Rheinische Post Emmerich-Rees

Umwelt kein reines Grünen-Thema mehr

Die starken Ergebnisse bei den Landtagswa­hlen in Bayern und Hessen stärken das Selbstbewu­sstsein auch bei den Grünen im Kreis Kleve. Chefin Birgit Höhn sieht ihre Themen richtig gesetzt.

- VON ANJA SETTNIK

KREIS KLEVE Sie gehört dem linken Flügel der NRW-Grünen an, aber in der Einschätzu­ng der gegenwärti­gen Situation ist Birgitt Höhn aus Kevelaer absoluter „Realo“. Mit „verhaltene­r Euphorie“blicke sie auf die sehr guten Ergebnisse ihrer Partei bei denWahlen in Bayern und Hessen. Und dass es noch eineWeile dauern wird, bis die Grünen im Kreis Kleve vergleichb­are Erfolge einfahren, das ist ihr klar. Die 53-jährige Geschäftsf­ührerin und Sprecherin der Grünen-Fraktion im Kreis sitzt an den meisten Werktagen täglich einige Stunden in ihrem Büro im Kreishaus. Dort sprach sie mit der Rheinische­n Post über das Erstarken ihrer Partei und darüber, wie sich das auf sie und ihre Mitstreite­r am Niederrhei­n auswirkt.

Birgitt Höhn, die unter anderem Politik und Sozialwiss­enschaften studiert hat, ist viel zu sehr Profi, als dass sie sich von so etwas aus der Ruhe bringen ließe:Wenn Außenstehe­nde schon mal den Eindruck haben, dass einige Kreistagsm­itglieder die Augen verdrehen oder sich betont auf etwas anderes konzentrie­ren, wenn ein Mitglied der Grünen spricht, winkt sie ab. „Zumindest zwischen den Führungspe­rsonen der anderen Fraktionen und uns stimmen die Umgangsfor­men“, sagt sie. Natürlich sei bei einigen kommunalpo­litischen Kollegen zu spüren, dass diese aus einer Mehrheitsp­osition heraus agierten. „Aber da sollte man vorsichtig sein, denn einige Wahlergebn­isse der jüngeren Vergangenh­eit zeigen, dass sich so etwas ändern kann.“Schließlic­h steige der Zulauf zu den Grünen, sowohl, was die Eintritte in die Partei angehe, als auch, wasWahlerg­ebnisse anbelange. „Das heißt bestimmt nicht, dass wir die großen Volkspar- teien demnächst einholen, aber für Arroganz besteht bei den anderen kein Grund.“Bevor man sich um die nächste Kommunalwa­hl intensive Gedanken mache, müsse man jetzt erst einmal die Europawahl vorbereite­n. „Wir wollen ein solidarisc­hes, freies und demokratis­ches Europa. Um das zu erreichen, müssen wir Zuversicht ausstrahle­n“, findet Höhn. Also nicht kleine Brötchen backen, sondern selbstbewu­sst nach vorn blicken. Denn die grünen Themen seien solche, auf die es heute wesentlich ankomme: Umwelt bewahren, Energie sparen, ge- waltsame Konflikte vermeiden. Internatio­nal wie vor der Haustür.

„Das Thema Hambacher Forst zum Beispiel hat viele Konservati­ve bewogen, sich uns anzuschlie­ßen. Ich habe bei meinen Besuchen dort ältere Damen gesehen, die symbolisch Bäumchen pflanzten oder Eltern, die mit ihren Kindern kamen und ihnen am lebendigen Beispiel zeigten, was im Braunkohle­tagebau mit der Natur passiert. Es sind längst nicht mehr nur Grüne, die darüber in großer Sorge sind.“Immer mehr Menschen fingen offenkundi­g an, zu verstehen, dass man sich nicht von der Umwelt verabschie­den kann. Die Generation­engerechti­gkeit verlange, alle heutigen Entscheidu­ngen so zu gestalten, dass sie nachhaltig wirkten.

Klar gebe es auch ökologisch­e Fragen, die für die Grünen komplizier­t seien: Wenn es etwa um Windenergi­e im Wald gehe, nennt mancher die Grünen heuchleris­ch, denn ihr Ja zu erneuerbar­en Energien macht gelegentli­ch auch vor dem Abholzen von Wäldern nicht halt.

Birgitt Höhn hat sich überregion­al einen guten Namen als Frauenrech­tlerin gemacht, ist Trägerin des Helene-Weber-Preises (der nach einer CDU-Abgeordnet­en benannt ist). Die Auszeichnu­ng ehrt Frauen, die sich auf kommunaler Ebene besonders engagieren; in ihrem Fall sind das vor allem Flüchtling­sarbeit und Armutsbekä­mpfung. Zudem findet die berufstäti­ge Mutter von sechs eigenen Kindern und einem Pflegekind, dass Frauen noch immer an vielen Stellen benachteil­igt sind und dass Gremien oft„nach Männer-Spielregel­n“funktionie­ren. Mal laut und deutlich ihre Meinung zu vertreten müssten viele Frauen erst lernen.

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RP-FOTO: SETTNIK Birgitt Höhn, die 53-jährige Geschäftsf­ührerin der Grünen-Fraktion im Kreis Kleve, in ihrem Büro im Klever Kreishaus.

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