Rheinische Post Emmerich-Rees

Facebook verliert noch eine Million Nutzer

Das Online-Netzwerk muss sein Geschäft umbauen, weil die User zunehmend Stories veröffentl­ichen, anstatt den News Feed zu nutzen. Umsatz und Gewinn wachsen weltweit weiter. Und es gibt mehr Personal für Sicherheit­sfragen.

-

MENLO PARK (dpa) Dem Werbegesch­äft von Facebook steht ein Umbruch bevor, der die jahrelang auf Hochtouren laufende Geldmaschi­ne des Online-Netzwerks abbremsen wird. Die Mitglieder teilten ihre Beiträge verstärkt im kleineren Freundeskr­eis statt im Newsfeed, der bisher das Herzstück der Facebook-Nutzung war, sagte Gründer und Chef Mark Zuckerberg am Dienstag. Facebook muss deswegen sein Geschäft umbauen. Der Newsfeed bietet viel Platz für Anzeigen, und das Online-Netzwerk macht damit Milliarden­gewinne. Bei Werbung in den neuen Formaten steht Facebook aber erst am Anfang und muss sich unter anderem bei den Anzeigenpr­eisen noch durchtaste­n. „Das ist eine Reise, die Jahre dauern wird“, so Finanzchef Dave Wehner.

Zu den neuen Formaten gehören die sogenannte­n „Stories“, bei denen Nutzer Fotos und Videos typischerw­eise für einen Tag für ausgewählt­e Freunde veröffentl­ichen. „In nicht allzu ferner Zukunft werden die Leute mehr in Stories als in Feeds teilen“, glaubt Zuckerberg. Facebook durchlebte bereits einen ähnlichen Umbruch, als Nutzer vom PC auf Smartphone­s wechselten. Damals hatte das Online-Netzwerk zunächst kein Geschäftsm­odell für das Handy; Anleger zweifelten an den Zukunftsau­ssichten der Firma. Doch die Newsfeed-Anzeigen als Lösung für das Problem erwiesen sich als Goldgrube. Zuckerberg und Geschäftsf­ührerin Sheryl Sandberg erinnerten jetzt daran, um besorgte Investoren zu beruhigen. Das klappte ganz gut: Die Aktie, die nach Zuckerberg­s Warnungen fast vier Prozent verloren hatte, erholte sich auf ein Plus von über drei Prozent.

Allerdings haben bereits die Zahlen für das vergangene Quartal Probleme offenbart. Facebook verlor im zweiten Vierteljah­r in Folge eine Million Nutzer in Europa und hat dort noch 375 Millionen mindestens einmal im Monat aktive Mit- glieder. Weltweit gesehen geht das Wachstum des Online-Netzwerks weiter. Die Zahl monatlich aktiver Facebook-Nutzer legte binnen drei Monaten um 40 Millionen auf 2,27 Milliarden zu. Und auch die Werbeeinna­hmen wuchsen noch deutlich: Der Quartalsum­satz stieg um rund ein Drittel auf 13,7 Milliarden Dollar. Der Gewinn kletterte um neun Prozent auf knapp 1,34 Milliarden Dollar.

Ein genauerer Blick zeigt indes, dass das Wachstum vor allem aus Regionen kommt, die für das Online-Netzwerk bisher weniger lukrativ sind. In den USA und Kanada kommt Facebook auf 242 Millionen monatlich aktive Nutzer, eine Million mehr als vor drei Monaten. Es ist aber der mit Abstand lukrativst­e Markt für das Online-Netzwerk: Hier machte Facebook im vergangene­n Quartal einen Umsatz von 27,61 Dollar pro Nutzer. In Europa sind es 8,82 Dollar pro Nutzer, im weltweiten Durchschni­tt sogar nur 6,09 Dol- lar. Zugleich dürften die Ausgaben in diesem Jahr um mehr al 50 und 2019 um weitere 40 bis 50 Prozent steigen. Das sei unter anderem für die Sicherheit und den Kampf gegen Hass und Hetze nötig, sagte Zuckerberg. Unter anderem stellt Facebook mehr Mitarbeite­r für seine Löschzentr­en ein, die verbotene Inhalte entfernen. Die Zahl der Beschäftig­ten stieg binnen eines Jahres um 45 Prozent auf gut 33 600.

Zuckerberg, der Wettbewerb­er selten erwähnt, räumte ein, dass Facebook bei Videos hinter YoutTube zurücklieg­e. Das Online-Netzwerk habe aber bisher die Zeit, die Nutzer mit dem Ansehen von Videos verbringen können, bewusst reduziert. Facebook stecke in einem Dilemma: Die Menschen wollten sich Videos anschauen, erwwartete­n aber zugleich von Facebook soziale Kontakte mit Freunden und Familie. Deswegen habe Facebook die Ausbreitun­g „viraler“Unterhaltu­ngsvideos gebremst.

 ?? FOTO: REUTERS ??
FOTO: REUTERS

Newspapers in German

Newspapers from Germany