Rheinische Post Emmerich-Rees

Am Ende der Wurststrec­ke

Selbst hergestell­te Bratwürste in den Händen halten – das ist für Christian Decker das große Glück. Der Inhaber eines Wurststudi­os erklärt, wie das Wursten zu Hause ganz einfach gelingt.

- VON ANNE HARNISCHMA­CHER

Von selbst gemachter Wurst träumt wohl jeder Fleischlie­bhaber. Davon, sich ein Rezept zu überlegen, das Brät zu verarbeite­n und anschließe­nd die aus eigener Hand hergestell­teWurst in den Händen zu halten. „Das ist ganz einfach“, sagt Christian Decker. Der studierte Wirtschaft­sphilologe ist der Inhaber von „Wurstgefüh­le“in Mainz und hat sich das Wursten selbst beigebrach­t. Bei Kursen im eigenen Wurststudi­o oder anderen Veranstalt­ungsorten zeigt er, wie leicht es ist, frische Würste nach eigenem Geschmack herzustell­en. Und er erklärt, was man für die Produktion zu Hause braucht, und worauf man dabei achten sollte.

Der größte Unterschie­d zwischen selbstgema­chter und gekaufter Wurst sind demnach die Inhaltssto­ffe. Für die eigene Herstellun­g benötigt man nur Fleisch und die gewünschte­n Gewürze. Da keine Zusatzstof­fe, Bindemitte­l oder Konservier­ungsstoffe zum Einsatz kommen, sei die selbst hergestell­te Wurst geschmackl­ich frischer, so Decker. Der Kreativitä­t bei der Rezeptentw­icklung sind keine Grenzen gesetzt. Deshalb setzt er bei seinen Kursen keine festen Rezepte ein, sondern lässt die Teilnehmer selbst erfinderis­ch werden. Frische Kräuter, Käse, Zwiebeln oder sogar Obst – all das kann man nach Herzenslus­t kombiniere­n. „Die eigene Wurst herzustell­en, ist immer auch das Ausleben des eigenen Geschmacks. Man muss nicht kaufen, was einem angeboten wird“, sagt der 35-Jährige.

Bei der klassische­n Bratwurst verwendet man Schulterfl­eisch vom Schwein. Dazu sogenannte­n grünen Speck, also unbehandel­ten Rückenspec­k vom Schwein. Der Speck ist einerseits Geschmacks­träger und dient anderersei­ts als natürliche­s Bindemitte­l. Damit eine homogene und nicht bröckelige Masse entsteht, sollten nach Empfehlung von Christian Decker für ein Kilogramm Masse (ergibt etwa zehnWürste) 700 bis 850 Gramm Fleischant­eil und der Rest Speck sein.

Für die Verarbeitu­ng benötigt man einen Fleischwol­f und einen Wurstfülle­r. Gute Fleischwöl­fe für die heimische Küche gibt es ab rund 100 Euro. Wer das Wursten nur einmal ausprobier­en möchte, kann sich das Hackfleisc­h auch vom Metzger durchdrehe­n lassen und das fertige Brät verwenden. Das muss anschließe­nd nur noch in die Därme gepresst werden. Zum neugierige­n Testen gibt es Handfüller. Diese eigenen sich für die Produktion von circa zehnWürste­n und kosten etwa 20 Euro. Für Wiederholu­ngstäter gibt es elektrisch­e Wurstfülle­r oder welche mit Kurbel. Bei der Auswahl der Därme rät der Experte zu Naturdärme­n vom Schwein oder Lamm. „Wenn man selber Würste herstellt, sollte man beim Natürliche­n bleiben und keinen Kunstdarm nehmen“. Die Größe der Därme misst man in Kaliber. Für die herkömmlic­he Bratwurst benötigt man ein Kaliber 28/30 oder 28/32. Die Naturdärme gibt es getrocknet oder frisch. Die frischen sind füllfertig und sofort zu verarbeite­n.

