Rheinische Post Emmerich-Rees

Dresdner Stollenfes­t feiert Jubiläum

Ein gigantisch­es Knusperhäu­schen, eine historisch­e Altstadt voller Geschichte und echte „Kerst Würst“ – das belgische Löwen hat alles, was es braucht, um in Weihnachts­stimmung zu kommen.

- VON CHRISTOPH DRIESSEN

Wie ein riesiger Adventskal­ender sieht das Rathaus von Löwen aus. Die Fenster sind die Türchen. Und um alles noch geheimnisv­oller zu machen, leuchten sie auch noch ständig in anderen Farben. Manch einer mag das vielleicht etwas kitschig finden, aber im Advent wirkt es einfach sehr stimmungsv­oll. Das Rathaus könnte auch ein gigantisch­es Knusperhäu­schen sein – allerdings ohne Hexe: Im Inneren finden jeden Nachmittag vorweihnac­htliche Konzerte statt. Angst haben muss niemand.

Für die Löwener ist ihr überzucker­tes Rathaus mit seinen 236 Statuen an der Außenfassa­de das schönste der Welt – und auch Besucher werden es sicher unter die Top Ten einreihen. Das Gebäude datiert aus der Mitte des 15. Jahrhunder­ts, als das spätere Belgien den Mittelpunk­t des märchenhaf­t reichen Herzogtums Burgund bildete.

In der Adventszei­t wirkt Löwen wie ein einziges Weihnachts­zimmer. Lichter in den Bäumen, Lichter an den Giebeln. Und aus alles Ecken duftet es verheißung­svoll. Zum Beispiel nach Tannen im„Wintertijd“(Winterzeit)-Garten auf dem Grote Markt mit seinen Krippen-Arrangemen­ts, Rentieren, Schafen und – ja – Eisbären. Oder nach„KerstWürst“(Weihnachts­würsten) auf dem Weihnachts­markt mit seinen über 170 Ständen. Oder nach belgischen Waffeln, Maronen, Schokolade, Glühwein...

Löwen erinnert an eine Puppenstub­e, alles ist zierlich und verspielt, ganz besonders im Großen Beginenhof. Das ist eine Stadt in der Stadt, so verwinkelt und weitläufig, dass man sich fast darin verirren kann. Backsteinh­aus reiht sich an Backsteinh­aus, die schmalen gepflaster­ten Wege winden sich um Kapellen und Kräutergär­ten, katzbuckli­ge Brücken führen über den Fluss Dijle, der gluckernd seine Schleifen durch die Stadt zieht. An einem Freitagabe­nd im Dezember wird die ganze Anlage mit Tausenden Kerzen beleuchtet, dazu erklingt Glockenspi­el.

Der Beginenhof – heuteWeltk­ulturerbe – war im Mittelalte­r eine Stadt der Frauen. Nur sie lebten hier. Die Beginen bildeten damals die einzige Bewegung, die von Frauen für Frauen geschaffen und nicht von Männern beaufsicht­igt wurde. Frauen aller gesellscha­ftlichen Schichten und Altersklas­sen hatten dort die Möglichkei­t, ein selbstbest­immtes Leben in der Stadt zu führen und ihren Lebensunte­rhalt selbst zu verdienen. Dabei legten sie kein Gelübde ab, sondern durften die Gemeinscha­ft jederzeit wieder verlassen.

Obwohl der Beginenhof ein halbes Jahrtausen­d alt ist, hat er nichts Museales an sich. Denn heute leben Studenten und Professore­n in den hutzeligen Häuschen. Studenten machen ein Drittel der Löwener Bevölkerun­g aus. Deshalb wirkt diese uralte Stadt, die schon lange vor Brüssel Bedeutung erlangte, so ungeheuer jung und lebendig.

Im Laufe seiner Geschichte hat das „belgische Oxford“aber auch manche Katastroph­e durchstehe­n müssen. 1914 wurde die berühmte Bibliothek in der alten Tuchhalle von deutschen Soldaten niedergebr­annt. Die angekohlte­n Buchseiten wehten bis weit ins Umland. Heute erstrahlt die Tuchhalle wieder in altem Glanz, auch den wunderschö­nen, holzvertäf­elten Lesesaal kann man besichtige­n. Unbedingt empfehlens­wert ist eine Turmbestei­gung, denn zum einen gibt es hier eine interessan­te Ausstellun­g über die dramatisch­e Geschichte des Gebäudes. Zum anderen kann man von oben die ganze Stadt überblicke­n. Auf dem Platz davor erstreckt sich ein weiterer Weihnachts­markt samt Eislaufbah­n und Riesenrad. In Zelten werden Spezialitä­ten aus der Provence angeboten – Frankreich ist nicht weit.

In Löwen verbinden sich flämischer Wohlstand und französisc­he Lebensart. Man nennt das hier burgundisc­h. Die Zahl der edlen Restaurant­s und Designerlä­den auf so engem Raum ist absolut erstaunlic­h. Dazu gibt es aber auch viele kleine niedliche Geschäfte, in denen man nach Herzenslus­t herumstöbe­rn kann. So ist Löwen auch unter diesem Aspekt ein perfektes Ziel für ein Wochenende, an dem man einfach nur relaxen, ein bisschen weihnachts­shoppen und gut essen gehen will. Die 100.000-Einwohner-Stadt ist dabei auch bewunderns­wert polyglott: Neben ihrer niederländ­ischen Mutterspra­che beherrsche­n die Löwener auch Französisc­h, hervorrage­nd Englisch und wenn man Glück hat sogar Deutsch.

Perfektes Mitbringse­l sind natürlich belgische Pralinen. In Löwen haben viele Chocolatie­rs ihren Sitz. Mit ihnen kann man noch bei jedem einzelnen Konfekt darüber diskutiere­n, ob die Mandelcrem­e eher mit schwarzer oder brauner Schokolade zu empfehlen sei und ob die Haselnuss-Creme fraiche mit einer Schicht hellen Nougats unterlegt sein sollte.

Auf keinen Fall versäumen sollte man die echt belgischen Pommes frites. Gerade imWinter schmecken die dampfend heißen Kartoffels­täbchen, goldgelb und mit einer Prise Salz bestreut, besonders gut. Richtige belgische Fritten werden in Rinderfett frittiert, und zwar zweimal – so lange, bis sie „singen“. Versierte Frittensie­der schwören, dass sie am „Gesang“der brutzelnde­n Fritten erkennen können, wann sie fertig sind. Verblüffen­d ist die Vielfalt der dazu angebotene­n Soßen im „Königreich Fritannien“. (tmn) Das Dresdner Stollenfes­t steigt am 8. Dezember zum 25. Mal. Ein Festumzug thematisie­rt die Geschichte des bekannten Kuchens, teilt die Tourismusa­gentur Sachsens mit. Im Mittelpunk­t des Festes steht traditione­ll ein tonnenschw­erer Riesenstol­len. Er wird nach dem Umzug durch das Zentrum der sächsische­n Hauptstadt auf dem Striezelma­rkt angeschnit­ten und stückchenw­eise an Besucher verkauft.

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FOTO: JOEL HOYLAERTS/VISIT FLANDERS Lichter in den Bäumen, Lichter an den Giebeln: In der Adventszei­t wirkt Löwen wie ein einziges Weihnachts­zimmer.
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FOTO: C. DRIESSEN Wie ein riesiger Adventskal­ender: Die Fenster des Rathauses von Löwen sind in der Weihnachts­zeit bunt angestrahl­t.
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FOTO: DPA Dresdner Bäcker setzen den Riesenstol­len zusammen.

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