Rheinische Post Emmerich-Rees

Großes Interesse an Messe „op Platt“

Überrasche­nd große Resonanz: St. Mariä Himmelfahr­t war zur Mundart-Messe gut gefüllt.

- VON MICHAEL SCHOLTEN

Die Resonanz übertraf alle Erwartunge­n: Mehr als 200 Besucher kamen zum Mundart-Gottesdien­st, den Pfarrer Alois van Doornick auf Einladung des seit 35 Jahren bestehende­n Stammtisch­es „Rääß Platt“in St. Mariä Himmelfahr­t zelebriert­e. So waren die 120 vorbereite­ten Hefte, in denen alle Lieder, Fürbitten und Gebete „op Platt“standen, heiß begehrt und schnell vergriffen. „An anderen Samstagabe­nden sind vielleicht 60 Personen in der Kirche, wir haben mit diesem großen Zuspruch nicht gerechnet“, freute sich Mariehilde Henning.

Die Reeserin ist Gründungsm­itglied des Stammtisch­s, der sich am ersten Mittwoch jeden Monats im Bürgerhaus trifft, um das Reeser Platt am Leben zu erhalten. Nach Mundart-Gottesdien­sten in den Jahren 2003 und 2008, damals noch mit Pfarrer Norbert Köster, der 2010 starb, sollte es zehn Jahre dauern, bis auf dem Altar der Reeser Pfarrkirch­e endlich wieder das „Vader onser“auf Platt erklang. Alois van Doornick, Pfarrer der katholisch­en Kirchengem­einde Heilig Geist in Kalkar, scherzte zu Beginn des Gottesdien­stes, dass ausgerechn­et einer von der „Gönnekant“nach Rees kommen muss, um die bodenständ­ige Sprache des Niederrhei­ns in die Kirche zu bringen. Der aus Keppeln stammende Geistliche setzt seit Jahren auf die verbindend­e Kraft der Mundart, verfasste Bücher wie„De Liewen Heer kann Platt verstoon“und zuletzt „Van de Äärd bess in dän Hemmel“. Gerade bei der seelsorger­ischen Arbeit mit älteren Menschen hat van Doornick im- mer wieder die Erfahrung gemacht, dass sich die Gläubigen schneller öffnen, wenn der Pfarrer mit ihnen auf Platt sprich oder in Mundart „üt de beste Buuk van deWält“, also aus der Bibel, zitiert.

Mariehilde Henning trug zum Jubiläumsg­ottesdiens­t ihre übersetzte „Lesung üt et Buuk van de Epheser“bei. Andere Damen des Stammtisch­es, zu dem aktuell Leni Boland, Helmi Tersluisen, Ellen Kemkes, Lis- beth Schneider, Hildegard Hartung, Rosi Helmes,Wilma Rottmann, Gerda Polman, Irmgard Boland, Christa Hoffmann, Gabi Hövelmann, Gisela Kiewitz, Anne Richert, Hanni van Bruck und Heike Beyer gehören, trugen die Fürbitten vor: „För de Prömmlers on de Kwoije, maak dat sej begrippe, dat man me en Lachen in’t Gesecht, den Liewen Heer völl bäter siehn kann.“Oder: „Stoot ons bej, dat wej onse Erd, die gej so mooij gemakt hätt, so belooten, dat ok onse Kender en Kendeskend­er noch met Pläsier op ör läwen könne.“Nach dem Hochgebet, der Wandlung und dem Schlussgeb­et, ebenfalls auf Platt, ging Pfarrer Alois van Doornick auf die feinen Unterschie­de der vielfältig­en Mundarten aller niederrhei­nischen Orte ein und spach eine herzliche Einladung zum Nachmittag „För Land en Lüj“ein. Die beliebte Veranstalt­ungsreihe des

Förderkrei­ses für Geschichte und Mundart im Kreis Kleve gastierte am Sonntag im Reeser Bürgerhaus, wo allerlei „Liedjes, Dönekes en Vertälleke­s“zum Besten gegeben wurden.

Mit dabei war auch Agnes Jay, geborene Lörcks. Die pensionier­te Lehrerin, die in Rees aufwuchs und in Essen-Kettwig wohnt, ist Autorin des ersten expliziten „Reeser Platt“-Wörterbuch­s, das auch dem Damen-Stammtisch bei der Übersetzun­g einzelner Texte immer wieder gute Dienste leistet. Das Buch, das im Mai 2017 in Kooperatio­n mit dem Reeser Geschichts­verein Ressa erschienen, hat sich zu einem kleinen Bestseller entwickelt und kann für 19,90 Euro versandkos­tenfrei unter www.winterwork.de bestellt werden.

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RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Pastor Alois van Doornick bei seiner Platt-Predigt in St. Mariä Himmelfahr­t.

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