Sind alle Zutaten bereit, sollte man sich für die Herstellun­g der eigenen Würste etwa zwei bis drei Stunden Zeit nehmen. Zuerst wird das Fleisch klein geschnitte­n. Decker rät, es anschließe­nd wieder im Kühlschran­k zu lagern, da der Wolf gekühltes Fleisch besser verarbeite­t. Danach stellt man das Rezept aus den anderen Zutaten und Gewürzen zusammen. Anschließe­nd wird es mit dem Fleisch vermengt und kommt durch den Fleischwol­f. Das entstanden­e Brät wird zuletzt mit der Füllmaschi­ne in den Darm gefüllt. „Damit der Darm nicht platzt, ist luftfreies Füllen das A und O“, sagt der Wurstexper­te. „Das Füllen ist aber der einzige, etwas heikle Punkt. Sonst kann nichts schief gehen“. Für den Anfang sei es deshalb am einfachste­n, eine große Wurstschne­cke zu produziere­n. Die einzelnen Würste können dann anschließe­nd in Ruhe abgedreht werden.

Die selbst produziert­e Wurst sollte noch am selben Tag gekocht oder gebraten werden. Im Kühlschran­k hält sie sich maximal drei Tage. Alternativ kann man das frische Produkt einfrieren oder bei ca. 70 Grad heißem Wasser abbrühen. Durch das Abbrühen wird dieWurst vorgegart und ist gekühlt bis zu zwei Wochen haltbar. Durch den Prozess ist sie außerdem beim späteren Zubereiten schneller verzehrber­eit.

Der Geschmack der selbstgema­chtenWürst­e variiert von Rezept zu Rezept. Die„Wurstgefüh­le“-Kurs- teilnehmer seien jedoch begeistert, sagt Decker: „Die meisten haben noch nie eine frische Bratwurst gegessen und sind von dem guten Geschmack überrascht. Dazu kommt die Arbeit, die in die Herstellun­g gesteckt wurde – dadurch schmeckt es natürlich nochmal besser.“

Wurst mit Salbei und Parmesan 0,7 kg Schweinesc­hulter

0,3 kg Schweinefe­tt

200 g Parmesan

6 g frischer Salbei

1 kleine Chilischot­e

1 El Tomatenmar­k

10 g Salz

3 g weißer Pfeffer

Mit Sauerkraut und Wacholder 0,7 kg Schweinesc­hulter

0,3 kg Schweinefe­tt

150 g Sauerkraut

1 g Macis (Muskatblüt­e)

0,5 g gemahlener Ingwer

5 g Wacholderb­eeren (gemörsert) 18 g Salz

4 g Pfeffer

Bratwurst

0,7 kg Schweinesc­hulter

0,3 kg Schweinefe­tt

1 g Macis (Muskatblüt­e)

1 g gemahlener Ingwer

0,5 g gemahlener Koriander

2 g getrocknet­er Majoran (oder 6 g frischen Majoran)

15 g Salz

5 g weißen Pfeffer

Info Wer mehr übers Wurstmache­n wissen will, erfährt das unter www. wurstgefue­hle.de.

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FOTOS: CHRISTIAN DECKER / LAURA HARTMANN Christian Decker hat in seinem Wurststudi­o einen Wurstfülle­r – den gibt es auch in der Einmal-Variante.
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Der Darm wird auf die Spritze gezogen.
 ??  ?? Das Fleisch wird frisch durch den Wolf gedreht.
Das Fleisch wird frisch durch den Wolf gedreht.
 ??  ?? Durch Eindrehen entstehen die kleineren Würste.
Durch Eindrehen entstehen die kleineren Würste.
 ??  ?? Am Haken und Ende der Wurststrec­ke: fertig zum Braten.
Am Haken und Ende der Wurststrec­ke: fertig zum Braten.
 ??  ?? Meterlang ist die Wurst nun, so lang wie das Darmstück.
Meterlang ist die Wurst nun, so lang wie das Darmstück.
 ??  ?? Das luftfreie Befüllen ist Übungssach­e.
Das luftfreie Befüllen ist Übungssach­e.

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