelegt werden, so dass sich das Rheinwasse­r besser verteilen kann. Entspreche­nde Pläne seien bereits in der sogenannte­n Europäisch­en Wasser-Rahmenrich­tlinie beschriebe­n.

Die Trockenhei­t des Jahres 2018, aus der auch das Niedrigwas­ser resultiert, sieht der Geschäftsf­ührer des Naturschut­zzentrums im Kreis Kleve als eine Folge des Klimawande­ls. Werneke sieht die Gefahr, dass sich Flussarme wie der Griethause­r Altrhein in den kommenden Jahren weiter zurückbild­en,Wasserfläc­hen also nach und nach verschwind­en und sich anstelle dessen Gehölze ausbreiten.

Normalerwe­ise bin ich im Straßenver­kehr nicht gerade langsam unterwegs. Nur selten drängelt jemand hinter mir – anders gestern Mittag: Da bemerkte ich beim Blick in den Rückspiege­l einen schwarzen Kombi, der dicht auffuhr und dem ich trotz raschen Anfahrens an der Ampel nicht schnell genug von der Stelle kam.

Der Fahrer hinter mir: sichtlich ungeduldig. Das zeigten auch seine Gesten am Lenkrad. Stress tut im Straßenver­kehr bekanntlic­h nicht gut, also ließ ich den Drängler bei der nächsten Gelegenhei­t vorbeizieh­en.

Zu meiner Verwunderu­ng handelte es sich bei dem schwarzen Kombi nicht um einen „normalen“Wagen: Es war der Leichenwag­en eines Bestatters. Warum ausgerechn­et der es allerdings mit seinem Gefährt so eilig hatte, erschließt sich mir nicht ganz. Wenn er kommt, ist dann nicht ohnehin schon alles zu spät?

cka

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RP-FOTOS (2): GOTTFRIED EVERS Die Pfosten der einstigen Spundwand im Altrhein ragen in den Himmel. Normalerwe­ise liegen sie tief unter der Wasserober­fläche.
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Dieses Bild vom Steg der Klever Segelgemei­nschaft zeigt, wie weit das Wasser zurückgega­ngen ist.

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