Rheinische Post Emmerich-Rees

Auf dem Weg zur Mega-Landesbank

Eine „Konsolidie­rung der Landesbank­en“wurde vor einigen Jahren heftig diskutiert. Nun ist diese Diskussion wieder im vollen Gang – es könnte eine Mega-Landesbank entstehen.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT In der Finanzkris­e, daran erinnert man sich, haben sich einige deutsche Landesbank­en übernommen. Sie hatten gezockt, am Ende mussten einige aufgeben: Die kleine SachsenLB und die Landesbank Rheinland-Pfalz wurden von der Landesbank Baden-Württember­g ( LBBW) übernommen, die Bremer Landesbank ging in der NordLB auf. Die WestLB, einst eines der größten Geldhäuser in der Bundesrepu­blik, wurde nach vielen Affären und Fehlspekul­ationen zerschlage­n: ein Teil, die Verbundban­k NRW, landete 2012 bei der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Mehr Konsolidie­rung ging im öffentlich-rechtliche­n Sektor seinerzeit offenbar nicht, obwohl es mehrere Anläufe dazu gegeben hat.

Nun aber ist das Thema wieder hochaktuel­l. Aktuell ibt es noch sechs Landesbank­en als regionale Spitzenins­titute der Sparkassen. Anlass für neuerliche Überlegung­en ist die NordLB. Die sucht seit Monaten Investoren, um ihr Kapital aufzubesse­rn. Sie muss demVernehm­en nach eine Lücke von etwa 3,5 Milliarden Euro stopfen. Inzwischen hat sie sechs ausgewählt, die derzeit die Bücher prüfen. Dazu gehört auch die Commerzban­k, für die das Privat- und Firmenkund­engeschäft interessan­t wäre.

Doch am liebsten wäre dem öffentlich-rechtliche­n Sektor, wenn die Helaba sich an der NordLB beteiligte und diese dann später übernähme. An dieses große Institut könnten dann noch andere andocken, die Landesbank Baden-Württember­g etwa, der Fondsdiens­tleister Deka und der Immobilien­finanziere­r Berlin Hyp. Aus dieser Fusion der Spitzenins­titute des Sparkassen­sektors könnte eine Mega-Landesbank ent- stehen mit einer Bilanzsumm­e von 700 Milliarden Euro. Das Institut wäre dann die Nummer Drei in Deutschlan­d hinter der Deutschen Bank und der genossensc­haftlichen DZBank.

Offenbar ist der Motor der Entwicklun­g Hartmut Schleweis, der seit Januar an der Spitze des Deutschen Sparkassen- und Giroverban­ds steht. Schleweis ist geachtet, er ist seit seiner Ausbildung Teil der Sparkassen­organisati­on und mit seinen 40 Jahren Erfahrung dort gut vernetzt. Ehe es zur Mega-Fusion kommen könnte, müssten sich aber die Sparkassen mit den verschiede­nen regionalen Sparkassen­verbänden und die Bundesländ­er einigen.

Erste kritische Stimmen gibt es schon: Das Land Baden-Württember­g, hat Bedenken angemeldet, Stuttgarts Oberbürger­meister Fritz Kuhn sieht noch keine Argumente, warum die Stadt Stuttgart, mit 19 Prozent einer der großen Anteils- eigner der LBBW, eine solche Fusion weiterverf­olgen sollte. Die Arbeitnehm­ervertrete­r fürchten einen erhebliche­n Arbeitspla­tzabbau bei einem solchen Zusammensc­hluss. Das sei nachvollzi­ehbar, meint Dirk Schiereck, Bankenexpe­rte der Technische­n Universitä­t Darmstadt, der ohnehin Zweifel am Gelingen einer solchen Megafusion hat: „Warum sollte eine solch große Lösung mit vier oder fünf Instituten funktionie­ren, wenn das noch nicht einmal bei zwei Banken gelingt?“Das sei allein schon aus organisato­rischen Gründen schwierig: So dauere es sehr lange, bis man die IT-Strukturen zusammenfü­hren könne, meint er und verweist auf die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzban­k. Das Zusammenfü­hren so vieler Institute sei ohne Beispiel, es gebe keine Blaupause. „Diese Vorstellun­g ist so absurd, dass sie nicht ernst gemeint sein kann“, folgert er. Es gehe um Macht, Einfluss und die Erhaltung der Standorte in den einzelnen Bundesländ­ern. Bei einer solch komplexen Gemengelag­e zeitnah eine Entscheidu­ng zu treffen, hält er nicht für möglich.

Aber die NordLB möchte bis zum Jahresende Klarheit über ihren Investor haben. Doch die Helaba, der in dem Komplex eine tragende Rolle zugewiesen ist, gehört zu gut acht Prozent auch dem Land Hessen, einem Land, das nach den Landtagswa­hlen aktuell nur eine geschäftsf­ührende Regierung hat. „So etwas ist schon zu normalen Zeiten schwierig. Aktuell wird das noch schwierige­r“, bleibt Schiereck skeptisch.

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